Dritte Durchführungsverordnung (Versicherungsverordnung) zu Gesetz Nr. 63
Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz)

Verfügung Nr. 74
des Commandant en Chef Français en Allemagne zur Durchführung der Verordnung Nr. 160 des Commandant en Chef Français en Allemagne vom 26. Juni 1948 über die Geldreform.

(MGG USAC, Ausgabe J, S. 46)

(MGG BZC, Nr. 25, S. 886)

(JO CCF, Nr. 177 vom 27. Juni 1948, S. 1549)

Liste der Änderungen:
(II)23. Durchführungsverordnung (MGG USAC, Ausgabe N, S. 17)
(III)43. Durchführungsverordnung (ABl. AHK S. 352)
(I)47. Durchführungsverordnung (ABl. AHK S. 609)
(IV)49. Durchführungsverordnung (ABl. AHK S. 872)
(V)Gesetz über den Erlaß von Rechtsverordnungen auf dem Gebiet der Neuordnung des Geldwesens usw. vom 21. April 1953 (BGBl. I S. 127)

Zur Durchführung und Ergänzung des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens wird hiermit angeordnet:

Der Commandant en Chef Français en Allemagne erläßt unter Bezugnahme auf

das Dekret vom 15. Juni 1945 über die Errichtung eines Commandement en Chef Français en Allemagne, abgeändert durch das Dekret vom 18. Oktober 1945,

die Verfügung vom 4. April 1948 des Secrétaire d'Etat aux Affaires Allemandes et Autrichiennes über die Organisation, die Befugnisse und Bestände der französischen Dienststellen der Regierung, der Verwaltung und Kontrolle in Deutschland,

die Anordnung 419 vom 12. April 1948 über die Errichtung eines Secrétariat Général du Commandement en Chef Français en Allemagne,

die Verordnung Nr. 155a des Commandant en Chef Français en Allemagne vom 16. Juni 1948 betreffend Ermächtigung für die Landeszentralbanken des französischen Besetzungsgebietes, der Bank der deutschen Länder beizutreten‚

die Verordnung Nr. 158 vom 18. Juni 1948 des Commandant en Chef Français en Allemagne über die Geldreform,

die Verfügung Nr. 67 vom 18. Juni 1948 des Commandant en Chef Français en Allemagne zur Durchführung der Verordnung Nr. 158 des Commandant en Chef Français en Allemagne über die Geldreform vom 18. Juni 1948,

die Verordnung Nr. 159 vom 18. Juni 1948 des Commandant en Chef Français en Allemagne über Neuordnung des Geldwesens,

die Verfügung Nr. 68a vom 24. Juni 1948 des Commandant en Chef Français en Allemagne zur Durchführung der Verordnung Nr. 158 des Commandant en Chef Français en Allemagne vom 18. Juni 1948 über die Geldreform,

die Verordnung Nr. 160 des Commandant en Chef Français en Allemagne vom 26. Juni 1948 über die Geldreform‚

die zwischen dem französischen, amerikanischen und britischen Oberbefehlshaber getroffenen Vereinbarungen auf Grund des Briefwechsels vom 18. Juni 1948,

folgende

Verfügung:

§ 1Abschnitt 1
Begriffsbestimmungen
Artikel 1

(1) Die in dieser Verordnung verwendeten Bezeichnungen „Versicherungsunternehmen“ oder „Rückversicherungsunternehmen“ umfassen alle Versicherungsunternehmen, die im Währungsgebiet ihren Sitz haben oder eingetragen sind oder denen nach deutschem Recht die Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungs- oder Rückversicherungsgeschäftes erteilt worden ist. Sie umfassen auch alles in diesem Gebiet befindliche Vermögen von Versicherungsunternehmen, die ihren Sitz außerhalb des Gebietes haben.

Artikel 2

(2) Die in dieser Verordnung verwendete Bezeichnung „nicht abgelaufener Teil des Risikos“ ist die Zeitspanne vom 21. Juni 1948 und dem Zeitpunkt, an dem die nächste Prämienzahlung für eine Versicherung fällig wird.

§ 2Abschnitt 2
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 3

(1) Das Moratorium gemäß § 4 des Währungsgesetzes kann bei Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen von der zuständigen Aufsichtsbehörde so lange ausgedehnt werden, wie es zur Durchführung dieser Verordnung für ein Unternehmen notwendig ist. Die Ausdehnung des Moratoriums ist auf die für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen aus ihren Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen entstandenen Verbindlichkeiten zu beschränken.

