Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1)
Zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 18. 3. 1971 (BGBl. I S. 207)
Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rhein
in öffentlicher Sitzung festgestellt, daß das am 8. Mai des
Jahres 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossene Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland in der Woche vom 16. bis
22. Mai 1949 durch die Volksvertretungen von mehr als zwei
Dritteln der beteiligten deutschen Länder angenommen worden ist.
Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische
Rat, vertreten durch seine Präsidenten, das Grundgesetz
ausgefertigt und verkündet.
Das Grundgesetz wird hiermit gemäß Artikel 145 Absatz 3
im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den
Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche
Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in
einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen,
hat das Deutsche Volk in den Ländern Baden, Bayern, Bremen,
Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden
und Württemberg-Hohenzollern, um dem staatlichen
Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben,
kraft seiner verfassunggebenden Gewalt dieses Grundgesetz
der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Es hat auch für jene Deutsche gehandelt, denen mitzuwirken versagt
war.
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in
freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands
zu vollenden.
I
Die Grundrechte
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten
und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu
unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als
Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der
Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung,
vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar
geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und
nicht gegen die verfassungsmaßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese
Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetze gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit
des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind
unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst
mit der Waffe gezwungen werden. Das Nahere regelt ein
Bundesgesetz.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein
zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die
Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch
Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet
nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften
der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum
Schutze derJugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur
Verfassung.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze
der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche
Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen
Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt
werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen
oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen
drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge
der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung
die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische
Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen
wie den ehelichen Kindern.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des
Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die
Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen
mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches
Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird
der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen
der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf
gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht
zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird
gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen
bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen
den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
die privaten Schulen in Ihren Lehrzielen und Einrichtungen
sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte
nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine
Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der
Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen,
wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der
Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die
Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse
anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten,
wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche
Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung
oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses
Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt
werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit
den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der
Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits-
und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden,
ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern
suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind
rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12 a, 35 Absatz 2
und 3, Artikel 87 a Absatz 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht
gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und
Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von
Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und
Femmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes
angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze
der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des
Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes,
so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen
nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges
die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte
Organe und Hilfsorgane tritt.
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz und nur für die
Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende
Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit
daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen
es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand
oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des
Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von
Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren
Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor
Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen,
erforderlich ist.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz
und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung
kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt
werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen
werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen,
für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten
Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Manner können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr
an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz
oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der
Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet
werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des
Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein
Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht
beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes
vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit
den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1
oder 2 herangezogen sind, können im Verteidigungsfalle
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen
Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich
des Schutzes der Zivil bevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet
werden; Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche
Dienstverhaltnisse sind nur zur Wahrnehmung polizeilicher
Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhaltnis erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse
nach Satz 1 können bei den Streitkräften, im
Bereich ihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen Verwaltung
begründet werden; Verpflichtungen in Arbeitsverhältnisse
im Bereiche der Versorgung der Zivilbevölkerung
sind nur zulässig, um ihren Iebensnotwendigen Bedarf zu
decken oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen
Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in
der ortsfesten militarischen Lazarettorganisation nicht auf
freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen
vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten
Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden.
Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen
nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels
80 a Absatz 1 begründet werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen
nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder
Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen
zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung.
(6) Kann Im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften
für die in Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf
freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so kann zur
Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die
Ausübung eines Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben,
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschrdnkt
werden. Vor Eintrift des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5
Satz 1 entsprechend.
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei
Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen
anderen Organe angeordnet und nur in der dort
vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur
zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr
für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur
Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot,
zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze
gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet
Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem
Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit
zulassig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschadigung
regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung
der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.
Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfall
der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel
können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz,
das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in
Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft
überführt werden. Für die Entschädigung gilt
Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
(1) Die Deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen
werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf
Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen
nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht
staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft
mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu
wenden.
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können
bestimmen, daß für die Angehörigen der Streitkräfte und des
Ersatzdienstes während der Zeit des Wehr- oder
Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Absatz 1
Satz 1 erster Halbsatz), das Grundrecht der
Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel 17),
soweit es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden in
Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt
werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des
Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen,
daß die Grundrechte der Freizügigkeit (Artikel 11) und der
Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt
werden.
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die
Pressefreiheit (Artikel 5 Absatz 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5
Absatz 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit
(Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis
(Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das
Asylrecht (Artikel 16 Absatz 2) zum Kampfe gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt
diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß
werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschrdnkt
werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für
den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht
unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische
Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar
sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen
Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine
andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche
Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
II
Der Bund und die Länder
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer
und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom
Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere
Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und
der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung,
die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind
an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu
beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand,
wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung
des Volks mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung
muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen
über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel öffentlich
Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten
ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche
demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu
beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland
zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage
der Verfassungswidrigkeit entscheidet das
Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder
Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,
Schleswig-Holstein, Würftemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern.
