Privatnotenbankgeſetz. Vom 30. Auguſt 1924.

(RGBl. II, Nr. 32 vom 30. Auguſt 1924, S. 246; Ber. 1925 S. 114)

– Auszug –

Liste der Änderungen:
(I)Verordnung des Reichspräsidenten über die Golddeckung der Noten der Privatnotenbanken vom 22. Juli 1931 (RGBl. I S. 391)
(II)Gesetz zur Änderung des Privatnotenbankgesetzes vom 18. Dezember 1933 (RGBl. II S. 1034)
(III)Zweites Gesetz zur Änderung des Privatnotenbankgesetzes vom 29. Dezember 1934 (RGBl. II S. 1399)

Der Reichstag hat das folgende Geſetz beſchloſſen, das mit Zuſtimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird:

I. Befugnis zur Notenausgabe

§ 1

Privatnotenbanken im Sinne dieses Geſetzes sind:

  1. die Bayeriſche Notenbank in München,
  2. die Sächſiſche Bank zu Dresden in Dresden,
  3. die Württembergiſche Notenbank in Stuttgart,
  4. die Badiſche Bank in Mannheim.

Den Privatnotenbanken ſteht die Befugnis der Notenausgabe in dem durch dieſes Geſetz bezeichneten Umfang zu. Die Reichsregierung hat das Recht, erſtmals zum 1. Januar 1935, alsdann von 10 zu 10 Jahren unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfriſt, mit Zuſtimmung des Reichsrats die Befugnis zur Notenausgabe ganz oder zum Teil aufzuheben, ohne daß daraus ein Anſpruch auf Entſchädigung entſteht.

§ 3

Die von den Privatnotenbanken auszugebenden Noten lauten auf Reichsmark.

(…)

II. Privatbanknoten

§ 4

(…)

Die Privatnotenbanken ſind verpflichtet, ihren geſamten bisherigen Notenumlauf aufzurufen und gegen auf Reichsmark lautende Noten umzutauſchen, wobei eine Reichsmark einer Billion Mark bisheriger Ausgabe gleichzuſetzen iſt. Die eingezogenen Noten ſind zu vernichten. Die näheren Beſtimmungen über den Aufruf, die Friſten für die Einlieferung und Kraftloserklärung der alten Noten ſetzt der Reichswirtſchaftsminiſter feſt, ſie werden im Reichsanzeiger öffentlich bekanntgemacht.

§ 5

Privatbanknoten ſind nicht geſetzliche Zahlungsmittel und können auch nicht durch Landesgeſetz zu ſolchen erklärt werden, auch kann ein Annahmezwang für öffentliche Kaſſen nicht begründet werden. Die Noten ſind von den ausgebenden Privatnotenbanken an ihrem Sitze und bei allen Zweiganſtalten jederzeit zum vollen Nennwert in Zahlung zu nehmen

§ 6

Die Privatnotenbanken sind verpflichtet, Noten anderer Privatnotenbanken an ihrem Sitze und bei Zweiganſtalten in Städten von mehr als 100 000 Einwohnern zu ihrem vollen Nennwert in Zahlung zu nehmen, ſolange die Bank, die ſolche Noten ausgegeben hat, ihrer Noteneinlöſungspflicht pünktlich nachkommt. Alle bei einer Bank eingelieferten Noten einer anderen Privatnotenbank dürfen nur entweder zur Einlöſung vorgelegt oder zu Zahlungen an diejenige Bank, die ſie ausgegeben hat, oder zu Zahlungen in dem Lande, in dem dieſe Bank ihren Sitz hat, verwendet werden.

§ 7

Die Bank iſt verpflichtet, für den Betrag ihrer im Umlauf befindlichen Noten jederzeit zu halten:

  1. eine Deckung von mindeſtens 40 vom Hundert in Gold oder Deviſen (Golddeckung); dieſe Deckung muß zu mindeſtens ¾ aus Gold beſtehen.