Artikel 4

(2) Von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen an Agenten und Makler noch nicht gezahlte fällige Vermittlergebühren, die sich auf in Reichsmark eingegangene Prämien beziehen, sind nach den Bestimmungen über bestehende Forderungen zahlbar. Jede mündliche oder schriftliche Abrede, daß die Zahlung solcher Vermittlergebühren bis nach der Geldreform aufgeschoben und dann zum vollen Nennwert in neuer Währung bewirkt werden soll, wird für nichtig erklärt.

§ 3Abschnitt 3
Auflösung von Lebensversicherungsverträgen bei Nichtzahlung von Folgeprämien
Artikel 5

(1) Falls am 20. Juni 1948 der Versicherungsnehmer in der Lebensversicherung eine seit zwölf Monaten oder länger fällige Folgeprämie nicht bezahlt hat, gilt das Versicherungsverhältniß von diesem Tage als gekündigt. Die Versicherung wird, falls möglich, in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt.

Artikel 6

(2) Im Falle des Abs. 1 sind die Bestimmungen des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 (Reichsges. Bl. S. 263) in der jetzt geltenden Fassung über die Kündigung des Versicherungsverhältnisses und die Vertragshilfeverordnung nicht anzuwenden.

Artikel 7

(3) Das Versicherungsunternehmen kann im Falle des Abs. 1 die Zahlung ausstehender Prämien nur dann fordern, wenn der Versicherungsfall vor dem 21. Juni 1948 eingetreten ist. Die Ansprüche aus solchen Versicherungen unterliegen den Bestimmungen über bestehende Forderungen. Das Recht des Versicherungsunternehmens‚ die Leistung ganz oder teilweise zu verweigern, bleibt unberührt.

Artikel 8

(4) Falls auf Grund des Abs. 1 eine Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung umzuwandeln oder der Rückkaufswert auszuzahlen ist, so ist die Berechnung auf das Ende der Versicherungsperiode abzustellen, für welche die Prämie ganz oder teilweise bezahlt worden ist, frühestens jedoch auf den Schluß der Versicherungsperiode, in welche der 8. Mai 1945 fällt.

Artikel 9

(5) Ist ein Versicherungsnehmer, dessen letzter inländischer Wohnsitz im Währungsgebiet war, zurzeit noch kriegsgefangen, vermißt oder auf Grund seiner deutschen Staatsangehörigkeit im Ausland interniert, so kann er im Falle des Abs. 1 verlangen, daß der Vertrag innerhalb von sechs Monaten nach seiner Rückkehr wieder in Kraft gesetzt wird. Ergeben sich aus der Anwendung des Abs. 1 für die Versicherungsnehmer unbillige Härten, so kann die Aufsichtsbehörde abweichende Verordnungen erlassen.

Artikel 10

(6) Abs. 1 findet keine Anwendung‚ wenn das Versicherungsverhältnis gemäß § 39 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag von dem Versicherungsunternehmen vor dem 21. Juni 1948 gekündigt werden ist.

Artikel 11

(7) Versicherungen, die nach Abs. 1 und 6 in prämienfreie Versicherungen umgewandelt werden oder bereits vor Erlaß dieser Verordnung in prämienfreie Versicherungen umgewandelt waren, werden gemäß § 6 Abs. 2 umgestellt.

§ 4Abschnitt 4
Unternehmen mit Sitz außerhalb des Währungsgebietes
Artikel 12

Außer im Falle des § 8 Abs. 2 haben Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen mit Sitz außerhalb des Währungsgebietes die in irgendeinem Teil Deutschlands außerhalb des Währungsgebietes befindlichen Aktiven und Passiven in die Deutsche-Mark-Bilanz nicht einzubeziehen.

§ 5Abschnitt 5
Ausgleichsforderungen
Artikel 13

(1) Die Landesregierung, in deren Gebiet sich der Sitz eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens befindet, ist für die Ausgabe von Ausgleichsforderungen verantwortlich. Sie kann jedoch von anderen Landesregierungen des Währungsgebietes verlangen, daß sie zu den Ausgleichsforderungen nach Maßgabe des geschätzten Prämienaufkommens des betreffenden Unternehmens in diesen Ländern beitragen. Bei Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen mit Sitz außerhalb des Währungsgebietes ist ihre Hauptverwaltung im Währungsgebiet für die Durchführung dieser Bestimmung als Sitz des Unternehmens anzusehen.

