Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1)
Zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 96) vom 26. 7. 2002 (BGBl. I S. 2863)
Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rhein
in öffentlicher Sitzung festgestellt, daß das am 8. Mai des
Jahres 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossene Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland in der Woche vom 16. bis
22. Mai 1949 durch die Volksvertretungen von mehr als zwei
Dritteln der beteiligten deutschen Länder angenommen worden ist.
Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische
Rat, vertreten durch seine Präsidenten, das Grundgesetz
ausgefertigt und verkündet.
Das Grundgesetz wird hiermit gemäß Artikel 145 Absatz 3
im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Präambel
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten
Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das
Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses
Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin,
Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland,
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen
haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands
vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte
Deutsche Volk.
I
Die Grundrechte
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten
und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu
unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als
Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der
Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung,
vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar
geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und
nicht gegen die verfassungsmaßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese
Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern
und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines
Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt
oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit
des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind
unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst
mit der Waffe gezwungen werden. Das Nahere regelt ein
Bundesgesetz.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein
zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die
Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch
Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet
nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften
der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum
Schutze derJugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur
Verfassung.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze
der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche
Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen
Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt
werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen
oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen
drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge
der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung
die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische
Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen
wie den ehelichen Kindern.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des
Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die
Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen
mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches
Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird
der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen
der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf
gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht
zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird
gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen
bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen
den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
die privaten Schulen in Ihren Lehrzielen und Einrichtungen
sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte
nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine
Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der
Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen,
wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der
Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die
Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse
anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten,
wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche
Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung
oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses
Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt
werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit
den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der
Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits-
und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden,
ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern
suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind
rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12 a, 35 Absatz 2
und 3, Artikel 87 a Absatz 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht
gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und
Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von
Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und
Femmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes
angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze
der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des
Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes,
so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen
nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges
die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte
Organe und Hilfsorgane tritt.
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz und nur für die
Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende
Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit
daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen
es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand
oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des
Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von
Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren
Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor
Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen,
erforderlich ist.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz
und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung
kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt
werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen
werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen,
für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten
Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Manner können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr
an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz
oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der
Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet
werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des
Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein
Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht
beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes
vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit
den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1
oder 2 herangezogen sind, können im Verteidigungsfalle
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen
Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich
des Schutzes der Zivil bevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet
werden; Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche
Dienstverhaltnisse sind nur zur Wahrnehmung polizeilicher
Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhaltnis erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse
nach Satz 1 können bei den Streitkräften, im
Bereich ihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen Verwaltung
begründet werden; Verpflichtungen in Arbeitsverhältnisse
im Bereiche der Versorgung der Zivilbevölkerung
sind nur zulässig, um ihren Iebensnotwendigen Bedarf zu
decken oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen
Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in
der ortsfesten militarischen Lazarettorganisation nicht auf
freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen
vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten
Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden.
Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen
nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels
80 a Absatz 1 begründet werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen
nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder
Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen
zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung.
(6) Kann Im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften
für die in Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf
freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so kann zur
Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die
Ausübung eines Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben,
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschrdnkt
werden. Vor Eintrift des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5
Satz 1 entsprechend.
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge
auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe
angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt
werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine
durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen
hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung
technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen,
in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden,
wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig
erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu
befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten
Spruchkörper. Bei Gefahr in Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen
Richter getroffen werden.
(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit,
insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen
technische Mittel zur Uberwachung von Wohnungen nur auf Grund
richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann
die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet
werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem
Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme
durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine
anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum
Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig,
wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt
ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich
nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den
nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach
Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5
erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium
übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle
aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische
Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr
einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen,
auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung
der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum
Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet
Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem
Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit
zulassig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschadigung
regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung
der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.
Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfall
der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel
können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz,
das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in
Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft
überführt werden. Für die Entschädigung gilt
Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der
Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und
gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene
dadurch nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch
Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen
internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat
der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat
einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung
der Elüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb
der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des
Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können
aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen
eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können
Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage,
der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse
gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch
unmenschliche oder erniedrigende Bestrafüng oder Behandlung stattfindet.
Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat
nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme
begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den
Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich
unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das
Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
der Maßnahme bestehen, der Prüfungsumfang kann eingeschränkt
werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das
Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten
der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit
dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen
aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und
der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß,
Zuständigkeitsregelungen für die Prüfüng von Asylbegehren einschließlich
der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen
treffen.
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft
mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu
wenden.
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können
bestimmen, daß für die Angehörigen der Streitkräfte und des
Ersatzdienstes während der Zeit des Wehr- oder
Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Absatz 1
Satz 1 erster Halbsatz), das Grundrecht der
Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel 17),
soweit es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden in
Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt
werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des
Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen,
daß die Grundrechte der Freizügigkeit (Artikel 11) und der
Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt
werden.
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit
(Artikel 5 Absatz 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Absatz 3), die Versammlungsfreiheit
(Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14)
oder das Asylrecht (Artikel 16 a) zum Kampfe gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte.
Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschrdnkt
werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für
den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht
unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische
Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar
sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen
Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine
andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche
Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
II
Der Bund und die Länder
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer
und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom
Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere
Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und
der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung,
die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind
an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu
beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand,
wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen
die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen
Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von
Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung
des Volks mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung
muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen
über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über
ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten
ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche
demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu
beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland
zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage
der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik
Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die
demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen
und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem
Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz
gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung
des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung der
Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen
und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz
seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen
oder Ergänzungen ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Absatz 2 und 3.
(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag
und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat
den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen
Zeitpunkt zu unterrichten.
(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme
vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen
Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahmen
des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.
(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen,
soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken
hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.
(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten des
Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der
Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung
die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse
der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden
oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung
des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates maßgeblich
zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des
Bundes zu wahren. In Angelegenheiten, die zu Ausgabenerhöhungen
oder Einnahmeminderungen für den Bund führen können, ist die Zustimmung
der Bundesregierung erforderlich.
(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse
der Länder betroffen sind, soll die Wahrnehmung der Rechte, die der
Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union
zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der
Länder übertragen werden. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter
Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist
die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.
(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche
Einrichtungen übertragen.
(1a) Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befugnisse
und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig sind, können sie
mit Zustimmung der Bundesregierung Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche
Einrichtungen übertragen.
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System
gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die
Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche
und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der
Welt herbeiführen und sichern.
(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der Bund
Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende, obligatorische, internationale
Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil
des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen
Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner
des Bundesgebietes.
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht
vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der
Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter
Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit
Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert
und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein
Bundesgesetz.
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche
Handelsflotte.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen
des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates
im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern,
Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus
allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen
hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch
Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen
Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen
Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden
kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten
der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener
Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen
ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze
das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung
umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung;
zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht
zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der
Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2
entspricht.
(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten,
daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen
obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die
landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen
Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie
die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.
(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen
durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf.
Die betroffenen Länder sind zu hören.
(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten
oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden
soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die
betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das
neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid
für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes
kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in
den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit
im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine
Mehrheit der Anderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im
Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt;
die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil
dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden
soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Anderung zustimmt, es sei
denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von
zwei Dritteln die Anderung ablehnt.
(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs-
und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und
der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in
ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert,
daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt
werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren
entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2
geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.