Durchführungsbestimmungen
zum SMAD-Befehl Nr. 111/1948
(Prüfung der Sperrkonten)

(ZVOBl., Nr. 31 vom 24. August 1948, S. 360)

  1. Zur Überprüfung des rechtmäßigen Ursprungs der Geldmittel haben alle Kreditinstitute der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands unverzüglich den Steuerämtern Listen der Inhaber von Sperrkonten in drei Exemplaren so rechtzeitig einzureichen, daß die Steuerämter die Überprüfung bis zum 20. August 1948 beenden können.

    Die Listen werden nach folgendem Muster aufgestellt.

    (…)

    Die Listen werden von den Kreditinstituten dem Steueramt eingereicht, das nach dem Wohnort des Kontoinhabers oder nach dem Sitz der Firma (des Unternehmers) zuständig ist.

  2. Zur Bestätigung des Empfangs der Liste bringt das Steueramt auf dem zweiten Exemplar der Liste seine Empfangsbescheinigung an und gibt dieses Exemplar dem Kreditinstitut zurück.

  3. Danach hat das Steueramt die Richtigkeit der Aufstellung der Liste zu prüfen; sollte sich dabei herausstellen, daß einzelne Kontoinhaber nicht der Zuständigkeit des betreffenden Steueramts unterliegen, so hat dieses einen Auszug aus der Gesamtliste nach demselben Muster aufzustellen. Der Auszug wird in zwei Exemplaren ausgefertigt‚ von denen das erste dem zuständigen Steueramt, das zweite dem Kreditinstitut, das die Liste eingereicht hat, mit der Angabe des zuständigen Steueramtes übersandt wird.

  4. Für die Überprüfung stehen dem Steueramt alle Befugnisse zu, über die es im steuerlichen Ermittlungs- und Festsetzungsverfahren gemäß der Reichsabgabenordnung verfügt.

  5. Die Inhaber der Sperrkonten haben den Beweis für die Rechtmäßigkeit des Erwerbs der gutgeschriebenen Beträge zu erbringen.

  6. Die Inhaber der Sperrkonten haben unverzüglich dem zuständigen Steueramt eine schriftliche Erklärung gemäß dem beigefügten Muster einzureichen. Nach dem 15. August 1948 werden Erklärungen nicht mehr angenommen. Wird diese Frist versäumt, so gilt der Betrag des Sperrkontos als nicht rechtmäßig erworben.

    Die Inhaber der Sperrkonten sind durch öffentliche Bekanntmachungen der Finanzministerien auf die Abgabe der schriftlichen Erklärungen, auf die Folgen der Nichtabgabe solcher Erklärungen und auf die Gründe für die Annahme eines nichtrechtmäßigen Ursprungs gesperrter Beträge (gemäß Ziffer 8) hinzuweisen.

  7. Das Steueramt hat die Richtigkeit der Erklärung des Kontoinhabers zu prüfen. Nach seinem Ermessen können auch die Bücher des Kontoinhabers überprüft und Personen, die Auskunft über dessen Geschäftsgebaren und Tätigkeit erteilen können, vernommen werden.

  8. Die gesperrten Beträge gelten als unrechtmäßig erworben, wenn sie unter Verletzung geltender Rechtsvorschriften empfangen oder in Besitz gehalten wurden, insbesondere:

    1. wenn von den empfangenen oder in Besitz gehaltenen Beträgen die vorgeschriebenen Steuern nicht entrichtet wurden, z. B. die Einkommensteuer, Körperschaftssteuer, Lohnsteuer, Erbschaft-(Schenkung-)steuer, Vermögensteuer usw.,
    2. wenn der Betrag aus dem Verkauf von Waren oder Vermögen, bei dem gegen bestehende Preisvorschriften verstoßen wurde, aus Spekulation oder aus Schwarzmarktoperationen stammt,
    3. wenn es sich um Gewinne aus Rüstungsgeschäften im Kriege handelt,
    4. wenn die Einnahmen durch Verstoß gegen die Befehle der Besatzungsmacht oder gegen strafrechtliche Vorschriften erzielt wurden, z. B. durch Einfuhr von Bargeld in die sowjetische Besatzungszone,
    5. wenn es sich um Beträge handelt, die Kriegsverbrechern oder faschistischen Verbrechern gehören.

  9. Die Entscheidung über Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit des Erwerbs der auf Sperrkonten stehenden Beträge sowie gegebenenfalls über ihre Konfiskation obliegt einer bei jeden Steueramt zu bildenden Kommission, die aus folgenden ständigen Mitgliedern besteht:

    1. dem Leiter des Steueramtes als Vorsitzenden,
    2. einem Vertreter der Preisbehörde, der vom Landrat oder Oberbürgermeister ernannt wird,
    3. einem Vertreter der Polizeibehörde, der vom Innenminister des Landes ernannt wird,
    4. einem Vertreter des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes, der vom Landesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes ernannt wird.

  10. Als nichtständige Mitglieder gehören der Kommission Vertreter derjenigen Wirtschaftszweige an, denen die betreffenden Kontoinhaber zuzurechnen sind, und zwar:

    1. bei Bauern ‒ ein vom Landessekretariat der gegenseitigen Bauernhilfe zu ernennender Vertreter der gegenseitigen Bauernhilfe,
    2. für Lohnsteuerpflichtige oder Angehörige freier Berufe ‒ ein weiterer Vertreter des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes, der von dem Vorstand der betreffenden Industriegewerkschaft des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes ernannt wird,
    3. für Industrie- und Handelsunternehmen ‒ ein vom Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu ernennender Vertreter der Industrie- und Handelskammer,
    4. für Handwerker ‒ ein vom Präsidenten der Handwerkskammer zu ernennender Vertreter der Handwerkskammer.

    Jedes Kommissionsmitglied hat einen Vertreter.

  11. Sollte es zur Beschlußfassung notwendig sein, kann die Kommission die mündliche Erklärung des Kontoinhabers oder seines Vertreters entgegennehmen.

  12. Die Kommission fasst ihren Beschluß mit einfacher Stimmenmehrheit und legt ihn in Form eines Protokolls nieder, dem die Erklärung nach Muster und andere Belege beigefügt werden.

  13. Die Beschlüsse der Kommission werden von jedem Kommissionsmitglied unterzeichnet. Die Vorschriften der §§ 22 und 412 der Reichsabgabenordnung über das Steuergeheimnis sind für alle Kommissionsmitglieder verpflichtend.

    Das Steueramt stellt jedem Kontoinhaber einen schriftlichen Bescheid zu mit Angabe

    1. des Betrages, der als unrechtmäßig erworben gilt und deshalb konfisziert wird,
    2. des als rechtmäßig erworben gehenden Betrages.

    Eine Zweitschrift des Beschlusses sendet die Kommission an das Kreditinstitut, das das betreffende Konto führt.

    Sollte die Prüfung ergeben, daß ein Steuerbetrag verkürzt wurde, so ist die Steuerfeststellung zu berichtigen und ein Steuerstrafverfahren gemäß den bestehenden Vorschriften gesondert durchzuführen.

  14. Die Überprüfung der Sperrkonten ist spätestens am 20. August 1948 abzuschließen.

Berlin, den 30. Juli 1948

Prof. Dr. Kastner
Stellv. Vorsitzender
Meyer
Leiter d. Hauptverwaltung Finanzen
der Deutschen Wirtschaftskommission für die sowjetische Besatzungszone