Artikel 14

(2) Tritt zugunsten des Versicherungsunternehmens bei Aktiven, die nach den Bestimmungen des § 24 Abs. 6 des Umstellungsgesetzes abgeschrieben worden sind, eine Wiederherstellung des Wertes ein, so hat das Land einen Anspruch auf Rückgabe von Ausgleichsforderungen im Verhältnis der gewährten Beträge, jedoch nicht höher als ihr Gesamtbetrag.

§ 6Abschnitt 6
Abwertung von Verbindlichkeiten aus Lebens- und Rentenversicherungen.
A. Lebensversicherung
Artikel 15

(1) Alle Lebensversicherungen, für die eine Prämienreserve zu bilden ist, unterliegen folgenden Bestimmungen:

  1. Die Prämienreserve am 21. Juni 1948 einschließlich angewachsener Gewinnanteile wird durch Ersetzung von je zehn Reichsmark durch eine Deutsche Mark umgestellt;
  2. Die Prämienreserve vom 21. Juni 1948 erhöht sich in Auswirkung von Maßnahmen nach § 16 Abs. 2 des Umstellungsgesetzes entsprechend;
  3. Die Prämien sind in Höhe des vereinbarten Nennbetrages in Deutsche Mark zu entrichten.

Artikel 16

(2) Bei Lebensversicherungen, für die keine Prämienreserve zu bilden ist, werden Versicherungssumme und zukünftige Prämienrate durch Ersetzung von je einer Reichsmark durch eine Deutsche Mark umgestellt.

B. Sonstige Versicherung
Artikel 17

(3) Rentenversicherungen, für die der volle Kaufpreis gezahlt ist, unterliegen folgenden Bestimmungen:

  1. Die Rentenansprüche werden durch Ersetzung von je zehn Reichsmark durch eine Deutsche Mark umgestellt;
  2. Die Rentenleistungen werden in Auswirkung von Maßnahmen gemäß § 16 Abs. 2 des Umstellungsgesetzes entsprechend und rückwirkend erhöht.

Artikel 18

(4) Rentenversicherungen, für die der volle Kaufpreis noch nicht gezahlt ist, unterliegen folgenden Bestimmungen:

  1. Der Rentenanspruch wird in einen bereits bezahlten und einen noch unbezahlten Teil zerlegt; die Bestimmungen des Abs. 3 werden nur auf den bereits bezahlten Teil des Rentenanspruches angewendet;
  2. Weitere Zahlungen an das Versicherungsunternehmen für den Kauf der Rentenversicherung erfolgen in Höhe des vereinbarten Nennbetrages in Deutsche Mark.

Artikel 19

(5) Laufende Versicherungen bleiben anstelle von Reichsmark mit dem gleichen Nennbetrag in Deutsche Mark in Kraft. Der vom 21. Juni 1948 ab bis zum nächsten Prämienfälligkeitstermin laufende Zeitraum der Deckung wird in dem Verhältnis gekürzt, das für Verpflichtungen in Reichsmark gilt. Wenn nach der Art der Versicherung die Anwendung dieses Grundsatzes nicht zweckmäßig erscheint, hat der Versicherungsnehmer in Deutsche Mark 90 vom Hundert des Reichsmarknennbetrages nachzuzahlen, der als Versicherungsprämie für die Zeitspanne vom 21. Juni 1948 bis zum Ende des ursprünglich gedeckten Zeitraumes zu zahlen gewesen wäre.

Artikel 20

(6) Fällt das Ende der Deckung nach Abs. 5 in einen Zeitraum von 15 Tagen nach dem 21. Juni 1948, so kann der Versicherungsnehmer während dieses Zeitraumes kündigen. Die Prämie ist alsdann für den zusätzlich gedeckten Zeitraum zu zahlen.

Artikel 21

(7) Ansprüche aus Haftpflicht-, Unfall- oder ähnlichen Versicherungen, die vor dem 21. Juni 1948 entstanden sind, werden nach den Bestimmungen über bestehende Forderungen behandelt.

C. Allgemeine Bestimmungen
Artikel 22

(8) Eine Wiedererhöhung der Lebens- oder Rentenversicherung bis zur ursprünglichen Versicherungssumme oder bis zum ursprünglichen Rentenwert durch Ersetzung von je einer Reichsmark durch eine Deutsche Mark ist dem Versicherungsnehmer von der Versicherungsunternehmung ohne Rücksicht auf eingetretene Beeinträchtigungen seiner Gesundheit oder vorgenommenen Berufswechsel einzuräumen. In Verfolg von Maßnahmen nach § 16 Abs. 2 des Umstellungsgesetzes werden besondere Vorschriften für Versicherungen außerhalb der Lebensversicherung ergehen.

