Zweiundzwanzigstes Gesetz
über die Anwendung von Bundesgesetzen über Abkommen der Bundesrepublik Deutschland.

Vom 22. Mai 1957.
(GVBl., Nr. 29 vom 31. Mai 1957, S. 515

‒ Auszug ‒

Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel I

Nachstehende Gesetze über ein Abkommen der Bundesrepublik Deutschland findet in Berlin Anwendung:

  1. das Gesetz über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage vom 22. Dezember 1956 (BGBl. 11 S. 1587)

    mit Wirkung vom 25. Dezember 1956;

Artikel II

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft

Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.

Der Regierende Bürgermeister

Otto Suhr

Gesetz
über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage.

Vom 22. Dezember 1956.
(BGBl. II, Nr. 36 vom 24. Dezember 1956, S. 1587)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Dem in Luxemburg am 27. Oktober 1956 unterzeichneten Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage nebst seinen Anlagen und den beigefügten Briefen wird zugestimmt. Der Vertrag nebst Anlagen und Briefen wird nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2

Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt.

Artikel 3

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Der Tag, an dem der Vertrag nebst seinen Anlagen und den beigefügten Briefen nach seinem Artikel 97 in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.

Bonn/Lörrach, den 22. Dezember 1956.

Der Bundespräsident
Theodor Heuss

Der Bundeskanzler
Adenauer

Der Bundesminister des Auswärtigen
von Brentano

Der Bundesminister des Innern
Dr. Schröder

Der Bundesminister der Justiz
von Merkatz

Der Bundesminister der Finanzen
Schäffer

Der Bundesminister für Wirtschaft
Ludwig Erhard

Vertrag
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage.

‒ Auszug ‒

Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland

und

der Präsident der Französischen Republik

entschlossen, die Saarfrage als Gegenstand zukünftiger Meinungsverschiedenheiten der beiden Staaten auszuschließen,

in dem Bestreben, diese Frage unter Achtung der beiderseitigen Gefühle und Interessen zu regeln und damit zu einer allgemeinen und endgültigen Befriedung beizutragen,

sind übereingekommen, zu diesem Zweck einen Vertrag zu schließen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland

Herrn Dr. Heinrich von Brentano,
Bundesminister des Auswärtigen,

Der Präsident der Französischen Republik

Herrn Christian Pineau,
Minister für Auswärtige Angelegenheiten,

die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten nachstehende Bestimmungen vereinbart haben:

Kapitel I
Politische Bestimmungen

Artikel 1

(1) Frankreich ist damit einverstanden, daß sich der Anwendungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 1. Januar 1957 ab auf das Saarland erstreckt.

(2) Die Anwendung des Grundgesetzes und die Einführung der Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland im Saarland erfolgen von diesem Zeitpunkt ab nach Maßgabe dieses Vertrags, insbesondere vorbehaltlich der Schaffung einer Übergangszeit, während der das Saarland und Frankreich weiterhin ein einheitliches Zoll- und Währungsgebiet entsprechend den Bestimmungen des Kapitels II bilden.

Kapitel II
Wirtschaftliche Übergangszeit

Artikel 3

Die in Artikel 1 vorgesehene Übergangszeit endet spätestens am 31. Dezember 1959. Das genaue Datum der Beendigung dieses Zeitraums wird von den Regierungen der beiden Vertragsstaaten im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt und bekanntgegeben. Während dieser Zeit gelten die Bestimmungen des Kapitels II.

1. Abschnitt
Zoll- und Währungsunion

Artikel 4

(1) Der französische Franken ist das gesetzliche Zahlungsmittel im Saarland.

Artikel 5

(1) Das Saarland gibt Scheidemünzen mit dem gleichen Nennwert wie die französischen Münzen aus. Hinsichtlich der Legierung, des Feingehalts und der Ausstattung (module) müssen die in Umlauf befindlichen saarländischen Münzen den französischen Münzen gleichen. Sie haben im Saarland ebenso wie die französischen Münzen und unter denselben Bedingungen gesetzlichen Kurs und sind gültiges Zahlungsmittel.