    Gold im Sinne dieser Vorſchrift iſt Barrengold ſowie in- und ausländiſche Goldmünzen, das Pfund fein zu 1392 Reichsmark berechnet, ſoweit ſie ſich entweder in den Kaſſen der Bank oder zu ihrer jederzeitigen freien Verfügung bei einer Zentralnotenbank befinden.

    Deviſen ſind Banknoten, Wechſel mit einer Laufzeit von höchſtens 14 Tagen, Schecks und täglich fällige Forderungen, die bei einer als zahlungsfähig bekannten Bank an einem ausländiſchen zentralen Finanzplatz in ausländiſcher Währung zahlbar sind; ſie ſind mit ihrem jeweiligen Goldwert einzuſetzen.

  2. für den Reſtbetrag diskontierte Wechſel oder Schecks, welche den im § 14 aufgeſtellten Erforderniſſen genügen.

Die Bank hat, ſolange ihre bisherigen Noten noch nicht zurückgezogen ſind, für dieſe die gleichen Deckungsvorſchriften einzuhalten, wie ſie für die neu auszugebenden Noten vorgeſehen ſind, wobei eine Billion Mark bisheriger Ausgabe gleich eine Reichsmark gilt.

§ 9

Die Bank iſt verpflichtet, ihre Noten

  1. an ihrem Sitze ſofort auf Vorlage,
  2. bei ihren Zweiganſtalten, ſoweit es deren Barbeſtände und Geldbedürfniſſe geſtatten,

dem Inhaber einzulöſen. Die Einlöſung erfolgt nach Wahl der Bank in

  1. deutſchen Goldmünzen zum jeweiligen geſetzlichen Gewicht und Feingehalte zu pari;
  2. Goldbarren in Stücken von nicht weniger als tauſend Reichsmark und nicht mehr als fünfunddreißigtauſend Reichsmark zu ihrem Reingoldwert in deutſchen Goldſtücken zum jeweiligen geſetzlichen Gewicht und Feingehalte;
  3. Schecks oder Auszahlung in ausländiſcher Währung in Höhe des in Gold umgerechneten jeweiligen Marktwerts der betreffenden Währung. Der Vorstand und Aufſichtsrat mit Zuſtimmung der Landesregierung bezeichnen diejenigen ausländiſchen Banken, auf die die Schecks oder Auszahlungen lauten können. Die Bank kann hierbei eine Vergütung in Rechnung ſtellen. Dieſe darf jedoch den Betrag nicht überſteigen, der ſich aus dem dem Einlöſungsbetrag entſprechenden Anteil an den Verſendungsſpeſen nebſt Zinſen für größere Goldtransporte nach dem betreffenden ausländiſchen Bankplatz ergibt.

Solange die Reichsbank ihre Noten nicht in Gold oder Deviſen einlöſt, hat die Einlöſung der Privatbanknoten in Reichsbanknoten zu erfolgen.

Die Einlöſung der Noten unterliegt nicht der Börſenumſatzſteuer.

§ 16

Die Privatnotenbanken dürfen weder als Geſellſchafter an Bankhäuſern ſich beteiligen, noch außerhalb desjenigen Landes, das ihnen die Befugnis zur Notenausgabe erteilt hat, Bankgeſchäfte durch Zweiganſtalten betreiben oder durch Agenten für ihre Rechnung betreiben laſſen.

VI. Aufſichtsrecht

§ 20

Der Reichswirtſchaftsminiſter iſt jederzeit befugt, durch Einſicht in die Bücher, Kaſſenbeſtände und Geſchäftsräume der Privatnotenbanken zu prüfen, ob dieſe die durch Geſetz oder Satzung feſtgeſtellten Bedingungen und Beſchränkungen der Notenausgabe innehalten und ob die von ihnen veröffentlichten Wochen- und Jahresüberſichten ſowie die zur Steuerberechnung abgegebenen Nachweiſe der wirklichen Sachlage entſprechen.