Artikel 23

(9) Wenn eine Kapital- oder Rentenversicherung aus einer Verbindung von zwei oder mehreren der in den vorangegangenen Bestimmungen dieser Verordnung aufgeführten Versicherungsarten besteht, wird eine solche Versicherung aufgeteilt und jeder Teil wird gemäß den auf ihn anzuwendenden Vorschriften behandelt.

§ 7Abschnitt 7
Nicht erstattete Ansprüche
Artikel 24

(1) Auf Ansprüche aus Versicherungsfällen und Schadensereignissen, die vor dem 21. Juni 1948 eingetreten sind und für die Zahlungen geleistet werden müssen, sind die Bestimmungen über bestehende Forderungen anzuwenden.

Artikel 25

(2) Sind aus Versicherungsfällen, die vor dem 21. Juni 1948 eingetreten sind, mit Ausnahme der im Abs. 3 und 4 behandelten, Ansprüche entstanden, für die nur Naturalersatz zu leisten ist, so ist die Verbindlichkeit auf der Grundlage der geschätzten Kosten des Naturalersatzes am 20. Juni 1948 in Reichsmark zu bewerten und gemäß den Bestimmungen über bestehende Forderungen zu behandeln.

Artikel 26

(3) Bei Ansprüchen aus Versicherungen, die bei der Deutschen Kriegsversicherungsgemeinschaft rückgedeckt worden sind, geht die Verbindlichkeit des Versicherungsunternehmens gegenüber dem Versicherten auf die Deutsche Kriegsversicherungsgemeinschaft über und wird nicht in die Deutsche-Mark-Eröffnungsbilanz einbezogen. Das Vermögen der Deutschen Kriegsversicherungsgemeinschaft wird umgestellt und bleibt gesperrt, bis von der Militärregierung eine Auszahlung genehmigt wird.

Artikel 27

(4) Wenn ein Versicherungsunternehmen im Namen oder für Rechnung des Reiches gehandelt oder unter einer vom Reich gegebenen Garantie besondere Geschäfte betrieben hat, werden diese und alle dem Unternehmen vom Reich zugewiesenen besonderen Mittel von dem übrigen Geschäft des Unternehmens getrennt, umgestellt und bleiben gesperrt, bis von der Militärregierung eine Auszahlung genehmigt wird.

§ 8Abschnitt 8
Verschiedenes
Artikel 28

(1) Hat ein Versicherungsunternehmen auf einen Versicherungsschein Vorauszahlungen geleistet, so sollen diese für die Anwendung dieser Verordnung als Darlehen des Versicherungsunternehmens auf den Versicherungsschein angesehen und nach den Bestimmungen über bestehende Forderungen behandelt werden. Prämien, die an Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bereits in Reichsmark gezahlt worden sind, aber erst nach dem 20. Juni 1948 fällig werden, sind wie bestehende Forderungen zu behandeln.

Artikel 29

(2) Wenn ein Versicherungsunternehmen seinen Sitz im Währungsgebiet hat, werden alle in Groß-Berlin bestehenden Aktiven und Passiven in der Deutsche-Mark-Eröffnungsbilanz getrennt ausgewiesen.

Artikel 30

(3) Rückversicherungsverbindlichkeiten gegenüber Versicherungsunternehmen werden dem Grundsatz nach wie die Verbindlichkeiten des Erstversicherers behandelt.

Artikel 31

(4) Wenn die Aufsichtsbehörden es zur Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer für erforderlich halten, können sie weitere Vorschriften für einzelne Versicherungsunternehmen mit dem Sitz oder der Hauptverwaltung im Währungsgebiet oder für einzelne Versicherungsarten für ihre Aufsichtsbereiche treffen.

Artikel 32

(5) Der deutsche Text dieser Verordnung ist der amtliche Text.

Allein der deutsche Text ist amtlich, die französische Übersetzung gilt nur als Information.

§ 9
Inkrafttreten
Artikel 33

Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 27. Juni 1948 in Kraft.

Diese Verfügung tritt am 27. Juni 1948 in Kraft.

Artikel 34

Die zuständigen Behörden des französischen Oberkommandos in Deutschland werden mit der Durchführung dieser Verfügung beauftragt, die im Amtsblatt des französischen Oberkommandos in Deutschland zu veröffentlichen ist.

Im Auftrage der Militärregierung

Baden-Baden, den 26. Juni 1948.

Le Général d'Armée KOENIG

Commandant en Chef Français en Allemagne

P. KOENIG