Kapitel III
Währungsumstellung

Artikel 55

(1) Die französischen Geldzeichen, die am Ende der Übergangszeit im Saarland gesetzliche Zahlungsmittel sind und sich im Besitz von Personen im Saarland befinden, sind bei den Ablieferungsstellen zum Umtausch in Deutsche Mark anzubieten und in Deutsche Mark umzutauschen. Den Berechtigten wird der volle Gegenwert der abgelieferten Geldzeichen in Deutscher Mark sofort zur Verfügung gestellt; dies gilt nicht, sofern in der Person des Berechtigten der begründete Verdacht besteht, daß die abgelieferten Geldzeichen ganz oder teilweise in Wirklichkeit einer Person zustehen, die nicht umtauschberechtigt im Sinne dieses Absatzes ist. Für den Betrag, der in Deutscher Mark sofort auszuhändigen ist, kann eine Höchstgrenze festgesetzt werden. Der darüber hinausgehende Betrag ist dem Berechtigten auf einem auf seinen Namen lautenden Konto gutzuschreiben, über das sofort verfügt werden kann.

(2) Die auf französische Währung lautenden Guthaben von Personen im Saarland, die am Ende der Übergangszeit bei Banken und gleichartigen Instituten im Saarland bestehen, werden in voller Höhe unverzüglich in Deutsche-Mark-Guthaben umgewandelt; dies gilt nicht, sofern der begründete Verdacht besteht, daß das Guthaben ganz oder teilweise in Wirklichkeit einer Person zusteht, die nicht umwandlungsberechtigt im Sinne dieses Absatzes ist. Ebenso können Guthaben von anderen Personen als Personen im Saarland umgewandelt werden, wenn sie

  1. die Eigenschaft transferabler Guthaben im Sinne der französischen Devisenvorschriften haben oder
  2. am 1. Oktober 1956 bestanden haben, wobei als Guthaben derjenige Betrag gilt, der sich in diesem Zeitpunkt als Guthaben auf dem Konto befunden hat, oder
  3. durch unmittelbare Überweisungen aus der Bundesrepublik Deutschland oder aus dem Liquidationserlös von Anlagen entstanden sind, die am 1. Oktober 1956 im Saarland vorhanden waren.

Die nicht umgewandelten Guthaben bleiben im Saarland gesperrt. Die Inhaber dieser Guthaben können über sie nur durch Überweisung auf eine Bank im Währungsgebiet des französischen Franken verfügen.

(3) Für Geldzeichen, die nicht nach Absatz (1) umgetauscht, oder für Guthaben, die nicht nach Absatz (2) umgewandelt werden, können die Regierungen der beiden Vertragsstaaten im gegenseitigen Einvernehmen in Ausnahmefällen Einzelgenehmigungen zum Umtausch oder zur Umwandlung erteilen.

(4) Die in Absatz (1) und (2) vorgesehenen Umtausch- und Umwandlungsmaßnahmen werden zum amtlichen Kurs der Deutschen Mark und des französischen Franken im Zeitpunkt des Endes der Übergangszeit vorgenommen.

(5) Auf französische Währung lautende, am Ende der Übergangszeit bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Personen im Saarland und Personen im Währungsgebiet des französischen Franken bleiben unbeschadet abweichender, im Rahmen der geltenden Vorschriften zwischen Gläubigern und Schuldnern getroffener Vereinbarungen in französischen Franken bestehen. Dies gilt nicht für Forderungen und Verbindlichkeiten, die im Geschäftsbetrieb der saarländischen Niederlassung einer Person im Währungsgebiet des französischen Franken gegenüber einer Person im Saarland entstanden sind. Im Sinne dieses Absatzes bestehen keine Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Niederlassungen derselben Person.

(6) Die Bestimmungen des Absatzes (5) gelten nicht für Schuldverschreibungen, die von Personen im Saarland ausgegeben worden sind. Sind jedoch diese Schuldverschreibungen öffentlich in Ländern des Währungsgebietes des französischen Franken außerhalb des Saarlandes zum Erwerb angeboten oder an einer Börse dieses Gebietes zum amtlichen Handel zugelassen worden, so können Gläubiger im Währungsgebiet des französischen Franken die vorzeitige Einlösung in französischen Franken vom Schuldner innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt verlangen, zu dem die Vorschrift über die Umstellung der Schuldverhältnisse erlassen worden ist.