In anderen Teilen Deutschlands ist es nach
deren Beitritt in Kraft zu setzen.
(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf
zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem
System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er
wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte
einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in
Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen
und sichern.
(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird
der Bund Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende,
obligatorische, internationale Schiedsgerichtsbarkeit
beitreten.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil
des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen
Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner
des Bundesgebietes.
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht
vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der
Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter
Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit
Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert
und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein
Bundesgesetz.
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche
Handelsflotte.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß
den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und
sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen.
In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk
eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren,
freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist.
In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft
die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein,
alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Im Rahmen
der Gesetze In eigener Verantwortung zu regeln. Auch die
Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen
Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht
der Selbstverwaltung.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmaßige
Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen
der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Das Bundesgebiet ist unter Berücksichtigung der landsmannschaftlichen
Verbundenheit, der geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge,
der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und des sozialen Gefüges
durch Bundesgesetz neu zu gliedern. Die Neugliederung soll
Länder schaffen, die nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden
Aufgaben wirksam erfüllen können.
(2) In Gebietsteilen, die bei der Neubildung der Länder nach dem
8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit geändert
haben, kann binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Grundgesetzes
durch Volksbegehren eine bestimmte Änderung der über die Landeszugehörigkeit
getroffenen Entscheidung gefordert werden. Das Volksbegehren
bedarf der Zustimmung eines Zehntels der zu den Landtagen
wahlberechtigten Bevölkerung.
(3) Ist ein Volksbegehren nach Absatz 2 zustande gekommen, so ist
in dem betreffenden Gebietstejl bis zum 31. März 1975, im Gebietsteil
Baden des Landes Baden-Württemberg bis zum 30. juni1970 ein Volksentscheid
über die Frage durchzuführen, ob die angestrebte Änderung
vorgenommen werden oder die bisherige Landeszugehörigkeit bestehen
bleiben soll. Stimmt eine Mehrheit, die mindestens ein Viertel der zum
Landtag wahlberechtigten Bevölkerung umfaßt, der Änderung zu, so
ist die Landeszugehörigkeit des betreffenden Gebietsteiles durch Bundesgesetz
innerhalb eines Jahres nach Durchführung des Volksentscheides
zu regeln. Wird innerhalb desselben Landes in mehreren Gebietsteilen
eine Änderung der Landeszugehörigkeit verlangt, so sind die erforderlichen
Regelungen in einem Gesetz zusammenzufassen.
(4) Dem Bundesgesetz ist das Ergebnis des Volksentscheides zugrunde
zu legen es darf von ihm nur abweichen, soweit dies zur Erreichung
der Ziele der Neugliederung nach Absatz 1 erforderlich ist. Das Gesetz
bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
Sieht das Gesetz die Änderung der Landeszugehörigkeit eines Gebietsteiles
vor, die nicht durch Volksentscheid verlangt worden ist, so bedarf
es der Annahme durch Volksentscheid in dem gesamten Gebiet, dessen
Landeszugehörigkeit geändert werden soll; dies gilt nicht, soweit bei
Ausgliederung von Gebietsteilen aus einem bestehenden Land die verbleibenden
Gebietsteile als selbständiges Land fortbestehen sollen.
(5) Nach Annahme eines Bundesgesetzes über die Neugliederung des
Bundesgebietes außerhalb des Verfahrens nach den Absätzen 2 bis 4
ist in iedem Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll,
der Teil des Gesetzes, der dieses Gebiet betrifft, zum Volksentscheide zu
bringen. Soweit das Gesetz mindestens in einem Gebietsteil abgelehnt wird,
ist es erneut bei dem Bundestage einzubringen. Nach erneuter Verabschiedung
bedarf es insoweit der Annahme durch Volksentscheid im
gesamten Bundesgebiet.
(6) Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen
Stimmen; Absatz 3 bleibt unberührt. Das Verfahren regelt ein
Bundesgesetz. Die Neugliederung soll, falls sie als Folge des Beitrittes
eines anderen Teiles von Deutschland notwendig wird, innerhalb von
zwei Jahren nach dem Beitritt geregelt sein.
(7) Das Verfahren über jede sonstige Änderung des Gebietsbestandes
der Länder regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf.
Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung
der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit
dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder
zuläßt.
Bundesrecht bricht Landesrecht.
(1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten
ist Sache des Bundes.
(2) Vor dem Abschluß eines Vertrages, der die besonderen
Verhältnisse eines Landes berührt, ist das Land rechtzeitig
zu hören.
(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig
sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung mit
auswärtigen Staaten Verträge abschließen.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen
Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung
und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher
Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im
öffentlichen Dienst erworbenen Rechte sind unabhängig von
dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit
oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnis
oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als
ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen
Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen
Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung
der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten
öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende
Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich
den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er
steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der
Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadenersatz
und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht
ausgeschlossen werden.
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich
gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.