Gesetz Nr. 50
über die Errichtung der Landeszentralbanken von Bayern.

Vom 27. November 1946.
(Bay. GVBl., Nr. 22 vom 30. November 1946, S. 329)

– Auszug –

Aufgehoben zum 15. April 1949 durch:

In den Potsdamer Beschlüssen vom 2. August 1945 haben die Besatzungsmächte den Grundsatz der wirtschaftlichen Dezentralisierung Deutschlands festgelegt. Zur Ausführung dieses Grundsatzes auf dem Gebiet des Kreditwesens hat die amerikanische Militärregierung als ersten Schritt die Errichtung selbständiger Landeszentralbanken an Stelle der bisherigen Reichsbankanstalten in den drei Ländern der amerikanischen Besatzungszone verlangt. Demgemäß wird gleichzeitig für die Länder Bayern, Großhessen und Württemberg-Baden das nachstehende Gesetz verkündet.

I. Rechtsform.

§ 1

(1) Die

Landeszentralbank von Bayern

ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit dem Sitz in München. Sie ist berechtigt, Zweiganstalten im Gebiet des Landes Bayern zu unterhalten.

II. Aufgaben.

§ 2

Vorbehaltlich der künftigen einheitlichen Ordnung der Notenausgabe für ganz Deutschland hat die Landeszentralbank im Rahmen ihres in Abschnitt VII (§§ 14 bis 19) näher bestimmten Geschäftskreises die Aufgaben

  1. den Geldumlauf und die Kreditversorgung zu regeln,
  2. die Zahlungsbereitschaft der Kreditinstitute zu sichern und die Reservehaltung für die Einlagen bei Kreditinstituten zu übernehmen,

(…)

III. Organisation.

§ 3

(1) Die Bank wird durch den Vorstand geleitet, der aus dem Präsidenten, seinem Stellvertreter und der erforderlichen Anzahl von Mitgliedern besteht.

(2) Der Vorstand faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheil der abgegebenen Stimmen; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Präsidenten.

(3) Der Präsident und sein Stellvertreter werden auf Vorschlag des Finanzministers vom Ministerpräsidenten, die übrigen Mitglieder des Vorstandes auf Vorschlag des Präsidenten vom Verwaltungsrat ernannt.

(4) Die Amtsdauer der Vorstandsmitglieder beträgt fünf Jahre . Eine wiederholte Bestellung ist zulässig. Für die ersten fünf Jahre des Bestehens der Landeszentralbank kann durch die Satzung für die Vorstandsmitglieder mit Ausnahme des Präsidenten eine kürzere Amtsdauer festgelegt werden.

(5) Aus wichtigen Gründen können auf Vorschlag der Bankaufsichtsbehörde die Mitglieder des Vorstandes von der für ihre Ernennung zuständigen Stelle jederzeit abberufen werden.

§ 7

(1) Die gesamte Geschäftsführung der Landeszentralbank wird durch den Verwaltungsrat überwacht. Er hat die Grundsätze für die Erfüllung der Aufgaben der Landeszentralbank festzulegen. Dabei soll er sich an die Empfehlungen des Bankenrats (§ 8) halten.

(2) Der Verwaltungsrat besteht aus neun Mitgliedern. Von diesen wird der Vorsitzende vom Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Finanzministers ernannt. Stellvertretender Vorsitzender ist der Präsident der Landeszentralbank. Ferner gehören dem Verwaltungsrat an: der Leiter der Bankaufsichtsbehörde, je ein vom zuständigen Fachminister zu ernennender Vertreter der Landwirtschaft, der gewerblichen Wirtschaft und der Arbeiter- und Angestelltenschaft. Je ein Mitglied wird von den Anteilseignern aus den Kreisen der öffentlich-rechtlichen, der genossenschaftlichen und der privaten Kreditinstitute gewählt; das_Wahlverfahren wird in den Durchführungs-Bestimmungen geregelt.

(3) Die Amtsdauer der Mitglieder mit Ausnahme des stellvertretenden Vorsitzenden beträgt in der ersten Amtsperiode ein Jahr; für die folgenden Amtsperioden kann durch die Satzung eine Amtsdauer bis zu drei Jahren festgesetzt werden. Wiederholte Berufung ist zulässig.

(4) Der Verwaltungsrat faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Zur Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder erforderlich.

§ 8

(1) Der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Landeszentralbanken dient ein Bankenrat. Ihm obliegt es, Empfehlungen für die einheitliche Festsetzung der Diskont- und Zinssätze (§ 14 Abs. 2), der Mindestreservesätze (§ 15 Abs. 2), der Grundsätze der Offenmarktpolitik (§ 14 Abs. 1, Ziffer 3) sowie für die Gestaltung des Überweisungs- und Scheckverkehrs, insbesondere auch für die Regelung des Zahlungsverkehrs mit anderen deutschen Ländern und nach Wiederherstellung des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland für diesen zu beschließen.