(7) Hat eine Person im Währungsgebiet des französischen Franken ein im Saarland gelegenes Grundstück wegen einer auf eine Geldleistung gerichteten Verbindlichkeit zugunsten einer Person im Saarland dinglich belastet, so kann sie in Abweichung von Absatz (5) mit dieser Verbindlichkeit und der für sie bestellten dinglichen Belastung an der Umstellung teilnehmen, sofern sie dies gegenüber ihrem Gläubiger innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem die Vorschrift über die Umstellung der Schuldverhältnisse erlassen worden ist, schriftlich erklärt.

(8) Im Sinne dieses Kapitels sind anzusehen als

  1. Personen im Saarland:
    natürliche Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Saarland haben, juristische Personen oder Personenvereinigungen, die ihren Sitz im Saarland haben für ihre im Saarland befindlichen Haupt- und Zweigniederlassungen, sowie die saarländischen Niederlassungen von natürlichen Personen, juristischen Personen oder Personenvereinigungen mit gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz außerhalb des Saarlandes,
  2. Personen im Währungsgebiet des französischen Franken:
    natürliche Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben, juristische Personen oder Personenvereinigungen, die ihren Sitz im Währungsgebiet des französischen Franken haben für ihre Haupt- und Zweigniederlassungen in diesem Gebiet, sowie die Niederlassungen im Währungsgebiet des französischen Franken von natürlichen Personen, juristischen Personen oder Personenvereinigungen mit gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz außerhalb dieses Gebietes.
Artikel 56

(1) Die französischen Geldzeichen, die aus dem Umlauf im Saarland gezogen werden, werden der Banque de France übergeben.

(2) Ihr Betrag wird für die Abrechnung gemäß Anlage 19 der Bundesrepublik Deutschland gutgeschrieben. Andererseits wird eine Summe von vierzig Milliarden französischen Franken der Französischen Republik für diese Abrechnung gutgeschrieben.

Artikel 57

Die Regierungen der beiden Vertragsstaaten werden rechtzeitig einen Paritätischen Währungsausschuß bilden, dessen Befugnisse in Anlage 18 festgelegt sind.

Artikel 58

(1) Die Bundesrepublik Deutschland garantiert der Französischen Republik die Erstattung der Beträge, die von dieser gemäß Artikel 2 des französischen Gesetzes zur Einführung der französischen Währung im Saarland (Nr. 47-2158 vom 15. November 1947) als Vorschüsse gewährt worden sind. Diese Erstattung erfolgt am Ende der Übergangszeit unter den in Anlage 19 vorgesehenen Bedingungen. Frankreich verzichtet jedoch darauf, den Teil seiner Forderung geltend zu machen, der dem Umtausch der auf Mark lautenden Geldzeichen gegen auf Franken lautende Geldzeichen entspricht.

(2) Die durch den französischen Tresor als Gegenleistung für diese Vorschüsse erworbenen Rechte werden der Bundesrepublik Deutschland übertragen.

Artikel 59

(1) Die Bundesrepublik Deutschland übernimmt die Forderungen aus der von dem französischen Tresor (Fonds für wirtschaftliche und soziale Entwicklung) der Regierung des Saarlandes am 22. Juni 1955 gewährten Anleihe von acht Milliarden französische Franken mit dem Ende der Übergangszeit in der Höhe, in der sie zu diesem Zeitpunkt bestehen.

(2) Die Bundesrepublik übernimmt die Forderungen aus den Darlehen und Vorschüssen, die der französische Tresor den Steinkohlenbergwerken im Saarland zur Finanzierung ihrer Investitionen oder zur Deckung ihres Defizits gewährt hat, soweit sie nicht unter die Beteiligung des Saarlandes am Gegenwert der Marshallplanhilfe fallen, mit dem Ende der Übergangszeit in der Höhe, in der sie zu diesem Zeitpunkt bestehen.

(3) Die Bundesrepublik Deutschland tritt mit dem Übergang der Steinkohlenbergwerke im Saarland auf den neuen Rechtsträger hinsichtlich der Garantieverpflichtungen des französischen Tresors gegenüber den Gläubigern der Steinkohlenbergwerke im Saarland an die Stelle des französischen Tresors.

Artikel 60

Die Forderungen und Verbindlichkeiten im Verhältnis zwischen dem französischen Tresor einerseits und dem saarländischen Tresor und der Bundesrepublik Deutschland andererseits werden nach Maßgabe der Anlage 19 geregelt.

