Gesetz zu dem Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland

Vom 11. Oktober 1990 (BGBl. II S. 1317)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Dem in Moskau am 12. September 1990 unterzeichneten Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland und der vereinbarten Protokollnotiz zu diesem Vertrag wird zugestimmt. Der Vertrag und die Protokollnotiz werden nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Der Tag, an dem der Vertrag nach seinem Artikel 9 sowie die vereinbarte Protokollnotiz in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt zu bekanntzugeben.


Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet.

Bonn, den 11. Oktober 1990

Der Bundespräsident

W e i z s ä c k e r

Der Bundeskanzler

Dr. Helmut K o h l

Der Bundesminister des Auswärtigen

G e n s c h e r


Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland

Vom 12. September 1990 (BGBl. II S. 1318)

- Auszug -

Die Bundesrepublik Deutschland, die Deutsche Demokratische Republik, die Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Vereinigten Staaten von Amerika -

in dem Bewußtsein, daß ihre Völker seit 1945 miteinander in Frieden leben,

eingedenk der jüngsten historischen Veränderungen in Europa, die es ermöglichen, die Spaltung des Kontinents zu überwinden,

unter Berücksichtigung der Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes und der entsprechenden Vereinbarungen und Beschlüsse der Vier Mächte aus der Kriegs- und Nachkriegszeit,

entschlossen, in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen aus der Charta der Vereinten Nationen freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen,

eingedenk der Prinzipien der in Helsinki unterzeichneten Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa,

in Anerkennung, daß diese Prinzipien feste Grundlagen für den Aufbau einer gerechten und dauerhaften Friedensordnung in Europa geschaffen haben,

entschlossen, die Sicherheitsinteressen eines jeden zu berücksichtigen,

Überzeugt von der Notwendigkeit, Gegensätze endgültig zu überwinden und die Zusammenarbeit in Europa fortzuentwickeln,

in Bekräftigung ihrer Bereitschaft, die Sicherheit zu stärken, insbesondere durch wirksame Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, Abrüstung und Vertrauensbildung; ihrer Bereitschaft, sich gegenseitig nicht als Gegner zu betrachten, sondern auf ein Verhältnis des Vertrauens und der Zusammenarbeit hinzuarbeiten, sowie dementsprechend ihrer Bereitschaft, die Schaffung geeigneter institutioneller Vorkehrungen im Rahmen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa positiv in Betracht zu ziehen,

in Würdigung dessen, daß das deutsche Volk in freier Ausübung des Selbstbestimmungsrechts seinen Willen bekundet hat, die staatliche Einheit Deutschlands herzustellen, um als gleichberechtigtes und souveränes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen,

in der Überzeugung, daß die Vereinigung Deutschlands als Staat mit endgültigen Grenzen ein bedeutsamer Beitrag zu Frieden und Stabilität in Europa ist,

mit dem Ziel, die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland zu vereinbaren,

in Anerkennung dessen, daß dadurch und mit der Vereinigung Deutschlands als einem demokratischen und friedlichen Staat die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes ihre Bedeutung verlieren,

vertreten durch ihre Außenminister, die entsprechend der Erklärung von Ottawa vom 13. Februar 1990 am 5. Mai 1990 in Bonn, am 22. Juni 1990 in Berlin, am 17. Juli 1990 in Paris unter Beteiligung des Außenministers der Republik Polen und am 12. September 1990 in Moskau zusammengetroffen sind -

sind wie folgt übereingekommen:

Artikel 7

(1) Die Französische Republik, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Als Ergebnis werden die entsprechenden, damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken beendet und alle entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.

(2) Das vereinte Deutschland hat demgemäß volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.

Artikel 8

(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation oder Annahme, die so bald wie möglich herbeigeführt werden soll. Die Ratifikation erfolgt auf deutscher Seite durch das vereinte Deutschland. Dieser Vertrag gilt daher für das vereinte Deutschland.

