Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1)
Zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 31. 7. 1970 (BGBl. I S. 1161)
Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rhein
in öffentlicher Sitzung festgestellt, daß das am 8. Mai des
Jahres 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossene Grundgesetz
für die Bundesrepublik Deutschland in der Woche vom 16. bis
22. Mai 1949 durch die Volksvertretungen von mehr als zwei
Dritteln der beteiligten deutschen Länder angenommen worden ist.
Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische
Rat, vertreten durch seine Präsidenten, das Grundgesetz
ausgefertigt und verkündet.
Das Grundgesetz wird hiermit gemäß Artikel 145 Absatz 3
im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den
Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche
Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in
einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen,
hat das Deutsche Volk in den Ländern Baden, Bayern, Bremen,
Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden
und Württemberg-Hohenzollern, um dem staatlichen
Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben,
kraft seiner verfassunggebenden Gewalt dieses Grundgesetz
der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Es hat auch für jene Deutsche gehandelt, denen mitzuwirken versagt
war.
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in
freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands
zu vollenden.
I
Die Grundrechte
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten
und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu
unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als
Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der
Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung,
vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar
geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und
nicht gegen die verfassungsmaßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese
Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetze gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit
des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind
unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst
mit der Waffe gezwungen werden. Das Nahere regelt ein
Bundesgesetz.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein
zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die
Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch
Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet
nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften
der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum
Schutze derJugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur
Verfassung.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze
der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche
Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen
Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt
werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen
oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen
drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge
der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung
die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische
Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen
wie den ehelichen Kindern.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des
Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die
Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen
mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches
Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird
der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen
der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf
gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht
zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird
gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen
bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen
den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
die privaten Schulen in Ihren Lehrzielen und Einrichtungen
sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte
nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine
Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der
Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen,
wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der
Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die
Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse
anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten,
wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche
Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung
oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses
Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt
werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit
den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der
Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits-
und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden,
ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern
suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind
rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12 a, 35 Absatz 2
und 3, Artikel 87 a Absatz 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht
gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und
Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von
Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und
Femmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes
angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze
der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des
Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes,
so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen
nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges
die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte
Organe und Hilfsorgane tritt.
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz und nur für die
Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende
Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit
daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen
es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand
oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des
Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von
Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren
Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor
Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen,
erforderlich ist.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz
und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung
kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt
werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen
werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen,
für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten
Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Manner können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr
an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz
oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der
Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet
werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des
Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein
Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht
beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes
vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit
den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1
oder 2 herangezogen sind, können im Verteidigungsfalle
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen
Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich
des Schutzes der Zivil bevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet
werden; Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche
Dienstverhaltnisse sind nur zur Wahrnehmung polizeilicher
Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhaltnis erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse
nach Satz 1 können bei den Streitkräften, im
Bereich ihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen Verwaltung
begründet werden; Verpflichtungen in Arbeitsverhältnisse
im Bereiche der Versorgung der Zivilbevölkerung
sind nur zulässig, um ihren Iebensnotwendigen Bedarf zu
decken oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen
Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in
der ortsfesten militarischen Lazarettorganisation nicht auf
freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen
vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten
Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden.
Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen
nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels
80 a Absatz 1 begründet werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen
nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder
Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen
zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung.
(6) Kann Im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften
für die in Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf
freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so kann zur
Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die
Ausübung eines Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben,
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschrdnkt
werden. Vor Eintrift des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5
Satz 1 entsprechend.
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei
Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen
anderen Organe angeordnet und nur in der dort
vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur
zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr
für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur
Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot,
zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze
gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet
Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem
Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit
zulassig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschadigung
regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung
der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.
Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfall
der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel
können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz,
das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in
Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft
überführt werden. Für die Entschädigung gilt
Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
(1) Die Deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen
werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf
Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen
nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht
staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft
mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden
an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu
wenden.
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können
bestimmen, daß für die Angehörigen der Streitkräfte und des
Ersatzdienstes während der Zeit des Wehr- oder
Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Absatz 1
Satz 1 erster Halbsatz), das Grundrecht der
Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel 17),
soweit es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden in
Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt
werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des
Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, können bestimmen,
daß die Grundrechte der Freizügigkeit (Artikel 11) und der
Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt
werden.
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die
Pressefreiheit (Artikel 5 Absatz 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5
Absatz 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit
(Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis
(Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das
Asylrecht (Artikel 16 Absatz 2) zum Kampfe gegen die freiheitliche
demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt
diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß
werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschrdnkt
werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für
den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht
unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische
Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar
sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen
Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine
andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche
Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
II
Der Bund und die Länder
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer
und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom
Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere
Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und
der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung,
die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind
an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu
beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand,
wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung
des Volks mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung
muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen
über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel öffentlich
Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten
ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche
demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu
beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland
zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage
der Verfassungswidrigkeit entscheidet das
Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder
Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,
Schleswig-Holstein, Würftemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern.
In anderen Teilen Deutschlands ist es nach
deren Beitritt in Kraft zu setzen.
(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf
zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem
System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er
wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte
einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in
Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen
und sichern.
(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird
der Bund Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende,
obligatorische, internationale Schiedsgerichtsbarkeit
beitreten.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil
des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen
Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner
des Bundesgebietes.
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht
vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der
Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter
Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit
Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert
und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein
Bundesgesetz.
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche
Handelsflotte.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß
den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und
sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen.
In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk
eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren,
freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist.
In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft
die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein,
alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Im Rahmen
der Gesetze In eigener Verantwortung zu regeln. Auch die
Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen
Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht
der Selbstverwaltung.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmaßige
Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen
der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Das Bundesgebiet ist unter Berücksichtigung der landsmannschaftlichen
Verbundenheit, der geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge,
der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und des sozialen Gefüges
durch Bundesgesetz neu zu gliedern. Die Neugliederung soll
Länder schaffen, die nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden
Aufgaben wirksam erfüllen können.
(2) In Gebietsteilen, die bei der Neubildung der Länder nach dem
8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit geändert
haben, kann binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Grundgesetzes
durch Volksbegehren eine bestimmte Änderung der über die Landeszugehörigkeit
getroffenen Entscheidung gefordert werden. Das Volksbegehren
bedarf der Zustimmung eines Zehntels der zu den Landtagen
wahlberechtigten Bevölkerung.
(3) Ist ein Volksbegehren nach Absatz 2 zustande gekommen, so ist
in dem betreffenden Gebietstejl bis zum 31. März 1975, im Gebietsteil
Baden des Landes Baden-Württemberg bis zum 30. juni1970 ein Volksentscheid
über die Frage durchzuführen, ob die angestrebte Änderung
vorgenommen werden oder die bisherige Landeszugehörigkeit bestehen
bleiben soll. Stimmt eine Mehrheit, die mindestens ein Viertel der zum
Landtag wahlberechtigten Bevölkerung umfaßt, der Änderung zu, so
ist die Landeszugehörigkeit des betreffenden Gebietsteiles durch Bundesgesetz
innerhalb eines Jahres nach Durchführung des Volksentscheides
zu regeln. Wird innerhalb desselben Landes in mehreren Gebietsteilen
eine Änderung der Landeszugehörigkeit verlangt, so sind die erforderlichen
Regelungen in einem Gesetz zusammenzufassen.
(4) Dem Bundesgesetz ist das Ergebnis des Volksentscheides zugrunde
zu legen es darf von ihm nur abweichen, soweit dies zur Erreichung
der Ziele der Neugliederung nach Absatz 1 erforderlich ist. Das Gesetz
bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
Sieht das Gesetz die Änderung der Landeszugehörigkeit eines Gebietsteiles
vor, die nicht durch Volksentscheid verlangt worden ist, so bedarf
es der Annahme durch Volksentscheid in dem gesamten Gebiet, dessen
Landeszugehörigkeit geändert werden soll; dies gilt nicht, soweit bei
Ausgliederung von Gebietsteilen aus einem bestehenden Land die verbleibenden
Gebietsteile als selbständiges Land fortbestehen sollen.
(5) Nach Annahme eines Bundesgesetzes über die Neugliederung des
Bundesgebietes außerhalb des Verfahrens nach den Absätzen 2 bis 4
ist in iedem Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll,
der Teil des Gesetzes, der dieses Gebiet betrifft, zum Volksentscheide zu
bringen. Soweit das Gesetz mindestens in einem Gebietsteil abgelehnt wird,
ist es erneut bei dem Bundestage einzubringen. Nach erneuter Verabschiedung
bedarf es insoweit der Annahme durch Volksentscheid im
gesamten Bundesgebiet.
(6) Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen
Stimmen; Absatz 3 bleibt unberührt. Das Verfahren regelt ein
Bundesgesetz. Die Neugliederung soll, falls sie als Folge des Beitrittes
eines anderen Teiles von Deutschland notwendig wird, innerhalb von
zwei Jahren nach dem Beitritt geregelt sein.
(7) Das Verfahren über jede sonstige Änderung des Gebietsbestandes
der Länder regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf.
Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung
der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit
dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder
zuläßt.
Bundesrecht bricht Landesrecht.
(1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten
ist Sache des Bundes.
(2) Vor dem Abschluß eines Vertrages, der die besonderen
Verhältnisse eines Landes berührt, ist das Land rechtzeitig
zu hören.
(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig
sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung mit
auswärtigen Staaten Verträge abschließen.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen
Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung
und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher
Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im
öffentlichen Dienst erworbenen Rechte sind unabhängig von
dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit
oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnis
oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als
ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen
Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen
Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung
der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten
öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende
Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich
den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er
steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der
Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadenersatz
und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht
ausgeschlossen werden.
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich
gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.
(2) Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei
einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land
Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer
Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und
der Streitkräfte anfordern.
(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall
das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung,
soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich
ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte
anderer Länder zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten
des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur
Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der
Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen
des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung
der Gefahr aufzuheben.
(1) Bei den obersten Bundesbehörden sind Beamte aus
allen Ländern in angemessenem Verhältnis zu verwenden.
Die bei den übrigen Bundesbehörden beschäftigten
Personen sollen in der Regel aus dem Lande genommen
werden, in dem sie tätig sind.
(2) Die Wehrgesetze haben auch die Gliederung des
Bundes in Länder und ihre besonderen
landsmannschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.
(1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetz oder
einem anderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten
nicht erfüllt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates die notwendigen Maßnahmen treffen, um das
Land im Wege des Bundeszwanges zur Erfüllung seiner
Pflichten anzuhalten.
(2) Zur Durchführung des Bundeszwanges hat die Bundesregierung
oder ihr Beauftragter das Weisungsrecht gegenüber
allen Ländern und ihren Behörden.
III
Der Bundestag
(1) Die Abgeordneten des deutschen Bundestages werden
in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer
Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an
Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem
Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr
vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit
dem die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
(1) Der Bundestag wird auf vier Jahre gewählt.
Seine Wahlperiode endet vier Jahre nach dem ersten Zusammentritt
oder mit seiner Auflösung. Die Neuwahl findet im letzten
Vierteljahr der Wahlperiode statt, im Falle der Auflösung spätestens
nach sechzig Tagen.
(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage
nach der Wahl, jedoch nicht vor dem Ende der Wahlperiode des
letzten Bundestages zusammen.
(3) Der Bundestag bestimmt den Schluß und den Wiederbeginn
seiner Sitzungen Der Präsident des Bundestages
kann ihn früher einberufer. Er ist hierzu verpflichtet, wenn
ein Drittel der Mitglieder, der Bundespräsident oder der
Bundeskanzler es verlangen.
(1) Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter
und die Schriftführer. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
(2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt
im Gebäude des Bundestages aus. Ohne seine Genehmigung
darf in den Räumen des Bundestages keine Durchsuchung
oder Beschlagnahme stattfinden.
(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet
auch, ob ein Abgeordneter des Bundestages die
Mitgliedschaft verloren hat.
(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde
an das Bundesverfassungsgericht zulässig.
(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Der Bundestag verhandelt öffentlich. Auf Antrag eines
Zehntels seiner Mitglieder oder auf Antrag der Bundesregierung
kann mit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit
ausgeschlossen werden. Über den Antrag wird in nichtöffentlicher
Sitzung entschieden.
(2) Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die Mehrheit
der abgegebenen Stimmen erforderlich, soweit dieses
Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Für die vom Bundestage
vorzunehmenden Wahlen kann die Geschäftsordnung
Ausnahmen zulassen.
(3) Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen
des Bundestages und seiner Ausschüsse bleiben von
jeder Verantwortlichkeit frei.
(1) Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheit
jedes Mitgliedes der Bundesregierung verlangen.
(2) Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung
sowie ihre Beauftragten haben zu allen Sitzungen
des Bundestages und seiner Ausschüsse Zutritt. Sie müssen
jederzeit gehört werden.
(1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines
Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungs
ausschuß einzusetzen, der in öffentlicher Verhandlung die
erforderlichen Beweise erhebt. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen
werden.
(2) Auf Beweiserhebungen finden die Vorschriften über
den Strafprozeß sinngemäß Anwendung. Das Brief-, Post-
und Fernmeldegeheimnis bleibt unberührt.
(3) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts-
und Amtshilfe verpflichtet.
(4) Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der
richterlichen Erörterung entzogen. In der Würdigung und
Beurteilung des der Untersuchung zugrundeliegenden Sachverhaltes
sind die Gerichte frei.
(1) Der Bundestag bestellt einen ständigen Ausschuß, der die Rechte
des Bundestages gegenüber der Bundesregierung zwischen zwei Wahlperioden
zu wahren hat. Der ständige Ausschuß hat auch die Rechte
eines Untersuchungsausschusses.
(2) Weitergehende Befugnisse, insbesondere das Recht der Gesetzgebung,
der Wahl des Bundeskanzlers und der Anklage des Bundespräsidenten
stehen dem ständigen Ausschuß nicht zu.
(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für auswärtige
Angelegenheiten und einen Ausschuß für Verteidigung. Die beiden
Ausschüsse werden auch zwischen zwei Wahlperioden tätig.
(2) Der Ausschuß für Verteidigung hat auch die Rechte
eines Untersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels
seiner Mitglieder hat er die Pflicht. eine Angelegenheit zum
Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.
(3) Artikel 44, Absatz 1 findet auf dem Gebiet der
Verteidigung keine Anwendung.
Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages
bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen.
Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner
Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage
oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich
oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages
zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht
für verleumderische Beleidigungen.
(2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein
Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages zur
Verantwortung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn,
daß er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden
Tages festgenommen wird.
(3) Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder
anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten
oder zur Einleitung eines Verfahrens gegen einen
Abgeordneten gemäß Artikel 18 erforderlich.
(4) Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren gemäß Artikel
18 gegen einen Abgeordneten, jede Haft und jede sonstige
Beschränkung seiner persönlichen Freiheit sind auf
Verlangen des Bundestages auszusetzen.
Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die
ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie
in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie
über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Soweit
dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme
von Schriftstücken unzulässig.
(1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat
Anspruch auf den zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen
Urlaub.
(2) Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten
zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung
oder Entlassung aus diesem Grunde ist unzulässig.
(3) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene,
ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädig ung.
Sie haben das Recht der freien Benutzung aller staatlichen
Verkehrsmittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Für die Mitglieder des Präsidiums, des ständigen Ausschusses, des
Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Ausschusses für
Verteidigung sowie für deren erste Stellvertreter gelten die Artikel 46, 47
und die Absätze 2 und 3 des Artikels 48 auch für die Zeit zwischen zwei
Wahlperioden.
IV
Der Bundesrat
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung
und Verwaltung des Bundes mit.
(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen
der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können
durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.
(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen. Länder mit
mehr als zwei Millionen Einwohner haben vier, Länder mit
mehr als sechs Millionen Einwohner fünf Stimmen.
(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es
Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich
und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.
(1) Der Bundesrat wählt seinen Präsidenten auf ein Jahr.
(2) Der Präsident beruft den Bundesrat ein. Er hat ihn
einzuberufen, wenn die Vertreter von mindestens zwei Ländern
oder die Bundesregierung es verlangen.
(3) Der Bundesrat faßt seine Beschlüsse mit mindestens
der Mehrheit seiner Stimmen. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
Er verhandelt öffentlich. Die Öffentlichkeit kann
ausgeschlossen werden.
(4) Den Ausschüssen des Bundesrates können andere Mitglieder
oder Beauftragte der Regierungen der Länder angehören
Die Mitglieder der Bundesregierung haben das Recht und
auf Verlangen die Pflicht, an den Verhandlungen des Bundesrates
und seiner Ausschüsse teilzunehmen. Sie müssen
jederzeit gehört werden. Der Bundesrat ist von der Bundesregierung
über die Führung der Geschäfte auf dem laufenden zu halten.
IVa
Gemeinsamer Ausschuß
(1) Der Gemeinsame Ausschuß besteht zu zwei Dritteln
aus Abgeordneten des Bundestages, zu einem Drittel aus
Mitgliedern des Bundesrates. Die Abgeordneten werden
vom Bundestage entsprechend dem Stärkeverhältnis der
Fraktionen bestimmt; sie dürfen nicht der Bundesregierung
angehören. Jedes Land wird durch ein van ihm bestelltes
Mitglicd des Bundesrates vertreten; diese Mitglieder sind
nicht an Weisungen gebunden. Die Bildung des Gemeinsamen
Ausschusses und sein Verfahren werden durch eine
Geschäftsordnung geregelt, die vom Bundestage zu beschließen
ist und der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuß
über ihre Planungen für den Verteidigungsfall zu
unterrichten. Die Rechte des Bundestages und seiner Ausschüsse
nach Artikel 43 Absatz 1 bleiben unberührt.
V
Der Bundespräsident
(1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der
Bundesversammlung gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche,
der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste
Lebensjahr vollendet hat.
(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre.
Anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig.
(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern
des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern,
die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen
der Verhältniswahl gewählt werden.
(4) Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage
vor Ablauf der Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger
Beendigung spätestens dreißig Tage nach diesem
Zeitpunkt zusammen. Sie wird von dem Präsidenten des
Bundestages einberufen.
(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des
Absatzes 4 Satz 1 mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages.
(6) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder
der Bundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit
in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so
ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten
Stimmen auf sich vereinigt.
(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Der Bundespräsident darf weder der Regierung noch
einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines
Landes angehören.
(2) Der Bundespräsident darf kein anderes besoldetes
Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder
der Leitung noch dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten
Unternehmens angehören.
Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor
den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des
Bundesrates folgenden Eid:
"Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen
Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von
ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes
wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen
und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So
wahr mir Gott helfe."
Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet
werden.
Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle
seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Erledigung des
Amtes durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen.
Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten
bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den
Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister.
Dies gilt nicht für die Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers,
die Auflösung des Bundestages gemäß Artikel 63
und das Ersuchen gemäß Artikel 69 Absatz 3.
(1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich.
Er schließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen
Staaten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.
(2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des
Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung
beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung
der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für
Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die
Bundesverwaltung entsprechend.
(1) Der Bundespräsident ernennt und entläßt die
Bundesrichter, die Bundesbeamten, die Offiziere und Unteroffiziere,
soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(2) Er übt im Einzelfalle für den Bund das Begnadigungsrecht aus.
(3) Er kann diese Befugnisse auf andere Behörden übertragen.
(4) Die Absätze 2 bis 4 des Artikels 46 finden auf den
Bundespräsidenten entsprechende Anwendung.
(1) Der Bundestag oder der Bundesrat können den Bundespräsidenten
wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes
oder eines anderen Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht
anklagen. Der Antrag auf Erhebung
der Anklage muß von mindestens einem Viertel der Mitglieder
des Bundestages oder einem Viertel der Stimmen des
Bundesrates gestellt werden. Der Beschluß auf Erhebung der
Anklage bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder
des Bundestages oder von zwei Dritteln der Stimmen
des Bundesrates. Die Anklage wird von einem Beauftragten
der anklagenden Körperschaft vertreten.
(2) Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß der
Bundespräsident einer vorsätzlichen Verletzung des Grundgesetzes
oder eines anderen Bundesgesetzes schuldig ist,
so kann es ihn des Amtes für verlustig erklären. Durch einstweilige
Anordnung kann es nach der Erhebung der Anklage
bestimmen, daß er an der Ausübung seines Amtes verhindert
ist.
VI
Die Bundesregierung
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und
den Bundesministern.
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten
vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder
des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte
ist vom Bundespräsidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der
Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange
mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler
wählen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande,
so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in
dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhalt. Vereinigt
der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des
Bundestages auf sich, so muß der Bundespräsident ihn binnen
sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der
Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident
binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den
Bundestag aufzulösen.
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers
vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei
der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56
vorgesehenen Eid.
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik
und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien
leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich
selbständig und unter eigener Verantwortung. Über
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet
die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre
Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen
und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.
Der Bundesminister für Verteidigung hat die Befehls-
und Kommandogewalt über die Streitkräfte.
Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein
anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf
ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des
Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten
Unternehmens angehören.
(1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen
nur dadurch aussprechen, daß er mit der Mehrheit
seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten
ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der
Bundespräsident muß dem Ersuchen entsprechen und den
Gewählten ernennen.
(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen achtundvierzig
Stunden liegen.
(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen
auszusprechen. nicht die Zustimmung der Mehrheit
der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident
auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig
Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung
erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder
einen anderen Bundeskanzler wählt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung massen
achtundvierzig Stunden liegen.
(1) Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu
seinem Stellvertreter.
(2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers
endigt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines
neuen Bundestages, das Amt eines Bundesministers auch
mit jeder anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers.
(3) Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist der Bundeskanzler,
auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten
ein Bundesminister verpflichtet, die Geschäfte
bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen.
VII
Die Gesetzgebung des Bundes
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit
dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und
Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes
über die ausschließliche und die konkurrierende
Gesetzgebung.
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes
haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur,
wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich
ermächtigt werden.
(1) Im Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung haben
die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und
soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrechte keinen
Gebrauch macht.
(2) Der Bund hat in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht,
soweit ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung
besteht, weil
1. eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung einzelner
Länder nicht wirksam geregelt werden kann oder
2. die Regelung einer Angelegenheit durch ein Landesgesetz
die Interessen anderer Länder oder der Gesamtheit
beeinträchtigen könnte oder
3. die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit, insbesondere
die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse
über das Gebiet eines Landes hinaus sie erfordert.
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
1. die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung
einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung;
2. die Staatsangehörigkeit im Bunde;
3. die Freizügigkeit, das Paßwesen, die Ein- und Auswanderung
und die Auslieferung;
4. das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte
sowie die Zeitbestimmung;
5. die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels-
und Schiffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs
und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande
einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
6. die Bundeseisenbahnen und den Luftverkehr;
7. das Post- und Fernmeldewesen;
8. die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und
der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen
Rechtes stehenden Personen;
9. den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und
das Verlagsrecht;
10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei
und in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, die Einrichtung
eines Bundeskriminalpolizeiamtes sowie die internationale Verbrechensbekämpfung;
11. die Statistik für Bundeszwecke.
Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht und den Strafvollzug,
die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren,
die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2. das Personenstandswesen;
3. das Vereins- und Versammlungsrecht;
4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5. den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung
in das Ausland;
6. die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7. die öffentliche Fürsorge;
8. die Staatsangehörigkeit in den Ländern;
9. die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10. die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen
und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
1Oa. die Kriegsgräber und die Gräber anderer Opfer
des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft,
Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen,
privatrechtliches Versicherungswesen);
11a. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu
friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von
Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren,
die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch
ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe;
12. das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung,
des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung
einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13. die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung
der wissenschaftlichen Forschung;
14. das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten
der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15. die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen
und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder
in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16. die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17. die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung,
die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr
land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee-
und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18. den Grundstücksverkehr, das Bodenrecht und das
landwirtschaftliche Pachtwesen, das Wohnungswesen, das
Siedlungs- und Heimstättenwesen;
19. die Maßnahmen gegen gemeingefährliche und übertragbare
Krankheiten bei Menschen und Tieren, die Zulassung
zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum
Heilgewerbe, den Verkehr mit Arzneien, Heil- und Betäubungsmitteln und Giften;
19a. die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser
und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20. den Schutz beim Verkehr mit Lebens- und Genußmitteln sowie
Bedarfsgegenständen, mit Futtermitteln, mit land- und forstwirtschaftlichem
Saat- und Pflanzgut und den Schutz der Bäume und Pflanzen gegen
Krankheiten und Schädlinge;
21. die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen,
die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen
und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau
und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr
sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die
Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23. die Schienenbahnen, die nicht Bundeseisenbahnen
sind, mit Ausnahme der Bergbahnen.
(1) Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen
des Artikels 72 Rahmenvorschriften zu erlassen über:
1. die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienste der
Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen
Rechtes stehenden Personen;
1a. die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens;
2. die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse und des
Films;
3. das Jagdwesen, den Naturschutz und die Landschaftspflege;
4. die Bodenverteilung, die Raumordnung und den Wasserhaushalt;
5. das Melde- und Ausweiswesen.
(2) Rahmenvorschriften nach Absatz 1 Nr.1 können mit Zustimmung
des Bundesrates auch einheitliche Maßstäbe für den Aufbau und die Bemessung
der Besoldung einschließlich der Bewertung der Ämter sowie
Mindest- und Höchstbeträge vorsehen. Der Zustimmung des Bundesrates
bedürfen auch Gesetze nach Artikel 73 Nr.8, die von den nach
Satz 1 getroffenen Regelungen abweichen.
(3) Absatz 2 gilt für Rahmenvorschriften nach Artikel 98 Absatz 2 und
Gesetz nach Artikel 98 Absatz 1 entsprechend.
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die
Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder
durch den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem
Bundesrate zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb
von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu
nehmen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie
bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als
besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen
dem Bundestage zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des
Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die
Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang
dem Bundestag nachzureichen.
(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestage durch
die Bundesregierung innerhalb von drei Monaten zuzuleiten.
Sie hat hierbei ihre Auffassung darzulegen.
(1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen.
Sie sind nach ihrer Annahme durch den Präsidenten des
Bundestages unverzüglich dem Bundesrate zuzuleiten.
(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang
des Gesetzbeschlusses verlangen, daß ein aus Mitgliedern
des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame
Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuß einberufen
wird. Die Zusammensetzung und das Verfahren
dieses Ausschusses regelt eine Geschäftsordnung, die vom
Bundestag beschlossen wird und der Zustimmung des
Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuß entsandten Mitglieder
des Bundesrates sind nicht an Weisungen gebunden.
Ist zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates erforderlich,
so können auch der Bundestag und die Bundesregierung
die Einberufung verlangen. Schlägt der Ausschuß
eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der
Bundestag erneut Beschluß zu fassen.
(3) Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates
nicht erforderlich ist, kann der Bundesrat, wenn das
Verfahren nach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom Bundestage
beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch
einlegen. Die Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2
letzter Satz mit dem Eingange des vom Bundestage erneut
gefaßten Beschlusses, in allen anderen Fällen mit dem Eingange
der Mitteilung des Vorsitzenden des in Absatz 2 vorgesehenen
Ausschusses, daß das Verfahren vor dem Ausschusse abgeschlossen ist.
(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen des
Bundesrates beschlossen, so kann er durch Beschluß der
Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen
werden. Hat der Bundesrat den Einspruch mit einer Mehrheit
von mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen,
so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag
einer Mehrheit van zwei Dritteln, mindestens der Mehrheit
der Mitglieder des Bundestages.
Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande,
wenn der Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß
Artikel 77 Absatz 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des
Artikels 77 Absatz 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn
zurücknimmt oder wenn der Einspruch vom Bundestage
überstimmt wird.
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert
werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich
ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die
eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung
oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung
zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der
Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur
Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem
Abschluß und dem lnkraftsetzen der Verträge nicht
entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes,
die sich auf diese Klarstellung beschränkt.
(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei
Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Drifteln
der Stimmen des Bundesrates.
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche
die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche
Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in
den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt
werden, ist unzulässig.
(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein
Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt
werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt,
Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im
Gesetz bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der
Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß
eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf
es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen,
vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung,
Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines
Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung
der Einrichtungen der Bundeseisenbahnen und des Post-
und Fernmeldewesens, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen,
sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen,
die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen
oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als
eigene Angelegenheit ausgeführt werden.
(1) Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz
über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung
bestimmt, daß Rechtsvorschriften nur nach
Maßgabe dieses Artikels angewandt werden dürfen, so ist
die Anwendung außer im Verteidigungsfalle nur zulässig,
wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt
oder wenn er der Anwendung besonders zugestimmt
hat. Die Feststellung des Spannungsfalles und die besondere
Zustimmung in den Fällen des Artikels 12 a Absatz 5 Satz 1 und
Absatz 6 Satz 2 bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der
abgegebenen Stimmen.
(2) Maßnahmen auf Grund von Rechtsvorschriften nach
Absatz 1 sind aufzuheben, wenn der Bundestag es verlangt.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher
Rechtsvorschriften auch auf der Grundlage und nach Maßgabe
eines Beschlusses zulässig, der von einem internationalen
Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages mit Zustimmung
der Bundesregierung gefaßt wird. Maßnahmen
nach diesem Absatz sind autzuheben, wenn der Bundestag
es mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangt.
(1) Wird im Falle des Artikels 68 der Bundestag nicht
aufgelöst, so kann der Bundespräsident auf Antrag der
Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates für eine
Gesetzesvorlage den Gesetzgebungsnotstand erklären, wenn
der Bundestag sie ablehnt, obwohl die Bundesregierung
sie als dringlich bezeichnet hat. Das gleiche gilt, wenn eine
Gesetzesvorlage abgelehnt worden ist, obwohl der Bundeskanzler
mit ihr den Antrag des Artikels 68 verbunden hatte.
(2) Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage nach Erklärung
des Gesetzgebungsnotstandes erneut ab oder
nimmt er sie in einer für die Bundesregierung als
unannehmbar bezeichneten Fassung an, so gilt das Gesetz als zustande
gekommen, soweit der Bundesrat ihm zustimmt. Das gleiche
gilt, wenn die Vorlage vom Bundestage nicht innerhalb von
vier Wochen nach der erneuten Einbringung verabschiedet
wird.
(3) Während der Amtszeit eines Bundeskanzlers kann
auch jede andere vom Bundestage abgelehnte Gesetzesvorlage
innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der
ersten Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes gemäß Absatz
1 und 2 verabschiedet werden. Nach Ablauf der Frist
ist während der Amtszeit des gleichen Bundeskanzlers eine
weitere Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes unzulässig.
(4) Das Grundgesetz darf durch ein Gesetz, das nach
Absatz 2 zustande kommt, weder geändert noch ganz oder
teilweise außer Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden.
(1) Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes
zustandegekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten
nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte
verkündet. Rechtsverordnungen werden von der Stelle,
die sie erläßt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger
gesetzlicher Regelung im Bundesgesetzblatte verkündet.
(2) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag
des Inkrafttretens bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung,
so treten sie mit dem vierzehnten Tage nach Ablauf des
Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben
worden ist.
VIII
Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung
Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit
aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt
oder zuläßt.
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene
Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden
und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze
mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des
Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.
(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus,
daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte
gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem
Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden,
mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung
versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den
nachgeordneten Behörden.
(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der
Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt
hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der
Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das
Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann
das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.
(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das
der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung
von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für
besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer
wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet,
an die obersten Landesbehörden zu richten.
(1) Führen die Länder die Bundesgesetze im Auftrage des
Bundes aus, so bleibt die Einrichtung der Behörden Angelegenheit
der Länder, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung
des Bundesrates etwas anderes bestimmen.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des
Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Sie
kann die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten
regeln. Die Leiter der Mittelbehörden sind mit
ihrem Einvernehmen zu bestellen.
(3) Die Landesbehörden unterstehen den Weisungen
der zuständigen obersten Bundesbehörden. Die Weisungen
sind, außer wenn die Bundesregierung es für
dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu
richten. Der Vollzug der Weisung ist durch die obersten
Landesbehörden sicherzustellen.
(4) Die Bundesaufsicht erstreckt sich auf Gesetzmäßigkeit
und Zweckmäßigkeit der Ausführung. Die Bundesregierung
kann zu diesem Zwecke Bericht und Vorlage der Akten
verlangen und Beauftragte zu allen Behörden entsenden.
Führt der Bund die Gesetze durch bundeseigene
Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften
oder Anstalten des öffentlichen Rechtes aus, so erläßt die
Bundesregierung, soweit nicht das Gesetz Besonderes
vorschreibt, die allgemeinen Verwaltungsvorschriften. Sie
regelt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, die
Einrichtung der Behörden.
(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem
Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die
Bundesfinanzverwaltung, die Bundeseisenbahnen, die
Bundespost und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung
der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz
können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das
polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, zur Sammlung
von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und
für die Kriminalpolizei eingerichtet werden.
(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des
öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen
Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das
Gebiet eines Landes hinaus erstreckt.
(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem
Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden
und neue bundesunmittelbare Körperschaften
und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz
errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für
die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können
bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und
Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der
Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.
(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.
Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation
müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur
eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im
Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und
Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies
zur Erfüllung ihres Verteidig ungsauftrages erforderlich ist.
Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und
im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung
polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die
Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden
zusammen.
(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand
oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des
Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn
die Voraussetzungen des Artikels 91 Absatz 2 vorliegen und
die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen,
Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des
Bundesgrenzschutzes beim Schutz von zivilen Objekten und
bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter
Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften
ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat
es verlangen.
(1) Die Bundeswehrverwaltung wird in bundeseigener
Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt. Sie
dient den Aufgaben des Personalwesens und der
unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte. Aufgaben
der Beschädigtenversorgung und des Bauwesens können der
Bundeswehrverwaltung nur durch Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, übertragen werden. Der
Zustimmung des Bundesrates bedürfen ferner Gesetze,
soweit sie die Bundeswehrverwaltung zu Eingriffen in Rechte
Dritter ermächtigen; das gilt nicht für Gesetze auf dem
Gebiete des Personalwesens.
(2) Im übrigen können Bundesgesetze, die der
Verteidigung einschließlich des Wehrersatzwesens und des Schutzes
der Zivilbevölkerung dienen, mit Zustimmung des
Bundesrates bestimmen, daß sie ganz oder teilweise in
bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau oder
von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt
werden. Werden solche Gesetze von den Ländern im Auftrage
des Bundes ausgeführt, so können sie mit Zustimmung des
Bundesrates bestimmen, daß die der Bundesregierung und
den zuständigen obersten Bundesbehörden auf Grund des
Artikels 85 zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise
Bundesoberbehörden übertragen werden; dabei kann bestimmt
werden, daß diese Behörden beim Erlaß allgemeiner
Verwaltungsvorschriften gemäß Artikel 85 Absatz 2 Satz 1 nicht
der Zustimmung des Bundesrates bedürfen.
Gesetze, die auf Grund des Artikels 74 Nr. 11a ergehen,
können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß
sie von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt
werden.
(1) Die Luftverkehrsverwaltung wird in bundeseigener
Verwaltung geführt.
(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf, können Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung
den Ländern als Auftragsverwaltung überwiesen werden.
Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als
Bundesbank.
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichswasserstraßen.
(2) Der Bund verwaltet die Bundeswasserstraßen durch
eigene Behörden. Er nimmt die über den Bereich eines Landes
hinausgehenden staatlichen Aufgaben der Binnenschiffahrt
und die Aufgaben der Seeschiffahrt wahr, die ihm
durch Gesetz übertragen werden. Er kann die Verwaltung
von Bundeswasserstraßen, soweit sie im Gebiete eines Landes
liegen, diesem Lande auf Antrag als Auftragsverwaltung
übertragen. Berührt eine Wasserstraße das Gebiet mehrerer
Länder, so kann der Bund das Land beauftragen. für das
die beteiligten Länder es beantragen.
(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau
von Wasserstraßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur
und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern
zu wahren.
(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen
Reichsautobahnen und Reichsstraßen.
(2) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen
Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die
Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs
im Auftrage des Bundes.
(3) Auf Antrag eines Landes kann der Bund Bundesautobahnen
und sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit
sie im Gebiet dieses Landes liegen, in bundeseigene
Verwaltung übernehmen.
(1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand
oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des
Bundes oder eines Landes kann ein Land Polizeikräfte anderer
Länder sowie Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen
und des Bundesgrenzschutzes anfordern.
(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur
Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann
die Bundesregierung die Polizei in diesem Lande und die
Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen
sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes einsetzen. Die
Anordnung ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen
jederzeit auf Verlangen des Bundesrates aufzuheben. Erstreckt
sich die Gefahr auf das Gebiet mehr als eines Landes,
so kann die Bundesregierung. soweit es zur wirksamen Bekämpfung
erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen
erteilen; Satz 1 und Satz 2 bleiben unberührt.
(1) Der Bund wirkt auf folgenden Gebieten bei der Erfüllung
von Aufgaben der Länder mit, wenn diese Aufgaben
für die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mitwirkung des
Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich
ist (Gemeinschaftsaufgaben):
1. Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der
Hochschulkliniken,
2. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur,
3. Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes.
(2) Durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
werden die Gemeinschaftsaufgaben näher bestimmt. Das Gesetz
soll allgemeine Grundsätze für ihre Erfüllung enthalten.
(3) Das Gesetz trifft Bestimmungen über das Verfahren
und über Einrichtungen für eine gemeinsame Rahmenplanung.
Die Aufnahme eines Vorhabens in die Rahmenplanung
bedarf der Zustimmung des Landes, in dessen
Gebiet es durchgeführt wird.
(4) Der Bund trägt in den Fällen des Absatzes 1 Nr.1 und
2 die Hälfte der Ausgaben in jedem Land. In den Fällen des
Absatzes 1 Nr.3 trägt der Bund mindestens die Hälfte; die
Beteiligung ist für alle Länder einheitlich festzusetzen. Das
Nähere regelt das Gesetz. Die Bereitstellung der Mittel bleibt
der Feststellung in den Haushaltsplänen des Bundes und der
Länder vorbehalten.
(5) Bundesregierung und Bundesrat sind auf Verlangen
über die Durchführung der Gemeinschaftsaufgaben zu
unterrichten.
Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen
bei der Bildungsplanung und bei der Förderung von Einrichtungen
und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung
von überregionaler Bedeutung zusammenwirken. Die Aufteilung
der Kosten wird in der Vereinbarung geregelt.
IX
Rechtsprechung
Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut;sie
wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in
diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch
die Gerichte der Länder ausgeübt.
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß
von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten
eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die
durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung
eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet
sind;
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die
förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder
Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit
von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag
der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines
Drittels der Mitglieder des Bundestages;
3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten
des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung
von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung
der Bundesaufsicht;
4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen
dem Bunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern
oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer
Rechtsweg gegeben ist;
4a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit
der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche
Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem
seiner in Artikel 20 Absatz 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen
Rechte verletzt zu sein;
4b. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und
Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf
Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei
Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim
Landesverfassungsgericht erhoben werden kann;
5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen
Fällen.
(2) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm
sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.
(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern
und anderen Mitgliedern. Die Mitglieder des
Bundesverfassungsgerichtes werden je zur Hälfte vom Bundestage
und vom Bundesrate gewählt. Sie dürfen weder
dem Bundestage, dem Bundesrate, der Bundesregierung
noch entsprechenden Organen eines Landes angehören.
(2) Ein Bundesgesetz regelt seine Verfassung und das Verfahren
und bestimmt, in welchen Fällen seine Entscheidungen
Gesetzeskraft haben. Es kann für Verfassungsbeschwerden
die vorherige Erschöpfung des Rechtsweges zur Voraussetzung
machen und ein besonderes Annahmeverfahren
vorsehen.
(1) Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-,
der Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit
errichtet der Bund als oberste Gerichtshöfe den
Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof,
das Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht.
(2) Über die Berufung der Richter dieser Gerichte
entscheidet der für das jeweilige Sachgebiet zuständige
Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß, der
aus den für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Ministern
der Länder und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern
besteht, die vom Bundestage gewählt werden.
(3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung
ist ein Gemeinsamer Senat der in Absatz 1 genannten
Gerichte zu bilden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Der Bund kann für Angelegenheiten des gewerblichen
Rechtsschutzes ein Bundesgericht errichten.
(2) Der Bund kann Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte
als Bundesgerichte errichten. Sie können die Strafgerichtsbarkeit
nur im Verteidigungsfalle sowie über Angehörige
der Streitkräfte ausüben, die in das Ausland entsandt oder
an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind. Das Nähere
regelt ein Bundesgesetz. Diese Gerichte gehören zum Geschäftsbereich
des Bundesjustizministers. Ihre hauptamtlichen
Richter müssen die Befähigung zum Richteramt haben.
(3) Oberster Gerichtshof für die im Absatz 1 und 2 genannten
Gerichte ist der Bundesgerichtshof.
(4) Der Bund kann für Personen, die zu ihm in einem
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen Bundesgerichte zur
Entscheidung in Disziplinarverfahren und Beschwerdeverfahren errichten.
(5) Für Strafverfahren auf den Gebieten des Artikels 26
Absatz 1 und des Staatsschutzes kann ein Bundesgesetz mit
Zustimmung des Bundesrates vorsehen, daß Gerichte der
Länder Gerichtsbarkeit des Bundes ausüben.
(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze
unterworfen.
(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten
Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher
Entscheidung und nur aus Gründen und unter den
Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer
Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes
enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand
versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen
festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte
Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung
der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter in
ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt
werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.
(1) Die Rechtsstellung der Bundesrichter ist durch besonderes
Bundesgesetz zu regeln.
(2) Wenn ein Bundesrichter im Amte oder außerhalb des
Amtes gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen
die verfassungsmäßige Ordnung eines Landes verstößt, so
kann das Bundesverfassungsgericht mit Zweidrittelmehrheit
auf Antrag des Bundestages anordnen, daß der Richter in
ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen ist. Im
Falle eines vorsätzlichen Verstoßes kann auf Entlassung erkannt werden.
(3) Die Rechtsstellung der Richter in den Ländern ist durch
besondere Landesgesetze zu regeln. Der Bund kann Rahmenvorschriften
erlassen.
(4) Die Länder können bestimmen, daß über die Anstellung
der Richter in den Ländern der Landesjustizminister
gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß entscheidet.
(5) Die Länder können für Landesrichter eine Absatz 2
entsprechende Regelung treffen. Geltendes
Landesverfassungsrecht bleibt unberührt. Die Entscheidung über eine
Richteranklage steht dem Bundesverfassungsgericht zu.
Dem Bundesverfassungsgerichte kann durch Landesgesetz
die Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb
eines Landes, den in Artikel 95 Absatz 1 genannten obersten
Gerichtshöfen für den letzten Rechtszug die Entscheidung in
solchen Sachen zugewiesen werden, bei denen es sich um
die Anwendung von Landesrecht handelt.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es
bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so
ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die
Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die
Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen
Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses
Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich
um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht
oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit
einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des
Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie
unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt
(Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der
Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes
eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf
seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch
Gesetz errichtet werden.
Die Todesstrafe ist abgeschafft.
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches
Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit
gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen
wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der
allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines
förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin
vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene
Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt
werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer
Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder
nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung
ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung
herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener
Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages
nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das
Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung
vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach
der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe
der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit
zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat
unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen
Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung
oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich
ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine
Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
X
Das Finanzwesen
(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben,
die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben,
soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt
der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.
(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von
den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß
die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen
werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Hälfte der
Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes
durchgeführt. Bestimmt das Gesetz, daß die Länder ein
Viertel der Ausgaben oder mehr tragen, so bedarf es der
Zustimmung des Bundesrates.
(4) Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für besonders
bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden
(Gemeindeverbände) gewähren, die zur Abwehr einer
Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder
zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet
oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums
erforderlich sind. Das Nähere, insbesondere die Arten der
zu fördernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das
der Zustimmung des Buijdesrates bedarf, oder auf Grund
des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt.
(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden
entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im
Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung.
Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über
die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über
die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser
Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen
des Artikels 72 Absatz 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung
über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange
und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten
Steuern gleichartig sind.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den
Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz
oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen
der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
1. die Zölle,
2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2
den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam
oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3. die Straßengüterverkehrsteuer,
4. die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und
die Wechselsteuer,
5. die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung
des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6. die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur
Körperschaftsteuer,
7. Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den
Ländern zu:
1. die Vermögensteuer.
2. die Erbschaftsteuer,
3. die Kraftfahrzeugsteuer,
4. die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem
Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam
zustehen,
5. die Biersteuer,
6. die Abgaben von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer
und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den
Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das
Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 den
Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer
und der Körperschaftsteuer sind der Bund
und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund
und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt.
Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen
auszugehen:
1. Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund
und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer
notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben
unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2. Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder
sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich
erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden
und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer
sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen
den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der
Länder wesentlich anders entwickelt. Werden den Ländern
durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder
Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden,
wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In
dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser
Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder
zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen
der Einkommensteuer, der von den Ländern an
ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen
ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere
bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze
für den Gemeindeanteil festsetzen.
(6) Das Aufkommen der Realsteuern steht den Gemeinden,
das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern
steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der
Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den
Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der
Realsteuern im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen
in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen
der Realsteuern und der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern
dem Land zu. Bund und Länder können durch eine
Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt
werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz.
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach
Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Realsteuern
und der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer
als Bemessungsgrundlage für Umlagen zugrunde
gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der
Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden
insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu
bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung,
ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern
den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden
(Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen,
die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden)
unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen)
verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen
Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder
Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden
kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen
Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der
Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne
dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben
der Gemeinden (Gemeindeverbände).
(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil
am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer
stehen den einzelnen Ländern insoweit zu, als
die Steuern von den Finanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt
werden (örtliches Aufkommen).
Durch Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, sind
für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähere Bestimmungen
über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang
der Zerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen.
Das Gesetz kann auch Bestimmungen über die Abgrenzung
und Zerlegung des örtlichen Aufkommens anderer Steuern
treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer
steht den einzelnen Ländern nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl
zu; für einen Teil, höchstens jedoch für ein Viertel dieses
Länderanteils, können durch Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, Ergänzungsanteile für
die Länder vorgesehen werden, deren Einnahmen aus den
Landessteuern und aus der Einkommensteuer und der
Körperschaftsteuer je Einwohner unter dem Durchschnitt
der Länder liegen.
(2) Durch das Gesetz ist sicherzustellen, daß die unterschiedliche
Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen
wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf
der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für die Ausgleichsansprüche der
ausgleichsberechtigten Länder und für die Ausgleichsverbindlichkeiten
der ausgleichspflichtigen Länder sowie die
Maßstäbe für die Höhe der Ausgleichsleistungen sind in
dem Gesetz zu bestimmen. Es kann auch bestimmen, daß
der Bund aus seinen Mitteln Ieistungsschwachen Ländern
Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen
Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen) gewährt.
(1) Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten
Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer
und die Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften
werden durch Bundesfinanzbehörden verwaltet.
Der Aufbau dieser Behörden wird durch Bundesgesetz
geregelt. Die Leiter der Mittelbehörden sind im Benehmen
mit den Landesregierungen zu bestellen.
(2) Die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden
verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden und die
einheitliche Ausbildung der Beamten können durch Bundesgesetz
mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden.
Die Leiter der Mittelbehörden sind im Einvernehmen mit der
Bundesregierung zu bestellen.
(3) Verwalten die Landesfinanzbehörden Steuern, die
ganz oder zum Teil dem Bund zufließen, so werden sie im
Auftrage des Bundes tätig. Artikel 85 Absatz 3 und 4 gilt
mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Bundesregierung
der Bundesminister der Finanzen tritt.
(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf, kann bei der Verwaltung von Steuern ein
Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehörden
sowie für Steuern, die unter Absatz 1 fallen, die Verwaltung
durch Landesfinanzbehörden und für andere Steuern die
Verwaltung durch Bundesfinanzbehörden vorgesehen werden,
wenn und soweit dadurch der Vollzug der Steuergesetze
erheblich verbessert oder erleichtert wird. Für die den Gemeinden
(Gemeindeverbänden) allein zufließenden Steuern
kann die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung
durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden (Gemeindeverbänden)
übertragen werden.
(5) Das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende
Verfahren wird durch Bundesgesetz geregelt. Das von den
Landesfinanzbehörden und in den Fällen des Absatzes 4
Satz 2 von den Gemeinden (Gemeindeverbänden) anzuwendende
Verfahren kann durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden.
(6) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bundesgesetz
geregelt.
(7) Die Bundesregierung kann allgemeine Verwaltungsvorschriften
erlassen, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates,
soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden
oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) obliegt.
(1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft
selbständig und voneinander unabhängig.
(2) Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft
den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
Rechnung zu tragen.
(3) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates
bedarf, können für Bund und Länder gemeinsam
geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte
Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestellt werden.
(4) Zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts können durch Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, Vorschriften über
1. Höchstbeträge, Bedingungen und Zeitfolge der Aufnahme
von Krediten durch Gebietskörperschaften und
Zweckverbände und
2. eine Verpflichtung von Bund und Ländern, unverzinsliche
Guthaben bei der Deutschen Bundesbank zu unterhalten
(Konjunkturausgleichsrücklagen), erlassen werden.
Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen können
nur der Bundesregierung erteilt werden. Die Rechtsverordnungen
bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Sie sind
aufzuheben, soweit der Bundestag es verlangt; das Nähere
bestimmt das Bundesgesetz.
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den
Haushaltsplan einzustellen; bei Bundesbetrieben und bei
Sondervermögen brauchen nur die Zuführungen oder die
Ablieferungen eingestellt zu werden. Der Haushaltsplan ist
in Einnahme und Ausgabe auszugleichen.
(2) Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre,
nach Jahren getrennt, vor Beginn des ersten
Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festgestellt. Für
Teile des Haushaltsplanes kann vorgesehen werden, daß
sie für unterschiedliche Zeiträume, nach Rechnungsjahren
getrennt, gelten.
(3) Die Gesetzesvorlage nach Absatz 2 Satz 1 sowie Vorlagen
zur Änderung des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes
werden gleichzeitig mit der Zuteilung an den
Bundesrat beim Bundestage eingebracht: der Bundesrat ist
berechtigt, innerhalb von sechs Wochen, bei Änderungsvorlagen
innerhalb von drei Wochen, zu den Vorlagen
Stellung zu nehmen.
(4) In das Haushaltsgesetz dürfen nur Vorschriften aufgenommen
werden, die sich auf die Einnahmen und die
Ausgaben des Bundes und auf den Zeitraum beziehen, für
den das Haushaltsgesetz beschlossen wird. Das Haushaltsgesetz
kann vorschreiben, daß die Vorschriften erst mit der
Verkündung des nächsten Haushaltsgesetzes oder bei Ermächtigung
nach Artikel 115 zu einem späteren Zeitpunkt
außer Kraft treten.
(1) Ist bis zum Schluß eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan
für das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt,
so ist bis zu seinem Inkrafttreten die Bundesregierung
ermächtigt, alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind,
a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten
und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,
b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes
zu erfüllen,
c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen
fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren,
sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits
Beträge bewilligt worden sind.
(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetze beruhende
Einnahmen aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder
die Betriebsmittelrücklage die Ausgaben unter Absatz 1
decken, darf die Bundesregierung die zur Aufrechterhaltung
der Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe
eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplanes
im Wege des Kredits flüssig machen.
Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen
der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen.
Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren
Bedürfnisses erteilt werden. Näheres kann durch
Bundesgesetz bestimmt werden.
(1) Gesetze, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen
Ausgaben des Haushaltsplanes erhöhen oder
neue Ausgaben in sich schließen oder für die Zukunft mit
sich bringen, bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung.
Das gleiche gilt für Gesetze, die Einnahmeminderungen
in sich schließen oder für die Zukunft mit sich
bringen. Die Bundesregierung kann verlangen, daß der
Bundestag die Beschlußfassung über solche Gesetze aussetzt.
In diesem Fall hat die Bundesregierung innerhalb von
sechs Wochen dem Bundestage eine Stellungnahme zuzuleiten.
(2) Die Bundesregierung kann innerhalb von vier Wochen,
nachdem der Bundestag das Gesetz beschlossen hat, verlangen,
daß der Bundestag erneut Beschluß faßt.
(3) Ist das Gesetz nach Artikel 78 zustande gekommen,
kann die Bundesregierung ihre Zustimmung nur innerhalb
von sechs Wochen und nur dann versagen, wenn sie vorher
das Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 und 4 oder nach Absatz
2 eingeleitet hat. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Zustimmung als erteilt.
(1) Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundestage
und dem Bundesrate über alle Einnahmen und Ausgaben
sowie über das Vermögen und die Schulden im Laufe des
nächsten Rechnungsjahres zur Entlastung der Bundesregierung Rechnung zu legen.
(2) Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche
Unabhängigkeit besitzen, prüft die Rechnung sowie
die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts-
und Wirtschaftsführung. Er hat außer der Bundesregierung
unmittelbar dem Bundestage und dem Bundesrate
jährlich zu berichten. Im übrigen werden die Befugnisse
des Bundesrechnungshofes durch Bundesgesetz geregelt.
(1) Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von
Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen,
die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen
können, bedürfen einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren
Ermächtigung durch Bundesgesetz. Die Einnahmen
aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan
veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten;
Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer
Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Das
Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.
(2) Für Sondervermögen des Bundes können durch Bundesgesetz
Ausnahmen von Absatz 1 zugelassen werden.
Xa
Verteidigungsfall
(1) Die Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt
angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar
droht (Verteidigungsfall>, trifft der Bundestag mit Zustimmung
des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag
der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei
Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit
der Mitglieder des Bundestages.
(2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln
und stehen einem rechtzeitigen Zusammentritt des
Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen oder
ist er nicht beschlußfähig, so trifft der Gemeinsame Ausschuß
diese Feststellung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln
der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit seiner
Mitglieder.
(3) Die Feststellung wird vom Bundespräsidenten gemäß
Artikel 82 im Bundesgesetzblafte verkündet. Ist dies nicht
rechtzeitig möglich, so erfolgt die Verkündung in anderer
Weise; sie ist im Bundesgesetzblatte nachzuholen, sobald
die Umstände es zulassen.
(4) Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen
und sind die zuständigen Bundesorgane außerstande,
sofort die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu treffen, so
gilt diese Feststellung als getroffen und als zu dem Zeitpunkt
verkündet, in dem der Angriff begonnen hat. Der Bundespräsident
gibt diesen Zeitpunkt bekannt, sobald die Umstände es zulassen.
(5) Ist die Feststellung des Verteidigungsfalles verkündet
und wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen,
so kann der Bundespräsident völkerrechtliche Erklärungen
über das Bestehen des Verteidigungsfalles mit Zustimmung
des Bundestages abgeben. Unter den Voraussetzungen des
Absatzes 2 trift an die Stelle des Bundestages der Gemeinsame Ausschuß.
Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die
Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte auf
den Bundeskanzler über.
(1) Der Bund hat für den Verteidigungsfall das Recht der
konkurrierenden Gesetzgebung auch auf den Sachgebieten,
die zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören.
Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(2) Soweit es die Verhältnisse während des Verteidigungsfalles
erfordern, kann durch Bundesgesetz für den Verteidigungsfall
1. bei Enteignungen abweichend von Artikel 14 Absatz 3
Satz 2 die Entschädigung vorläufig geregelt werden,
2. für Freiheitsentziehungen eine von Artikel 104 Absatz 2
Satz 3 und Absatz 3 Satz 1 abweichende Frist, höchstens jedoch
eine solche von vier Tagen, für den Fall festgesetzt
werden, daß ein Richter nicht innerhalb der für Normalzeiten
geltenden Frist tätig werden konnte.
(3) Soweit es zur Abwehr eines gegenwärtigen oder unmittelbar
drohenden Angriffs erforderlich ist, kann für den
Verteidigungsfall durch Bundesgesetz mit Zustimmung des
Bundesrates die Verwaltung und das Finanzwesen des Bundes
und der Länder abweichend von den Abschnitten VIII,
VIIIa und X geregelt werden, wobei die Lebensfähigkeit der
Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, insbesondere
auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren ist.
(4) Bundesgesetze nach den Absätzen 1 und 2 Nr.1 dürfen
zur Vorbereitung ihres Vollzuges schon vor Eintritt des Verteidigungsfalles
angewandt werden.
(1) Für die Gesetzgebung des Bundes gilt im Verteidigungsfalle
abweichend von Artikel 76 Absatz 2, Artikel 77
Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 bis 4, Artikel 78 und Artikel 82
Absatz 1 die Regelung der Absätze 2 und 3.
(2) Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, die sie als
dringlich bezeichnet, sind gleichzeitig mit der Einbringung
beim Bundestage dem Bundesrate zuzuleiten. Bundestag
und Bundesrat beraten diese Vorlagen unverzüglich gemeinsam.
Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des
Bundesrates erforderlich ist, bedarf es zum Zustandekommen
des Gesetzes der Zustimmung der Mehrheit seiner
Stimmen. Das Nähere regelt eine Geschäftsordnung, die
vom Bundestage beschlossen wird und der Zustimmung des
Bundesrates bedarf.
(3) Für die Verkündung der Gesetze gilt Artikel 115 a
Absatz 3 Satz 2 entsprechend.
(1) Stellt der Gemeinsame Ausschuß im Verteidigungsfalle
mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen
Stimmen, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder fest,
daß dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche
Hindernisse entgegenstehen oder daß dieser
nicht beschlußfähig ist, so hat der Gemeinsame Ausschuß
die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt deren
Rechte einheitlich wahr.
(2) Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses darf
das Grundgesetz weder geändert nach ganz oder teilweise
außer Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden. Zum
Erlaß von Gesetzen noch Artikel 24 Absatz 1 und Artikel 29
ist der Gemeinsame Ausschuß nicht befugt.
(1) Die Bundesregierung kann im Verteidigungsfalle, soweit
es die Verhältnisse erfordern,
1. den Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiet einsetzen;
2. außer der Bundesverwaltung auch den Landesregierungen
und, wenn sie es für dringlich erachtet, den Landesbehörden
Weisungen erteilen und diese Befugnis auf von ihr
zu bestimmende Mitglieder der Landesregierungen übertragen.
(2) Bundestag, Bundesrat und der Gemeinsame Ausschuß
sind unverzüglich von den nach Absatz 1 getroffenen
Maßnahmen zu unterrichten.
Die verfassungsmäßige Stellung und die Erfüllung der
verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes
und seiner Richter dürfen nicht beeinträchtigt werden.
Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht darf durch
ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses nur insoweit geändert
werden, als dies auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes
zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit
des Gerichtes erforderlich ist. Bis zum Erlaß eines
solchen Gesetzes kann das Bundesverfassungsgericht die
zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Gerichtes erforderlichen
Maßnahmen treffen. Beschlüsse nach Satz 2 und Satz 3
faßt das Bundesverfassungsgericht mit der Mehrheit der
anwesenden Richter.
(1) Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden
des Bundestages oder der Volksvertretungen der
Länder enden sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.
Die im Verteidigungsfalle ablaufende
Amtszeit des Bundespräsidenten sowie bei vorzeitiger
Erledigung seines Amtes die Wahrnehmung seiner Befugnisse
durch den Präsidenten des Bundesrates enden neun Monate
nach Beendigung des Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle
ablaufende Amtszeit eines Mitgliedes des
Bundesverfassungsgerichtes endet sechs Monate nach Beendigung
des Verteidigungsfalles.
(2) Wird eine Neuwahl des Bundeskanzlers durch den
Gemeinsamen Ausschuß erforderlich, so wählt dieser einen
neuen Bundeskanzler mit der Mehrheit seiner Mitglieder;
der Bundespräsident macht dem Gemeinsamen Ausschuß
einen Vorschlag. Der Gemeinsame Ausschuß kann dem
Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch aussprechen,
daß er mit der Mehrheit von zwei Drifteln seiner Mitglieder
einen Nachfolger wählt.
(3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung
des Bundestages ausgeschlossen.
(1) Sind die zuständigen Bundesorgane außerstande, die
notwendigen Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr zu treffen,
und erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges selbständiges
Handeln in einzelnen Teilen des Bundesgebietes,
so sind die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten
Behörden oder Beauftragten befugt, für ihren Zuständigkeitsbereich
Maßnahmen im Sinne des Artikels 115 f Absatz 1 zu treffen.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 können durch die Bundesregierung,
im Verhältnis zu Landesbehörden und nachgeordneten
Bundesbehörden auch durch die Ministerpräsidenten
der Länder, jederzeit aufgehoben werden.
(1) Für die Dauer ihrer Anwendbarkeit setzen Gesetze
nach den Artikeln 115 c, 115 e und 115 g und Rechtsverordnungen,
die auf Grund solcher Gesetze ergehen, entgegenstehendes
Recht außer Anwendung. Dies gilt nicht gegenüber
früherem Recht, das auf Grund der Artikel 115 c, 115 e
und 115 g erlassen worden ist.
(2) Gesetze, die der Gemeinsame Ausschuß beschlossen
hat, und Rechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze
ergangen sind, treten spätestens sechs Monate nach
Beendigung des Verteidigungsfalles außer Kraft.
(3) Gesetze, die von den Artikeln 91 a, 91 b, 104 a, 106
und 107 abweichende Regelungen enthalten, gelten längstens
bis zum Ende des zweiten Rechnungsjahres, das auf
die Beendigung des Verteidigungsfalles folgt. Sie können
nach Beendigung des Verteidigungsfalles durch Bundesgesetz
mit Zustimmung des Bundesrates geändert werden,
um zu der Regelung gemäß den Abschnitten VIIIa und X
überzuleiten.
(1) Der Bundestag kann jederzeit mit Zustimmung des
Bundesrates Gesetze des Gemeinsamen Ausschusses aufheben.
Der Bundesrat kann verlangen, daß der Bundestag
hierüber beschließt. Sonstige zur Abwehr der Gefahr getroffene
Maßnahmen des Gemeinsamen Ausschusses oder
der Bundesregierung sind aufzuheben, wenn der Bundestag
und der Bundesrat es beschließen.
(2) Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates
jederzeit durch einen vom Bundespräsidenten zu verkündenden
Beschluß den Verteidigungsfall für beendet erklären.
Der Bundesrat kann verlangen. daß der Bundestag hierüber
beschließt. Der Verteidigungsfall ist unverzüglich für beendet
zu erklären, wenn die Voraussetzungen für seine
Feststellung nicht mehr gegeben sind.
(3) Über den Friedensschluß wird durch Bundesgesetz
entschieden.
XI
Übergangs- und Schlußbestimmungen
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich
anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche
Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener
deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen
Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen
Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme
gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen
dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit
aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen
entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf
Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert,
sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in
Deutschland genommen haben und nicht einen
entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben
(1) Das dem Artikel 3 Absatz 2 entgegenstehende Recht
bleibt bis zu seiner Anpassung an diese Bestimmung des
Grundgesetzes in Kraft, jedoch nicht länger als bis zum
31. März 1953.
(2) Gesetze, die das Recht der Freizügigkeit mit Rücksicht
auf die gegenwärtige Raumnot einschränken, bleiben bis
zu ihrer Aufhebung durch Bundesgesetz in Kraft.
Die Neugliederung in dem die Länder Baden,
Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden
Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels
29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen.
Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung
durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung
vorsehen muß.
In Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen,
insbesondere zu ihrer Verteilung auf die Länder, kann bis zu
einer bundesgesetzlichen Regelung die Bundesregierung
mit Zustimmung des Bundesrates Verordnungen mit
Gesetzeskraft erlassen. Für besondere Fälle kann dabei die
Bundesregierung ermächtigt werden, Einzelweisungen zu
erteilen. Die Weisungen sind außer bei Gefahr im Verzuge
an die obersten Landesbehörden zu richten.
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen für Besatzungskosten
und die sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten
nach näherer Bestimmung von Bundesgesetzen. Soweit
diese Kriegsfolgelasten bis zum 1. Oktober 1969 durch
Bundesgesetze geregelt worden sind, tragen Bund und
Länder im Verhältnis zueinander die Aufwendungen nach
Maßgabe dieser Bundesgesetze. Soweit Aufwendungen für
Kriegsfolgelasten, die in Bundesgesetzen weder geregelt
worden sind noch geregelt werden, bis zum 1. Oktober1965
von den Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder
sonstigen Aufgabenträgern, die Aufgaben von Ländern
oder Gemeinden erfüllen, erbracht worden sind, ist der
Bund zur Übernahme von Aufwendungen dieser Art auch
nach diesem Zeitpunkt nicht verpflichtet. Der Bund trägt
die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung mit
Einschluß der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe.
Die durch diesen Absatz geregelte Verteilung der
Kriegsfolgelasten auf Bund und Länder läßt die gesetzliche
Regelung von Entschädigungsansprüchen für Kriegsfolgen
unberührt.
(2) Die Einnahmen gehen auf den Bund zu demselben
Zeitpunkte über, an dem der Bund die Ausgaben übernimmt.
(1) Die Gesetze, die der Durchführung des Lastenausgleichs
dienen, können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen,
daß sie auf dem Gebiete der Ausgleichsleistungen
teils durch den Bund, teils im Auftrage des Bundes durch die
Länder ausgeführt werden und daß die der Bundesregierung
und den zuständigen obersten Bundesbehörden auf
Grund des Artikels 85 insoweit zustehenden Befugnisse ganz
oder teilweise dem Bundesausgleichsamt übertragen werden.
Das Bundesausgleichsamt bedarf bei Ausübung dieser
Befugnisse nicht der Zustimmung des Bundesrates; seine
Weisungen sind, abgesehen von den Fällen der Dringlichkeit,
an die obersten Landesbehörden (Landesausgleichsämter) zu richten.
(2) Artikel 87 Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt.
Mehrheit der Mitglieder des Bundestags und der
Bundesversammlung im Sinne dieses Grundgesetzes ist die
Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl.
(1) Vom Zusammentritt des Bundestages an werden die
Gesetze ausschließlich von den in diesem Grundgesetz
anerkannten gesetzgebenden Gewalten beschlossen.
(2) Gesetzgebende und bei der Gesetzgebung beratend
mitwirkende Körperschaften, deren Zuständigkeit nach
Absatz 1 endet, sind mit diesem Zeitpunkt aufgelöst.
(1) Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestages
gilt fort, soweit es dem Grundgesetze nicht widerspricht.
(2) Die vom Deutschen Reich abgeschlossenen
Staatsverträge, die sich auf Gegenstände beziehen, für die nach
diesem Grundgesetze die Landesgesetzgebung zuständig
ist, bleiben, wenn sie nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen
gültig sind und fortgelten, unter Vorbehalt aller Rechte und
Einwendungen der Beteiligten in Kraft, bis neue Staatsverträge
durch die nach diesem Grundgesetze zuständigen
Stellen abgeschlossen werden oder ihre Beendigung auf
Grund der in ihnen enthaltenen Bestimmungen anderweitig
erfolgt.
Recht, das Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung
des Bundes betrifft, wird innerhalb seines
Geltungsbereiches Bundesrecht.
Recht, das Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung
des Bundes betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereiches
Bundesrecht,
1. soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besatzungszonen
einheitlich gilt,
2. soweit es sich um Recht handelt, durch das nach dem
8. Mai 1945 früheres Reichsrecht abgeändert worden ist.
Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht
als Bundesrecht entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung der Regierungen
der beteiligten Länder Recht der Verwaltung des
Vereinigten Wirtschaftsgebietes, soweit es nach Artikel 124
oder 125 als Bundesrecht fortgilt, innerhalb eines Jahres
nach Verkündigung dieses Grundgesetzes in den Ländern
Baden, Groß-Berlin, Rheinland-Pfalz und
Württemberg-Hohenzollern in Kraft setzen.
Soweit fortgeltendes Recht Weisungsrechte im Sinne des
Artikels 84 Absatz 5 vorsieht, bleiben sie bis zu einer anderweitigen
gesetzlichen Regelung bestehen.
(1) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Bundesrecht
fortgelten, eine Ermächtigung zum Erlasse von Rechtsverordnungen
oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie
zur Vornahme von Verwaltungsakten enthalten ist, geht sie
auf die nunmehr sachlich zuständigen Stellen über. In
Zweifelsfällen entscheidet die Bundesregierung im Einvernehmen
mit dem Bundesrate; die Entscheidung ist zu
veröffentlichen.
(2) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Landesrecht fortgelten,
eine solche Ermächtigung enthalten ist, wird sie von
den nach Landesrecht zuständigen Stellen ausgeübt.
(3) Soweit Rechtsvorschriften im Sinne der Absätze 1 und 2
zu ihrer Änderung oder Ergänzung oder zum Erlaß von
Rechtsvorschriften anstelle von Gesetzen ermächtigen, sind
diese Ermächtigungen erloschen.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten entsprechend,
soweit in Rechtsvorschriften auf nicht mehr
geltende Vorschriften oder nicht mehr bestehende
Einrichtungen verwiesen ist.
(1) Verwaltungsorgane und sonstige der öffentlichen
Verwaltung oder Rechtspflege dienende Einrichtungen, die
nicht auf Landesrecht oder Staatsverträgen zwischen Ländern
beruhen, sowie die Betriebsvereinigung der
südwestdeutschen Eisenbahnen und der Verwaltungsrat für das
Post und Fernmeldewesen für das französische Besatzungsgebiet
unterstehen der Bundesregierung. Diese regelt mit
Zustimmung des Bundesrates die Überführung, Auflösung
oder Abwicklung.
(2) Oberster Disziplinarvorgesetzter der Angehörigen
dieser Verwaltungen und Einrichtungen ist der zuständige
Bundesminister.
(3) Nicht landesunmittelbare und nicht auf
Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhende Körperschaften
und Anstalten des öffentlichen Rechtes unterstehen der
Aufsicht der zustehenden Obersten Bundesbehörde.
Die Rechtsverhältnisse von Personen einschließlich der
Flüchtlinge und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im
öffentlichen Dienst standen, aus anderen als beamten- oder
tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht
oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet
werden, sind durch Bundesgesetz zu regeln. Entsprechendes
gilt für Personen einschließlich der Flüchtlinge und
Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 versorgungsberechtigt waren
und aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen
keine oder keine entsprechende Versorgung mehr erhalten.
Bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes können
vorbehaltlich anderweitiger landesrechtlicher Regelung
Rechtsansprüche nicht geltend gemacht werden.
(1) Beamte und Richter, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens
dieses Grundgesetzes auf Lebenszeit angestellt sind,
können binnen sechs Monaten nach dem ersten Zusammentritt
des Bundestages in den Ruhestand oder Wartestand
oder in ein Amt mit niedrigerem Diensteinkommen versetzt
werden, wenn ihnen die persönliche oder fachliche Eignung
für ihr Amt fehlt. Auf Angestellte, die in einem unkündbaren
Dienstverhältnis stehen, findet diese Vorschrift entsprechende
Anwendung. Bei Angestellten, deren Dienstverhältnis kündbar
ist, können über die tarifmäßige Regelung hinausgehende
Kündigungsfristen innerhalb der gleichen Frist
aufgehoben werden.
(2) Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Angehörige
des öffentlichen Dienstes, die von den Vorschriften
über die "Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus"
nicht betroffen oder die anerkannte Verfolgte des
Nationalsozialismus sind, sofern nicht ein wichtiger Grund
in ihrer Person vorliegt.
(3) Den Betroffenen steht der Rechtsweg gemäß Artikel 19
Absatz 4 offen.
(4) Das Nähere bestimmt eine Verordnung der Bundesregierung,
die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Der Bund tritt in die Rechte und Pflichten der Verwaltung
des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ein.
(1) Das Vermögen des Reiches wird grundsätzlich Bundesvermögen.
(2) Soweit es nach seiner ursprünglichen Zweckbestimmung
überwiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war,
die nach diesem Grundgesetze nicht Verwaltungsaufgaben
des Bundes sind, ist es unentgeltlich auf die nunmehr
zuständigen Aufgabenträger und, soweit es nach seiner
gegenwärtigen, nicht nur vorübergehenden Benutzung
Verwaltungsaufgaben dient, die nach diesem Grundgesetz nunmehr
von den Ländern zu erfüllen sind, auf die Länder zu übertragen.
Der Bund kann auch sonstiges Vermögen den Ländern übertragen.
(3) Vermögen, das dem Reich von den Ländern und
Gemeinden (Gemeindeverbänden) unentgeltlich zur Verfügung
gestellt wurde, wird wiederum Vermögen der Länder und
Gemeinden (Gemeindeverbände), soweit es nicht der Bund
für eigene Verwaltungsaufgaben benötigt.
(4) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
(1) Hat sich nach dem 8. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten
dieses Grundgesetzes die Landeszugehörigkeit eines Gebietes
geändert, so steht in diesem Gebiete das Vermögen
des Landes, dem das Gebiet angehört hat, dem Lande zu,
dem es jetzt angehört.
(2) Das Vermögen nicht mehr bestehender Länder und
nicht mehr bestehender anderer Körperschaften und Anstalten
des öffentlichen Rechtes geht, soweit es nach seiner
ursprünglichen Zweckbestimmung überwiegend für
Verwaltungsaufgaben bestimmt war, oder nach seiner
gegenwärtigen, nicht nur vorübergehenden Benutzung
überwiegend Verwaltungsaufgaben dient, auf das Land oder
die Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechtes über,
die nunmehr diese Aufgaben erfüllen.
(3) Grundvermögen nicht mehr bestehender Länder geht
einschließlich des Zubehörs, soweit es nicht bereits zu
Vermögen im Sinne des Absatzes 1 gehört, auf das Land über,
in dessen Gebiet es belegen ist.
(4) Sofern ein überwiegendes Interesse des Bundes oder
das besondere Interesse eines Gebietes es erfordert, kann
durch Bundesgesetz eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende
Regelung getroffen werden.
(5) Im übrigen wird die Rechtsnachfolge und die
Auseinandersetzung, soweit sie nicht bis zum 1. Januar 1952
durch Vereinbarung zwischen den beteiligten Ländern oder
Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechtes
erfolgt, durch Bundesgesetz geregelt, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf.
(6) Beteiligungen des ehemaligen Landes Preußen an
Unternehmen des privaten Rechtes gehen auf den Bund über.
Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das auch Abweichendes
bestimmen kann.
(7) Soweit über Vermögen, das einem Lande oder einer
Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechtes nach den
Absätzen 1 bis 3 zufallen würde, von dem danach
Berechtigten durch ein Landesgesetz, auf Grund eines
Landesgesetzes oder in anderer Weise bei Inkrafttreten des
Grundgesetzes verfügt worden war, gilt der Vermögensübergang
als vor der Verfügung erfolgt.
Durch die in Artikel l34 Absatz 4 und Artikel 135 Absatz 5
vorbehaltene Gesetzgebung des Bundes kann auch bestimmt
werden, daß nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen
sind:
1. Verbindlichkeiten des Reiches sowie Verbindlichkeiten
des ehemaligen Landes Preußen und sonstiger nicht mehr
bestehender Körperschaften und Anstalten des öffentlichen
Rechts.
2. Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer
Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, welche mit
dem Übergang von Vermögenswerten nach Artikel 89, 90,
134 und 135 im Zusammenhang stehen, und
Verbindlichkelten dieser Rechtsträger, die auf Maßnahmen der in
Nummer 1 bezeichneten Rechtsträger beruhen.
3. Verbindlichkeiten der Länder und Gemeinden
(Gemeindeverbände), die aus Maßnahmen entstanden sind,
welche diese Rechtsträger vor dem 1. August 1945 zur
Durchführung von Anordnungen der Besatzungsmächte oder
zur Beseitigung eines kriegsbedingten Notstandes im
Rahmen dem Reich obliegender oder vom Reich übertragener
Verwaltungsaufgaben getroffen haben.
(1) Der Bundesrat tritt erstmalig am Tage des ersten
Zusammentrittes des Bundestages zusammen.
(2) Bis zur Wahl des ersten Bundespräsidenten werden
dessen Befugnisse von dem Präsidenten des Bundesrates
ausgeübt. Das Recht der Auflösung des Bundestages steht ihm
nicht zu.
(1) Die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen
Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf
Zeit und Richtern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden
kann gesetzlich beschränkt werden.
(2) Für die Wahl des ersten Bundestages, der ersten Bundesversammlung
und des ersten Bundespräsidenten der
Bundesrepublik gilt das vom Parlamentarischen Rat zu beschließende
Wahlgesetz.
(3) Die dem Bundesverfassungsgerichte gemäß Artikel 41
Absatz 2 zustehende Befugnis wird bis zu seiner Errichtung
von dem Deutschen Obergericht für das Vereinigte
Wirtschaftsgebiet wahrgenommen, das nach Maßgabe seiner
Verfahrensordnung entscheidet.
Änderungen der Einrichtungen des jetzt bestehenden
Notariats in den Ländern Baden, Bayern, Württemberg-Baden
und Württemberg-Hohenzollern bedürfen der Zustimmung
der Regierungen dieser Länder.
Die "zur Befreiung des deutschen Volkes vom
Nationalsozialismus und Militarismus" erlassenen Rechtsvorschriften
werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht
berührt.
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141
der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil
dieses Grundgesetzes.
Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 findet keine Anwendung in einem
Lande, in dem am 1. Januar 1949 eine andere landesrechtliche
Regelung bestand.
Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bleiben
Bestimmungen der Landesverfassungen auch insoweit in Kraft,
als sie in Übereinstimmung mit den Artikeln 1 bis 18 dieses
Grundgesetzes Grundrechte gewährleisten.
[aufgehoben]
(1) Dieses Grundgesetz bedarf der Annahme durch die
Volksvertretungen in zwei Dritteln der deutschen Länder,
in denen es zunächst gelten soll.
(2) Soweit die Anwendung dieses Grundgesetzes In einem
der in Artikel 23 aufgeführten Länder oder in einem Teile
eines dieser Länder Beschränkungen unterliegt, hat das
Land oder der Teil des Landes das Recht, gemäß Artikel
38 Vertreter in den Bundestag und gemäß Artikel 50 Vertreter
in den Bundesrat zu entsenden.
(1) Der Parlamentarische Rat stellt in öffentlicher Sitzung
unter Mitwirkung der Abgeordneten Groß-Berlins die Annahme
dieses Grundgesetzes fest, fertigt es aus und verkündet es.
(2) Dieses Grundgesetz tritt mit Ablauf des Tages der
Verkündung in Kraft.
(3) Es ist im Bundesgesetzblatte zu veröffentlichen,
Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage,
an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen
Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.