Artikel 61

(1) Die Transfergarantien, die vor dem Ende der Übergangszeit durch französische Behörden Personen gewährt worden sind, die nicht im Währungsgebiet des französischen Franken ansässig sind und die Kapital im Saarland angelegt haben, werden von der Bundesrepublik Deutschland übernommen und erfüllt. Diese Bestimmung umfaßt insbesondere die Transfergarantien, die von der Regierung der Französischen Republik der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl aus Anlaß der Bewilligung von Anleihen der Hohen Behörde Personen im Saarland gewährt worden sind. Nach Inkrafttreten dieses Vertrags werden sich die französischen Behörden mit den Behörden der Bundesrepublik Deutschland in Verbindung setzen, bevor sie neue Transfergarantien erteilen.

(2) Während eines Zeitraums von sechs Monaten, gerechnet vom Ende der Übergangszeit an, werden die zuständigen Behörden den Transfer oder die Ausfuhr aus dem Währungsgebiet des französischen Franken nach dem Saarland und umgekehrt gestatten hinsichtlich des am Ende der Übergangszeit bestehenden Saldos der Guthaben bei Banken und gleichartigen Instituten, des Betrags der am Ende der Übergangszeit bestehenden Forderungen jeder Art, des Veräußerungserlöses für Güter jeder Art, die am Ende der Übergangszeit vorhanden sind, und der Wertpapiere, die am Ende der Übergangszeit vorhanden sind, wenn es sich um Guthaben, Forderungen, Güter oder Wertpapiere im Währungsgebiet des französischen Franken handelt, die Eigentum von Personen im Saarland sind, oder um Guthaben, Forderungen, Güter oder Wertpapiere im Saarland, die Eigentum von Personen im Währungsgebiet des französischen Franken sind. Diese Frist wird für den Transfer des Veräußerungserlöses von unbeweglichem Vermögen auf ein Jahr verlängert. Ist für die Veräußerung bestimmter Güter eine behördliche Genehmigung erforderlich, werden die zuständigen Behörden diese Genehmigung erteilen.

(3) Hinsichtlich der am Ende der Übergangszeit nicht fälligen Forderungen beginnt die in Absatz (2) vorgesehene Frist von sechs Monaten mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit unter der Voraussetzung, daß die Forderungen innerhalb einer Zeit von sechs Monaten nach dem Ende der Übergangszeit bei den zuständigen Behörden des Landes des Schuldners angemeldet werden. Diese Anmeldung ist nicht erforderlich, wenn der Transfer innerhalb von sechs Monaten nach Ende der Übergangszeit erfolgt.

(4) Die Behörden der beiden Vertragsstaaten werden für ihren Zuständigkeitsbereich die Bedingungen festlegen, unter denen der Transfer von Zahlungen für Warenlieferungen genehmigt werden kann, die zwischen dem Saarland und dem Währungsgebiet des französischen Franken vor Ende der Übergangszeit erfolgt, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll bezahlt sind.

(5) Es werden die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um jede Behinderung der Abwicklung von Devisentermingeschäften zu vermeiden, die von Personen im Saarland abgeschlossen worden sind und am Ende der Übergangszeit noch laufen.

Kapitel VIII
Verschiedene Bestimmungen

Artikel 97

Dieser Vertrag nebst seinen Anlagen und den beigefügten Briefen tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft. Findet der Austausch vor dem 1. Januar 1957 statt, so tritt der Vertrag erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft.

ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten Bevollmächtigten diesen Vertrag mit ihren Unterschriften und mit ihren Siegeln versehen.

GESCHEHEN zu Luxemburg am 27. Oktober 1956 in zwei Urschriften, jede in deutscher und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist

Für die
BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
von Brentano

Für die
FRANZÖSISCHE REPUBLIK
Pineau


Anlage 18

Paritätischer Währungsausschuß

Artikel 1

Der in Artikel 57 vorgesehene paritätische Währungsausschuß wird auf den folgenden Gebieten die Durchführungsmaßnahmen treffen:

  1. Festsetzung des genauen Zeitpunktes für Beginn und Ende des Umtausches der Geldzeichen und für die Umbuchung der Bankkonten. Dieser Zeitraum ist so kurz wie möglich zu bemessen.
  2. Festlegung der Anzahl der Umtauschstellen, ihrer örtlichen Verteilung und ihrer Organisation; Bezeichnung dieser Stellen, ihrer Öffnungstage und Schalterstunden. Festlegung des Umtauschverfahrens, insbesondere in bezug auf den zu erbringenden Identitätsnachweis. Überwachung der Umtauschmaßnahmen. In Anwendung von Artikel 55 Absatz (1) und (3) gegebenenfalls Präzisierung des zum Umtausch verpflichteten Personenkreises, der davon ausgeschlossenen Personen und der Personen, die Ausnahmegenehmigungen für den Umtausch in Anspruch nehmen können. Erteilung dieser Genehmigungen. In kürzester Frist zu treffende Ermittlungsmaßnahmen und Entscheidungen, wenn begründeter Verdacht besteht, daß die abgelieferten Geldzeichen ganz oder teilweise Personen zustehen, die nicht umtauschberechtigt sind.
  3. In Anwendung von Artikel 55 Absatz (2) und (3) gegebenenfalls Präzisierung des Personenkreises, dessen Bankguthaben umgestellt werden müssen, der Personen, deren Guthaben nicht umgestellt werden dürfen, und der Personen, die Ausnahmegenehmigungen für die Umstellung in Anspruch nehmen können. Erteilung dieser Genehmigungen. In kürzester Frist zu treffende Ermittlungsmaßnahmen und Entscheidungen, wenn begründeter Verdacht besteht, daß ein Guthaben ganz oder teilweise Personen zusteht, die nicht umwandlungsberechtigt sind.
  4. Anweisungen an die Umtauschstellen und an die Banken auf den in diesem Artikel genannten Gebieten.
Artikel 2

Der Ausschuß wird die Durchführung der Umtausch- und Umbuchungsmaßnahmen auf den in Artikel 1 dieser Anlage genannten Gebieten überwachen oder durch die Notenbanken der beiden Vertragsstaaten überwachen lassen und insbesondere dafür sorgen,

  1. daß die Geldzeichen, die abgegeben werden müssen, tatsächlich abgegeben werden; daß die Personen, die Anspruch auf Umtausch von Geldzeichen und Umwandlung von Bankguthaben haben, tatsächlich in den Genuß dieser Maßnahmen kommen; daß die von diesen Maßnahmen ausgeschlossenen Personen tatsächlich ausgeschlossen werden;
  2. daß die umgetauschten französischen Geldzeichen der Banque de France übergeben werden. Der Ausschuß wird den Betrag dieser Geldzeichen feststellen oder durch die Notenbanken der beiden Vertragsstaaten feststellen lassen.
Artikel 3

Die Regierung eines jeden der Vertragsstaaten kann dem Ausschuß Fragen unterbreiten, von denen sie annimmt, daß sie von diesem im Rahmen seiner Zuständigkeit behandelt werden sollten. Beide Regierungen können im gegenseitigen Einvernehmen dem Ausschuß weitere Aufgaben übertragen, insbesondere die Vorbereitung der Abkommen, die nach ihrer Ansicht auf den in Artikel 1 und 2 vorgesehenen Gebieten abzuschließen sind.

Artikel 4

Der Ausschuß beschließt einstimmig. Kann die Einstimmigkeit nicht erzielt werden, wird die Streitfrage einem von dem Präsidenten des in Artikel 89 des Vertrags geschaffenen Schiedsgericht bezeichneten Schiedsrichter unterbreitet; dies gilt nicht für die in Artikel 55 Absatz (3) des Vertrags genannten Anträge auf Ausnahmegenehmigungen für den Umtausch und die Umwandlung.

Artikel 5

Der Ausschuß kann in Angelegenheiten, die gemäß Artikel 1 bis 3 in seine Zuständigkeit fallen, mit Beschwerden befaßt werden. Wird eine Beschwerde abgewiesen oder kann mangels Einstimmigkeit kein Beschluß gefaßt werden, so kann der Beschwerte das zuständige Gericht oder ein Schiedsgericht anrufen, das sich aus dem Präsidenten des in Artikel 89 des Vertrags geschaffenen Schiedsgerichts als Vorsitzenden und aus zwei weiteren Mitgliedern zusammensetzt, von denen die Regierung eines jeden der Vertragsstaaten eines ernennt.


Anlage 19

Tresorverbindlichkeiten

Artikel 1

(1) Der französische Tresor wird bei Inkrafttreten des Vertrags dem saarländischen Tresor die Darlehen übertragen, die der Regierung des Saarlandes von Frankreich gemäß der von der französischen Regierung am 8. Juli 1953 übernommenen Verpflichtung über die Beteiligung des Saarlandes an den Vergünstigungen auf Grund des Abkommens von 28. Juni 1948 über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika gewährt wurden.

(2) Der französische Tresor wird bei Inkrafttreten des Vertrags dem saarländischen Tresor seine Forderungen aus den Darlehen übertragen, die der saarländischen Universität und den Steinkohlenbergwerken im Saarland von Frankreich gemäß der von der französischen Regierung am 8. Juli 1953 übernommenen Verpflichtung über die Beteiligung des Saarlandes an den Vergünstigungen auf Grund des Abkommens vom 28. Juni 1948 über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika gewährt wurden.

(3) Beträge, die der französische Tresor als Zins- oder Tilgungszahlung für die in Absatz (1) und (2) angeführten Darlehen erhalten hat und die bei Inkrafttreten des Vertrags nicht der Regierung des Saarlandes oder der saarländischen Wirtschaft in Form neuer Darlehen zur Verfügung gestellt wurden, sind dem saarländischen Tresor innerhalb von zwei Monaten nach diesem Zeitpunkt auszuzahlen.

(4) Mit Inkrafttreten des Vertrags werden beim saarländischen Tresor innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Jahres, in dem sie vereinnahmt wurden, die Beträge eingezahlt, die der französische Tresor als Zins- oder Tilgungszahlungen für die Darlehen erhalten hat oder erhalten wird, welche durch die Vermittlung der Caisse Nationale de Crédit Agricole und des Crédit National an andere Anleihenehmer als die Regierung des Saarlandes, die saarländische Universität und die Steinkohlenbergwerke im Saarland gemäß der von der französischen Regierung am 8. Juli 1953 übernommenen Verpflichtung über die Beteiligung des Saarlandes an den Vergünstigungen auf Grund des Abkommens vom 28. Juni 1948 über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika gewährt wurden, sofern sie in diesem Zeitpunkt nicht in Form von neuen Darlehen der saarländischen Wirtschaft zur Verfügung gestellt worden sind.

(5) Die Forderungen aus den in Absatz (4) genannten Darlehen werden von dem dort genannten Zeitpunkt an unter Einschaltung eines im Saarland tätigen Kreditinstituts an die Regierung des Saarlandes übertragen, falls das französische Gläubigerinstitut und der Schuldner damit einverstanden sind.

Artikel 2

Die Forderungen und Verbindlichkeiten aus dem Abrechnungsverkehr zwischen der französischen Postverwaltung und der saarländischen Postverwaltung werden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags festgestellt und nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen beglichen. Die Begleichung des Saldos ist jedoch auf Wunsch der Regierung des Schuldnerlandes während der Übergangszeit bis zur Dauer von 18 Monaten, gerechnet vom Tag des Inkrafttretens des Vertrags an, zu stunden. Die so gestundeten Beträge werden nicht verzinst.

Artikel 3

(1) Die Forderungen im Verhältnis zwischen dem französischen Tresor und dem saarländischen Tresor und die Forderungen im Verhältnis zwischen dem französischen Tresor und der Bundesrepublik ‒ mit Ausnahme der in Artikel 1 und 2 aufgeführten Forderungen ‒ werden zum Ende der Übergangszeit festgestellt. Sie werden innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Frist zum Umtausch der Geldzeichen nach Artikel 1 Unterabsatz (a) der Anlage 18 von Rechts wegen fällig, mit Ausnahme der in Absatz (2) Unterabsatz (g) aufgeführten Forderungen, deren Fälligkeit in Artikel 17 des Vertrags festgelegt ist.