(2) Vom Lande Bayern gehören dem Bankenrat der Präsident der Landeszentralbank, der Leiter der Bankaufsichtsbehörde und ein vom Verwaltungsrat aus seiner Mitte zu bestimmendes Mitglied an. Er faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Im Falle der Verhinderung eines Mitgliedes ist Stellvertretung zulässig.

IV. Staatsaufsicht.

§ 10

Die Landeszentralbank untersteht der staatlichen Aufsicht. Diese wird durch die Bankaufsichtsbehörde ausgeübt.

V. Grundkapital.

§ 11

(2) Das Grundkapital wird zunächst durch eine Kapitaleinlage des Landes Bayern aufgebracht. Die aus dieser Kapitaleinlage sich ergebenden Rechte des Landes werden vom Finanzminister wahrgenommen.

(3) Der Finanzminister hat innerhalb zweier Jahre im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat die Anteilscheine an die zur Haltung von Mindestreserveguthaben (§ 15 Abs. 2) verpflichteten Kreditinstitute zu veräußern. Hierbei sind die öffentlich-rechtlichen, die genossenschaftlichen und die privaten Kreditinstitute gleichmäßig zu beteiligen; die Einzelheiten werden durch die Satzung geregelt.

VII. Geschäftskreis.

§ 15

(2) Kreditinstitute, die ihren Sitz oder ihre Niederlassung innerhalb des Landes haben, sind verpflichtet, bei der Landeszentralbank Mindestguthaben, die in einem festen Verhältnis zu ihren fremden Geldern stehen, als Reserve zu unterhalten. Die Höhe der Reservesätze und die Art der Reservehaltung wird vom Verwaltungsrat festgesetzt. Dabei können für die verschiedenen Arten von Kreditinstituten und die verschiedenen Formen von Einlagen verschiedene Sätze festgesetzt werden.

X. Schluß- und Übergangsbestimmungen.

§ 26

(1) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes treten unbeschadet der späteren Vermögensauseinandersetzung mit der Deutschen Reichsbank folgende Rechtswirkungen ein:

  1. Die innerhalb des Landes befindlichen Grundstücke und Betriebseinrichtungen der Deutschen Reichsbank gehen vorbehaltlich der Genehmigung der amerikanischen Militärregierung auf die Landeszentralbank über; für die dadurch bedingte Berichtigung der Grundbücher wird eine Gebühr nicht erhoben. In bestehende Mietverträge tritt die Landeszentralbank ein.
  2. Die Landeszentralbank ist berechtigt, die sonstigen im Lande befindlichen Vermögenswerte der Deutschen Reichsbank und deren Bestände an eigenen Noten vorbehaltlich der Genehmigung der amerikanischen Militärregierung zu übernehmen.
  3. Die Landeszentralbank ist ermächtigt, bankgeschäftliche Verbindlichkeiten, die in den Büchern der im Lande Bayern befindlichen Reichsbankanstalten geführt werden, zu übernehmen.
  4. Die Landeszentralbank kann in die Rechte und Pflichten der Deutschen Reichsbank hinsichtlich der Dienstverhältnisse der innerhalb des Landes tätigen Beamten, Angestellten und Arbeiter der Deutschen Reichsbank nach Maßgabe der einschlägigen landesgesetzlichen Bestimmungen eintreten.
  5. Die Landeszentralbank ist berechtigt, den innerhalb des Landes wohnhaften Versorgungsberechtigten der Deutschen Reichsbank und den nicht in den Dienst der Landeszentralbank übernommenen Beamten und Angestellten der Deutschen Reichsbank nach Maßgabe der einschlägigen landesgesetzlichen Bestimmungen Ruhegehälter und Hinterbliebenenbezüge zu gewähren.

(2) In bezug auf alle übrigen Rechtsverhältnisse ist die Landeszentralbank nicht Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichsbank.

Zur Wahrnehmung der Rechte der Deutschen Reichsbank bei der Vermögensauseinandersetzung mit der Landeszentralbank wurde vom Finanzminister aus dem Kreise der bisherigen Beamten der Deutschen Reichsbank ein Treuhänder ernannt, der die Reichsbank vertrat und die ihr in Bayern verbleibenden Obliegenheiten wahrzunehmen hatte. Rechtsverbindliche Erklärungen wurden von dem Treuhänder unter der Bezeichnung „Deutsche Reichsbank. Der Treuhänder in Bayern“ abgegeben.

§ 28

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1947 in Kraft.

(2) Die zur Durchführung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erläßt der Finanzminister.

München, den 26. November 1946

Der Bayerische Ministerpräsident
gez. Dr. Wilhelm Hoegner

In den übrigen Länder der amerikanischen Besatzungszone wurden die folgenden, nahezu gleichlautenden Gesetze erlassen: