Betrifft: Erklärung über die Grundsätze der Beziehungen der Stadt Groß-Berlin zu der Alliierten Kommandantur
Unter dem ausschließlichen Vorbehalt der in der vorliegenden Erklärung vorgesehenen Einschränkungen hat Berlin gemäß der am 29. August 1950 von der Alliierten Kommandatura bestätigten Verfassung von Berlin vom Jahre 1950 volle gesetzgebende, vollziehende und richterliche Gewalt.
Um die Verwirklichung der grunndlegenden Ziele der Besetzung sicherzustellen, bleibt auf den folgenden Gebieten die Machtgewalt der Alliierten Kommandantur ausdrücklich vorbehalten einschließlich des Rechts, seitens der Besetzungsbehörden benötigte Auskünfte und statistische Angaben anzufordern und zu überprüfen.
(a) | Die Abrüstung und Entmilitarisierung einschließlich der dazu in Beziehung stehenden Gebiete der wissenschaftlichen Forschung, Verbote und Beschränkungen der Industrie und der Zivilluftfahrt; |
(b) | Restitutionen, Reparationen, Dekartellisierung, Entflechtung, die ausländischen Interessen in Berlin und Ansprüche gegen die Stadt Berlin und deren Einwohner; |
(c) | Beziehungen zu ausländischen Behörden; jedoch wird die Machtgewalt auf diesem Gebiet in einer Weise ausgeübt werden, die den Berliner Behörden gestattet, durch geeignete Maßnahmen die Vertretung der Interessen Berlins zu gewährlelsten; |
(d) | Verschleppte Personen und die Aufnahme von Flüchtlingen; |
(e) | der Schutz, das Prestige und die Sicherheit der Alliierten Streitkräfte, Angehörigen, Angestellten und Vertreter, ihre Immunitäten und die Auferlegung der Besetzungskoston und Zufriedenstellung ihrer sonstigen Bedürfnisse; |
(f) | Beachtung der Verfassung von Berlin vom Jahre 1950, die am 29. August 1950 von der Alliierten Kommandatura bestätigt wurde; |
(g) | die Überwachung des Außenhandels, des Devisenverkehrs und des Handels zwischen Berlin und den westlichen Zonen Deutschlands; die Überwachung der Geld- und Steuerpolitik, jedoch nur insoweit diese Politik ernsthafte Folgen für die auswärtige Hilfe hat, die Berlin benötigt; |
(h) | [aufgehoben] |
(i) | die Überwachung der Pflege und der Behandlung von den vor Gerichten der Besetzungsmächte oder -behörden angeklagten oder von denselben verurteilten Personen in deutschen Gefängnissen, die Überwachung der Vollstreckung der über solche Personen verhängten Urteile und über Fragen der Amnestie, Begnadigung oder Freilassung in bezug auf diese Personen; |
(j) | Befehlsbefugnis über die Berliner Polizei, insoweit dieselbe zur Gewährleistung der Sicherheit Berlins notwendig ist; |
(k) | [aufgehoben] |
(l) | [aufgehoben] |
(m) | [aufgehoben] |
(a) | Es ist die Hoffnung und Erwartung der Kommandanten, daß die Besetzungsbehörden keinen Anlaß haben werden, in anderen Gebieten als in den oben ausdrücklich vorbehaltenen Maßnahmen zu ergreifen. Die Besetzungsbehörden behalten sich jedoch ganz oder teilweise das Recht vor, volle Machtgewalt wieder auszuüben, wenn sie es zur Sicherheit oder zur Erhaltung der demokratischen Verwaltung oder auf Grund internationaler Verpflichtungen ihrer Regierungen für unerläßlich erachten. Sie werden vorher die zuständigen Berliner Behörden von ihrer Entscheidung nebst deren Begründung offiziell in Kenntnis setzen; |
(b) | Angesichts der in Berlin bestehenden besonderen Umstände behalten sich die Besetzungsbehörden ferner das Recht vor, im Notfalle einzugreifen und Befehle zu erlassen, um die Sicherheit, Ruhe und finanzielle und wirtschaftliche Stabilität der Stadt aufrechtzuerhalten. |
Die Stadt Berlin ist befugt, auf den sonst der Alliierten Kommandantur vorbehaltenen Gebieten, nach ordnungsmäßiger Verständigung der Alliierten Kommandantur, gesetzliche Bestimmungen zu erlassen und Handlungen vorzunehmen, es sei denn, daß die Alliierte Kommandantur ausdrücklich anderweitig bestimmt oder solche gesetzliche Bestimmungen oder Handlungen mit Entscheidungen bzw. Handlungen der Besetzungsbehörden nicht im Einklang stehen.
Jede Abänderung der Verfassung von Berlin oder jede neue Verfassung Berlins bedarf vor ihrem Inkrafttreten der ausdrücklichen Bestätigung der Alliierten Kommandatura. Alle sonstigen Rechtsvorschriften treten ohne vorherige Prüfung seitens der Alliierten Kommandatura in Kraft, können jedoch von ihr aufgehoben oder für nichtig erklärt werden. Die Alliierte Kommandatura wird eine Rechtsvorschrift nur dann aufheben oder für nichtig erklären, wenn sie ihrer Ansicht nach unvereinbar mit der vorliegenden abgeänderten Erklärung über die Grundsätze ist oder wenn sie sich nicht mit den Rechtsvorschriften oder Entscheidungen der Besetzungsbehörden vereinbaren läßt oder wenn sie eine schwere Bedrohung der grundsätzlichen Ziele der Besetzung darstellt.
Die Besetzungsbehörden bürgen dafür, vorbehaltlich der Erfordernisse ihrer Sicherheit, daß alle Stellen der Besetzungsbehörden die bürgerlichen Rechte jeder Person auf Schutz vor willkürlicher Verhaftung, Durchsuchung oder Beschlagnahme, auf Vertretung durch einen Anwalt, auf Berufung nach Maßgabe der Umstände, auf Verbindung mit Angehörigen und auf gerechtes und zeitiges Gerichtsverfahren achten werden.
Alle Rechtsvorschriften der Besetzungsbehörden bleiben so lange in Kraft, bis sie von der Alliierten Kommandatura oder dem betreffenden Sektorkommandanten entweder aufgehoben oder abgeändert worden sind. Soweit Rechtsvorschriften der Alliierten Kommandatura oder der Sektorkommandanten sich nicht auf die vorbehaltenen Befugnisse stützen, werden sie auf Verlangen der zuständigen Berliner Behörden aufgehoben.