(2) Die im vorstehenden Absatz genannten Forderungen sind im wesentlichen folgende:

  1. die Forderungen aus dem Notenumtausch nach den Bedingungen des Artikels 56 Absatz (2);
  2. die in Artikel 58 angeführten Vorschüsse der französischen Regierung;
  3. die Forderung aus dem von dem französischen Tresor der Regierung des Saarlandes am 22. Juni 1955 gewährten 8-Milliarden-Franken-Darlehen, das die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 59 Absatz (1) als Gläubiger übernimmt;
  4. die Forderungen aus Darlehen und Vorschüssen, die von dem französischen Tresor den Steinkohlenbergwerken im Saarland außerhalb der Beteiligung des Saarlandes am Gegenwert der Marshallplanhilfe gewährt worden sind und welche die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 59 Absatz (2) als Gläubiger übernimmt;
  5. die Vorschüsse, die der französische Tresor auf Grund von Artikel 18 des Vertrags gewährt hat;
  6. die Guthaben des saarländischen Tresors beim französischen Tresor;
  7. die Beträge, die der französische oder saarländische Tresor auf Grund der Aufteilung der gemeinsamen Einnahmen und Ausgaben nach Artikel 16 und 17 des Vertrags schuldet.

(3) Soweit zwischen dem französischen Tresor. und dem saarländischen Tresor andere als die in Absatz (2) aufgeführten Forderungen bestehen, werden sich die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Modalitäten ihrer Begleichung verständigen.

Artikel 4

(1) Die verschiedenen in Artikel 1 Absatz (3) und (4) und Artikel 2 und 3 dieser Anlage angeführten Forderungen werden vom Zeitpunkt ihrer Fälligkeit an mit 5 % verzinst.

(2) Die verschiedenen in Absatz (1) angeführten, mit gleichem Fälligkeitsdatum gegenüberstehenden Forderungen werden gegeneinander verrechnet, der Verrechnungssaldo wird zugunsten des Gläubigerlandes transferiert. Sollte die fristgemäße Erfüllung dieser Verpflichtung der einen oder der anderen Seite besondere Schwierigkeiten bereiten, so werden auf Wunsch der betroffenen Regierung die beiden Regierungen ein Einvernehmen herstellen.

(3) Die Bundesrepublik Deutschland haftet für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des saarländischen Tresors, die sich aus den Bestimmungen dieser Anlage ergeben.


Briefwechsel zu dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage

17

Der Bundesminister
des Auswärtigen

Le MinistreAffaires Étrangères

Luxemburg, den 27. Oktober 1956

le 27 octobre 1956

Seiner Exzellenz
dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten
der Französischen Republik

Herr Minister,

Monsieur le Ministre,

unter Bezugnahme auf Artikel 55 Absatz (4) des heute unterzeichneten Vertrags zur Regelung der Saarfrage beehre ich mich, Ihnen im Namen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland zu bestätigen, daß im Laufe der Verhandlungen Einverständnis über folgendes erzielt worden ist:

Me référant au paragraphe 4 de l'article 55 du Traité sur le règlement de la question sarroise, en date de ce jour, j'ai l'honneur, au nom du Gouvernement de la République Française, de confirmer l'accord intervenu au cours des négociations sur ce qui suit:

Als amtlicher Kurs der Deutschen Mark und des französischen Franken ist die Parität zu verstehen, die sich ergibt durch Vergleich der Parität der Deutschen Mark zum US-Dollar, wie sie dem Internationalen Währungsfonds gegenüber erklärt worden ist, und des entsprechenden Kurses des französischen Franken gegenüber dem US-Dollar, wie er durch den französischen Stabilisierungsfonds angewandt wird.

Par parité officielle du franc et du Deutsche Mark, on entend la parité résultant de la comparaison de la parité du Deutsche Mark contre le dollar des Etats-Unis, déclarée au Fonds Monétaire International, et du cours de référence du franc contre le dollar pratiqué par le Fonds de stabilisation français des changes.

Genehmigen Sie, Herr Minister, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung.

Veuillez agréer, Monsieur le Ministre, les assurances de ma haute considération.

von Brentano

Pineau

A son Excellence
Monsieur le Ministre des Affaires Étrangères
de la République Fédérale d'Allemagne

Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Vertrages
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage.

Vom 3. Januar 1957.
(BGBl. II, Nr. 1 vom 17. Januar 1957, S. 1)

Gemäß Artikel 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 1956 über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage (Bundesgesetzbl. II S. 1587) wird hiermit bekanntgemacht, daß der Vertrag nebst seinen Anlagen und den beigefügten Briefen nach seinem Artikel 97 am 1. Januar 1957 in Kraft getreten ist.

Die Ratifikationsurkunden sind am 31. Dezember 1956 in Luxemburg ausgetauscht worden.

Bonn, den 3. Januar 1957.

Der Bundesminister des Auswärtigen
In Vertretung
Hallstein