(AN Sachs., Nr. 3 vom 15. August 1945, S. 13)
Der Krieg ist der gewaltigste Zerstörer alles Geschaffenen und Erworbenen. Totaler Krieg ist mit totaler Niederlage die restlose Vernichtung aller Werte. Als das deutsche Volk es zuließ, daß Adolf Hitler und seine imperialistischen Auftraggeber die Welt in den totalen Krieg stürzten, und ihm half, den Wahnsinnnskampf bis zum bitteren Ende durchzuführen, setzte es sein gesamtes Volksvermögen aufs Spiel.
Die gesamte Finanzierung des Krieges war ein einziger Betrug am Volke. Mit allen nur denkbaren Schwindelmanövern, wie dem Winterhilfswerk, dem Eisernen Sparen, der Volksauto-Finanzierung, lockte man die Groschen aus den Taschen der Schaffenden, um damit Kanonen und Bomber zu finanzieren. Nach vielen Milliarden zählten die Werte, die die unersättlichen Räuber Hitler, Göring, Himmler, Goebbels, Rosenberg und Konsorten an Gemälden, Gold, Juwelen, Devisen und Aktien-Paketen ins Ausland verschoben, während das Volk seine letzten Pfennige für die Finanzierung des Krieges hergab.
Der größte Betrug war die Beraubung aller Geldinstitute, der Banken, Versicherungsgesellschaften und auch der Sparkassen. Auf dem Wege über die Reichsbank wurden alle Guthaben in Kanonen, Panzer, Stukas und U-Boote verwandelt.
Die Schuldenlast des Reiches ist in ihrer ganzen Größe infolge der Verschleierungsmaßnahmen der nationalsozialistischen Hasardeure noch nicht zu übersehen. Sie wird 400 Milliarden Reichsmark noch überschreiten. Das ist mehr als das gesamte Volksvermögen. Auf jeden der etwa 20 Millionen deutschen Haushaltsvorstände entfallen 20 000 Reichsmark Schulden. Auf jeden deutschen Einwohner, ob Greis oder Säugling, liegt eine Schuldenlast von mehr als 5000 Mark. Das ist ein Vielfaches aller vorhandenen Guthaben. Was in den Büchern der Geldinstitute an Guthaben steht, sind leere Ziffern, für die kaum ein Pfennig Deckung vorhanden ist. Alle Banken sind in Wahrheit bankerott. Mit ihnen ist alles Geld verloren.
Dem deutschen Volk bleibt nur übrig, den Strich der Schlußbilanz zu ziehen und festzustellen, daß alle Guthaben von den Totalitäts-Kriegsverbrechern restlos geplündert sind.
Diese Tatsache muß vor aller Welt und für alle Zeiten als unantastbare Wahrheit verkündet werden.
Was daraus an gesetzlichen Maßnahmen folgt, ergibt sich zwangsläufig ohne jede Verantwortlichkeit der Verwaltungsbehörden, die das Trümmerfeld übernehmen mußten.
Der Neuaufbau der Wirtschaft erfordert als erste Voraussetzung die Klarstellung unserer finanziellen Lage. Ein erfolgreicher Beginn ist nur möglich auf der Erkenntnis des totalen Bankerotts. Wir alle müssen von vorn anfangen. Erst nach Beseitigung der von den Verderbern des deutschen Volkes herbeiführten Bankerotts kann auf neuer finanzieller Basis die deutsche Friedenswirtschaft aufgebaut werden. Zu diesem Zwecke erläßt die Landesverwaltung Sachsen zur Neuordnung der Finanzen die nachstehende Verordnung mit Gesetzeskraft:
Entsprechend dem Befehl der Sowjetischen Militärischen Administration wird zur Durchführung des Kredit- und Rechnungsverkehrs innerhalb des Bundeslandes Sachsen die Sächsische Landesbank in Dresden nebst Zweigstellen und Zahlstellen in den Städten und Kreisen gebildet. Die Sächsische Landesbank stellt die Bank des Bundeslandes Sachsen dar und arbeitet unter Leitung der Landesverwaltung des Bundeslandes Sachsen.
Auf Befehl der Sowjetischen Militärischen Administration in Deutschland stellen alle bestehenden Banken aller Art sowie die Reichsbankanstalten innerhalb des Bundeslandes Sachsen ihre Tätigkeit ein. Diese Banken sind verpflichtet, unverzüglich eine Bilanz nach dem Stande vom 8. Mai 1945 sowie eine Liquidationsbilanz nach dem Stande des Tages, an dem sie ihre Tätigkeit einstellen, aufzustellen. Diese Bilanzen sind der Sächsischen Landesbank in Dresden zur Prüfung einzureichen.
Die in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum Tage der Liquidierung entstandenen Guthaben in laufender Rechnung und an Einlagen bleiben zur Verfügung der Unternehmer, Firmen und der einzelnen Privatpersonen, soweit sie durch die Aktiven der Bank am Tage der Schließung gedeckt sind, und sind auf die Sächsische Landesbank in Dresden nebst ihren Zweigstellen und Zahlstellen in den Städten und Kreisen zu übertragen. Im Rahmen dieser Guthaben werden der Sächsische Landesbank der Barbestand und andere verwertbare Aktiven, z. B. Forderungen gegen arbeitende Unternehmen und Firmen, übergeben. Die Leitung der geschlossenen Bank hat der Sächsische Landesbank verantwortlich anzuzeigen, in welcher Höhe diese von 8. Mai 1945 ab entstandenen Guthaben voraussichtlich noch erhalten sind. Bei Berechnung der Deckung bleiben Kundenguthaben, soweit sie vor dem 8. Mai 1945 entstanden sind, außer Ansatz.
Alle Geldzeichen, die von der Reichsbank in den Jahren 1924–1942 in Umlauf gesetzt sind, sowie die Rentenbankscheine in Abschnitten von 5, 2 und 1 RM, die Notgeldbanknoten der Sächsischen Staatsbank vom 26. April 1945 und die Geldzeichen der Alliierten Militärbehörde bleiben in vollem Umfang umlauffähig.
Für Sparkassen erfolgt eine besondere Regelung.
Die Verordnung tritt mit ihrer Bekanntmachung in den Amtlichen Nachrichten der Landesverwaltung Sachsen in Kraft.
Ausführungsbestimmungen, insbesondere über die Arbeiten der Sächsischen Landesbank und über ihre Zweiganstalten und Zahlstellen erläßt die Landesverwaltung.
Br.B. I 129/45
Landesverwaltung Sachsen | |
Der Präsident Friedrichs | Finanzen und Steuern Rohner, Vizepräsident |
Für die übrigen Länder und Provinzen der sowjetischen Besatzungszone siehe
(Die Gründung der Landesbank Thüringen als solche erfolgte, ohne dass dazu eine spezielle Rechtsnorm erlassen wurde, auch erfolgte aus diesem Anlass keine Bekanntmachung im RegBl.)
Auch wenn dies in den jeweiligen Rechtsnormen nicht immer genannt wurde, übernahmen die Landes- und Provinzialbanken bis April 1947 (Gründung der Emissions- und Girobanken) auch Aufgaben der geschlossenen Reichsbank, darunter insbesondere die Regelung des Bargeldumlaufs.