(2) Die Ratifikations- oder Annahmeurkunden werden bei der Regierung des vereinten Deutschland hinterlegt. Diese unterrichtet die Regierungen der anderen Vertragschließenden Seiten von der Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Annahmeurkunde.

Artikel 9

Dieser Vertrag tritt für das vereinte Deutschland, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, die Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika am Tag der Hinterlegung der letzten Ratifikations- oder Annahmeurkunde durch diese Staaten in Kraft.

Artikel 10

Die Urschrift dieses Vertrags, dessen deutscher, englischer, französischer und russischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, wird bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland hinterlegt, die den Regierungen der anderen Vertragschließenden Seiten beglaubigte Ausfertigungen übermittelt.


Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, hierzu gehörig Bevollmächtigten diesen Vertrag unterschrieben.

Geschehen zu Moskau am 12. September 1990

Für die Bundesrepublik Deutschland

Hans-Dietrich G e n s c h e r

Für die Deutschen Demokratischen Republik

Lothar de M a i z i è r e

Für die Französische Republik

Roland D u m a s

Für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken

E. S c h e w a r d n a d s e

Für das Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland

Douglas H u r d

Für die Vereinigten Staaten von Amerika

James B a k e r


Bekanntmachung einer Erklärung der Außenminister Frankreichs, der Sowjetunion, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten im Zusammenhang mit dem in Moskau am 12. September 1990 unterzeichneten Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland

Vom 2. Oktober 1990 (BGBl. II S. 1331)

Im Zusammenhang mit dem in Moskau am 12. September 1990 unterzeichneten Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland haben die Außenminister der Französischen Republik, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika am 1. Oktober 1990 in New York eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, die von den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik durch Unterzeichnung zur Kenntnis genommen wurde. Der deutsche Wortlaut wird nachstehend wiedergegeben:

»

Erklärung zur Aussetzung der Wirksamkeit der Vier-Mächte-Rechte und -Verantwortlichkeiten

Die Regierungen der Französischen Republik, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika,

vertreten durch ihre Außenminister, die am 1. Oktober 1990 in New York zusammengetroffen sind,

unter Berücksichtigung des am 12. September 1990 in Moskau unterzeichneten Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, der die Beendigung ihrer Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes festlegt,

erklären, daß die Wirksamkeit ihrer Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands bis zum Inkrafttreten des Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland ausgesetzt wird. Als Ergebnis werden die Wirksamkeit der entsprechenden, damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken und die Tätigkeit aller entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte ab dem Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands ebenfalls ausgesetzt.

Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch ihren Außenminister, und die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, vertreten durch ihren Minister für Bildung und Wissenschaft, nehmen diese Erklärung zur Kenntnis.

Für die Regierung der Französischen Republik

Roland D u m a s

Für die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken

E. S c h e w a r d n a d s e

Für die Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland

Douglas H u r d

Für die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika

James B a k e r

Für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland

Hans-Dietrich G e n s c h e r

Für die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik

Hans-Joachim M e y e r

«

Bonn, den 2. Oktober 1990

Der Bundesminister des Auswärtigen

In Vertretung
Dr. S u d h o f f


Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland

Vom 15. März 1991 (BGBl. II S. 587)

Nach Artikel 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 11. Oktober 1990 zu dem Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland (BGBI. 1990 II S. 1317) wird bekanntgemacht, daß der Vertrag nach seinem Artikel 9 sowie die vereinbarte Protokollnotiz zu diesem Vertrag

am 15. März 1991

für Deutschland
und die folgenden Staaten in Kraft getreten sind:

Frankreich

Sowjetunion

Vereinigte Staaten

Vereinigtes Königreich.

Hinterlegt wurden die Ratifikationsurkunden vom vereinten Deutschland am 13. Oktober 1990, von den Vereinigten Staaten am 25. Oktober 1990, von dem Vereinigten Königreich am 16. November 1990, von Frankreich am 4. Februar 1991 und von der Sowjetunion am 15. März 1991.


Bonn, den 15. März 1991

Der Bundesminister des Auswärtigen

In Vertretung
Dr. L a u t e n s c h l a g e r