(…)

Die Privatnotenbanken ſind nur mit Zuſtimmung des Reichswirtſchaftsminiſters berechtigt, über das beim Inkrafttreten dieſes Geſetzes bei ihnen vorhandene Gold zu verfügen. Dies gilt auch im Falle der Liquidation einer Bank oder der Aufgabe oder des Verluſtes des Notenausgaberechts.

§ 21

Die Regierung des Landes, in dem eine Privatnotenbank ihren Sitz hat, iſt befugt, die Aufſicht über die Privatnotenbank auszuüben und auf die Privatnotenbank bezügliche Beſtimmungen zu erlaſſen, ſoweit nicht reichsgeſetzliche Vorſchriften entgegenſtehen.

VII. Reichsbank und Privatnotenbanken

§ 22

Die Noten der Privatnotenbanken werden von der Reichsbank ſowohl in Berlin als auch bei ihren Zweiganſtalten in Städten von mehr als 100 000 Einwohnern oder am Sitze der Bank, die die Noten ausgegeben hat, zum vollen Nennwert in Zahlung genommen, ſolange die ausgebende Bank ihrer Noteneinlöſungspflicht pünktlich nachkommt.

Unter der gleichen Vorausſetzung wird die Reichsbank die Noten der Privatnotenbanken innerhalb des Landes, das ihnen die Befugnis zur Notenausgabe erteilt hat, bei ihren Zweiganſtalten, ſoweit es deren Notenbeſtände und Zahlungsbedürfniſſe geſtatten, dem Inhaber gegen Reichsbanknoten umtauſchen.

Die nach Abſ. 1 und 2 angenommenen oder eingetauſchten Noten werden von der Reichsbank nur entweder zur Einlöſung vorgelegt oder zu Zahlungen an diejenige Bank, die sie ausgegeben hat, oder zu Zahlungen in dem Gebiete des Landes, in dem dieſe Bank ihren Sitz hat, verwendet.

VIII. Verluſt der Befugnis zur Notenausgabe

§ 23

Die Befugnis der Privatnotenbanken zur Ausgabe von Banknoten geht verloren

  1. durch Ablauf der Zeitdauer, für die ſie erteilt iſt,
  2. durch Verzicht,
  3. im Falle des Konkurſes durch Eröffnung des Verfahrens gegen die Bank,
  4. durch Entziehung kraft richterlichen Urteils,
  5. durch Verfügung der Landesregierung nach Maßgabe der Satzungen oder Privilegien.
§ 24

Die Entziehung der Befugnis zur Notenausgabe wird auf Klage des Reichswirtſchaftsminiſters oder der Regierung des Landes, in dem die Privatnotenbank ihren Sitz hat, durch gerichtliches Urteil ausgeſprochen:

  1. wenn die Bank die Vorſchriften über die Einlöſung ihrer Noten verletzt;

Auf die Klage iſt in ordentlichen Verfahren zu entſcheiden. Der Rechtsſtreit gilt im Sinne des § 95 des Gerichtsverfaſſungsgeſetzes als Handelsſache.

In dem Urteil ist zugleich die Verpflichtung zur Einziehung der Noten auszuſprechen.

X. Übergangs- uns Ausführungsbeſtimmungen

§ 30

Der Reichswirtſchaftsminiſter kann mit Zuſtimmung des Reichsrats Ausführungsbeſtimmungen erlaſſen.

§ 53

Die zu dem Bankgeſetze vom 14. März 1875 für die Privatnotenbanken ergangenen Änderungsgeſetze, Ausführungsbestimmungen und Bekanntmachungen treten außer Kraft.

Dieſes Geſetz tritt mit dem Tage in Kraft, an dem das Bankgeſetz vom 14. März 1875 außer Kraft tritt (§ 53 des neuen Bankgeſetzes).

Das genannte Gesetz ist zum 11. Oktober 1924 außer Kraft getreten.

Berlin, den 30. Auguſt 1924

Der Reichspräſident
Ebert

Der Reichswirtſchaftsminiſter
Hamm