Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik
Vom 9. April 1968 (GBl. I S. 199)
Getragen von der Verantwortung, der ganzen deutschen Nation den
Weg in eine Zukunft des Friedens und des Sozialismus zu weisen,
in Ansehung der geschichtlichen Tatsache, daß der Imperialismus
unter Führung der USA im Einvernehmen mit Kreisen des westdeutschen
Monopolkapitals Deutschland gespalten hat, um Westdeutschland zu
einer Basis des Imperialismus und des Kampfes gegen den Sozialismus
aufzubauen, was den Lebensinteressen der Nation widerspricht,
hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen Republik,
fest gegründet auf den Errungenschaften der antifaschistisch-demokratischen
und der sozialistischen Umwälzung der gesellschaftlichen
Ordnung,
einig in seinen werktätigen Klassen und Schichten das Werk der Verfassung
vom 7. Oktober 1949 in ihrem Geiste weiterführend
und von dem Willen erfüllt, den Weg des Friedens, der sozialen
Gerechtigkeit, der Demokratie, des Sozialismus und der
Völkerfreundschaft in freier Entscheidung unbeirrt weiterzugehen,
diese sozialistische Verfassung gegeben.
Abschnitt I
Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung
Kapitel 1
Politische Grundlagen
Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer
Staat deutscher Nation. Sie ist die politische Organisation der
Werktätigen in Stadt und Land, die gemeinsam unter Führung der
Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den
Sozialismus verwirklichen.
Die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik
ist Berlin.
Die Staatsflagge der Deutschen Demokratischen Republik
besteht aus den Farben Schwarz-Rot-Gold und trägt auf
beiden Seiten in der Mitte das Staatswappen der Deutschen
Demokratischen Republik.
Das Staatswappen der Deutschen Demokratischen
Republik besteht aus Hammer und Zirkel, umgeben von einem
Ährenkranz, der im unteren Teil von einem
schwarzrotgoldenen Band umschlungen ist.
(1) Alle politische Macht in der Deutschen Demokratischen Republik
wird von den Werktätigen ausgeübt. Der Mensch steht im Mittelpunkt
aller Bemühungen der sozialistischen Gesellschaft und ihres Staates.
Das gesellschaftliche System des Sozialismus wird ständig vervollkommnet.
(2) Das feste Bündnis der Arbeiterklasse mit der Klasse
der Genossenschaftsbauern, den Angehörigen der Intelligenz
und den anderen Schichten des Volkes, das sozialistische
Eigentum an Produktionsmitteln, die Planung und Leitung
der gesellschaftlichen Entwicklung nach den fortgeschrittensten
Erkenntnissen der Wissenschaft bilden unantastbare
Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsordnung.
(3) Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen
ist für immer beseitigt. Was des Volkes Hände schaffen, ist
des Volkes Eigen. Das sozialistische Prinzip "Jeder nach
seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung" wird verwirklicht.
(4) Die Übereinstimmung der politischen, materiellen und kulturellen
Interessen der Werktätigen und ihrer Kollektive mit den gesellschaftlichen
Erfordernissen ist die wichtigste Triebkraft der sozialistischen Gesellschaft.
(1) Das Bündnis aller Kräfte des Volkes findet in der
Nationalen Front des demokratischen Deutschland
seinen organisierten Ausdruck.
(2) In der Nationalen Front des demokratischen Deutschland
vereinigen die Parteien und Massenorganisationen
alle Kräfte des Volkes zum gemeinsamen Handeln für die
Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Dadurch verwirklichen
sie das Zusammenleben aller Bürger in der
sozialistischen Gesellschaft nach dem Grundsatz, das jeder
Verantwortung für das Ganze trägt.
Alle Macht dient dem Wohle des Volkes. Sie sichert sein
friedliches Leben, schützt die sozialistische Gesellschaft und
gewährleistet die planmäßige Steigerung des Lebensstandards, die
freie Entwicklung des Menschen, wahrt seine Würde und
garantiert die in dieser Verfassung verbürgten Rechte.
(1) Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
üben ihre politische Macht durch demokratisch gewählte
Valksvertretungen aus.
(2) Die Volksvertretungen sind die Grundlage des Systems
der Staatsorgane. Sie stützen sich in ihrer Tätigkeit
auf die aktive Mitgestaltung der Bürger an der Vorbereitung,
Durchführung und Kontrolle ihrer Entscheidungen.
(3) Zu keiner Zeit und unter keinen Umständen können
andere als die verfassungsmäßig vorgesehenen Organe
staatliche Macht ausüben.
(1) Die Deutsche Demokratische Republik hat getreu den
Interessen des deutschen Volkes und der internationalen
Verpflichtung aller Deutschen auf ihrem Gebiet den deutschen
Militarismus und Nazismus ausgerottet und betreibt eine dem
Frieden und dem Sozialismus, der Völkerverständigung und der
Sicherheit dienende Außenpolitik.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik pflegt und entwickelt entsprechend
den Prinzipien des sozialistischen Internationalismus die allseitige
Zusammenarbeit mit der Union der Sozialistischen
Sowjetrepubliken und den anderen sozialistischen Staaten.
(3) Die Deutsche Demokratische Republik unterstützt die Bestrebungen
der Völker nach Freiheit und Unabhängigkeit und pflegt auf der
Grundlage der Gleichberechtigung und gegenseitigen Achtung die
Zusammenarbeit mit allen Staaten.
(4) Die Deutsche Demokratische Republik erstrebt ein System der
kollektiven Sicherheit in Europa und eine stabile Friedensordnung in
der Welt. Sie setzt sich für die allgemeine Abrüstung ein.
(5) Militaristische und revanchistische Propaganda in jeder
Form, Kriegshetze und Bekundung von Glaubens-, Rassen-
und Völkerhaß werden als Verbrechen geahndet.
(1) Die Staatsorgane gewährleisten die Unantastbarkeit des Staatsgebietes
der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich des
Luftraums und der Territorialgewässer sowie den Schutz und die
Nutzung des Festlandsockels.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik organisiert die
Landesverteidigung sowie den Schutz der sozialistischen
Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger. Die Nationale
Volksarmee und die anderen Organe der Landesverteidigung
schützen die sozialistischen Errungenschaften
des Volkes gegen alle Angriffe von außen. Die Nationale
Volksarmee pflegt im Interesse der Wahrung des Friedens
und der Sicherung des sozialistischen Staates enge Waffenbrüderschaft
mit den Armeen der Sowjetunion und anderer
sozialistischer Staaten.
(1) Die allgemein anerkannten, dem Frieden und der
friedlichen Zusammenarbeit der Völker dienenden Regeln
des Völkerrechts sind für die Staatsmacht und jeden Bürger
verbindlich. Die Deutsche Demokratische Republik wird niemals
einen Eroberungskrieg unternehmen oder ihre Streitkräfte
gegen die Freiheit eines anderen Volkes einsetzen.
(2) Die Herstellung und Pflege normaler Beziehungen und die Zusammenarbeit
der beiden deutschen Staaten auf der Grundlage der
Gleichberechtigung sind nationales Anliegen der Deutschen Demokratischen
Republik. Die Deutsche Demokratische Republik und ihre Bürger
erstreben darüber hinaus die Überwindung der vom Imperialismus
der deutschen Nation aufgezwungenen Spaltung Deutschlands, die
schrittweise Annäherung der beiden deutschen Staaten bis zu ihrer
Vereinigung auf der Grundlage der Demokratie und des Sozialismus.
Kapitel 2
Ökonomische Grundlagen, Wissenschaft, Bildung und Kultur
(1) Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik beruht
auf der Grundlage der sozialistischen Produktionsverhältnisse. Die
sozialistischen Produktionsverhältnisse entstanden als Ergebnis des
Kampfes gegen das monopolkapitalistische Wirtschaftssystem, dessen
aggressive und abenteuerliche Politik der deutschen Nation bisher nur
Unglück gebracht hat. Durch die Entmachtung der Monopole und Großgrundbesitzer,
durch die Abschaffung der kapitalistischen Profitwirtschaft
wurde die Ouelle der Kriegspolitik und der Ausbeutung des
Menschen durch den Menschen beseitigt.
Das sozialistische Eigentum hat sich bewährt.
(2) Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen
Republik dient der Stärkung der sozialistischen Ordnung,
der ständig besseren Befriedigung der materiellen und
kulturellen Bedürfnisse der Bürger, der Entfaltung ihrer
Persönlichkeit und ihrer sozialistischen gesellschaftlichen
Beziehungen.
(3) In der Deutschen Demokratischen Republik gilt der
Grundsatz der Planung und Leitung der Volkswirtschaft
sowie aller anderen gesellschaftlichen Bereiche. Die Volkswirtschaft
der Deutschen Demokratischen Republik ist sozialistische
Planwirtschaft. Das ökonomische System des Sozialismus verbindet die
zentrale staatliche Planung und Leitung der Grundfragen der gesellschaftlichen
Entwicklung mit der Eigenverantwortung der sozialistischen
Warenproduzenten und der örtlichen Staatsorgane.
(4) Die Festlegung des Währungs- und Finanzsystems ist
Sache des sozialistischen Staates. Abgaben und Steuern
werden auf der Grundlage von Gesetzen erhoben.
(5) Die Außenwirtschaft einschließlich des Außenhandels
und der Valutawirtschaft ist staatliches Monopol.
(1) Das sozialistische Eigentum besteht
als gesamtgesellschaftliches Volkseigentum,
als genossenschaftliches Gemeineigentum werktätiger Kollektive sowie
als Eigentum gesellschaftlicher Organisationen der Bürger.
(2) Das sozialistische Eigentum zu schützen und zu mehren
ist Pflicht des sozialistischen Staates und seiner Bürger.
(1) Das persönliche Eigentum der Bürger und das Erbrecht
sind gewährleistet.
Das persönliche Eigentum dient der Befriedigung der
materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger.
(2) Die Rechte von Urhebern und Erfindern genießen den
Schutz des sozialistischen Staates.
(3) Der Gebrauch des Eigentums sowie von Urheber- und
Erfinderrechten darf den Interessen der Gesellschaft nicht
zuwiderlaufen.
(1) Die Bodenschätze, die Bergwerke, Kraftwerke, Talsperren
und großen Gewässer, die Naturreichtümer des
Festlandsockels, größere Industriebetriebe, Banken und Versicherungseinrichtungen,
die volkseigenen Güter, die Verkehrswege,
die Transportmittel der Eisenbahn, der Seeschiffahrt
sowie der Luftfahrt, die Post- und Femmeldeanlagen sind
Volkseigentum. Privateigentum daran ist unzulässig.
(2) Der sozialistische Staat gewährleistet die Nutzung des
Volkseigentums mit dem Ziel des höchsten Ergebnisses für
die Gesellschaft. Dem dienen die sozialistische Planwirtschaft
und das sozialistische Wirtschaftsrecht. Die Nutzung und
Bewirtschaftung des VoIkseigentums erfolgt grundsätzlich
durch die volkseigenen Betriebe und staatlichen Einrichtungen.
Seine Nutzung und Bewirtschaftung kann der Staat
durch Verträge genossenschaftlichen oder gesellschaftlichen
Organisationen und Vereinigungen übertragen. Eine solche
Übertragung hat den Interessen der Allgemeinheit und der
Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums zu dienen.
Die Geräte, Maschinen, Anlagen, Bauten der landwirtschaftlichen,
handwerklichen und sonstigen sozialistischen
Genossenschaften sowie die Tierbestände der landwirtschaftlichen
Produktionsgenossenschaften und das aus genossenschaftlicher
Nutzung des Bodens sowie genossenschaftlicher
Produktionsmittel erzielte Ergebnis sind genossenschaftliches Eigentum.
(1) Die Nutzung und der Betrieb privater Wirtschaftsunternehmen
und -einrichtungen zu Erwerbszwecken müssen gesellschaftliche Bedürfnisse
befriedigen, der Erhöhung des Volkswohlstandes und der
Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums dienen.
(2) Das enge Zusammenwirken von sozialistischen mit privaten Wirtschaftsunternehmen
und -einrichtungen wird vom Staat gefördert. In
Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Erfordernissen können private
Betriebe auf Antrag staatliche Beteiligung aufnehmen.
(3) Privatwirtschaftliche Vereinigungen zur Begründung wirtschaftlicher
Macht sind nicht gestattet.
(1) Der Boden der Deutschen Demokratischen Republik
gehört zu ihren kostbarsten Naturreichtümern. Er muß geschützt
und rationell genutzt werden. Land- und forstwirtschaftlich
genutzter Boden darf nur mit Zustimmung der
verantwortlichen staatlichen Organe seiner Zweckbestimmung entzogen werden.
(2) Im Interesse des Wohlergehens der Bürger sorgen
Staat und Gesellschaft für den Schutz der Natur. Die Reinhaltung
der Gewässer und der Luft sowie der Schutz der
Pflanzen- und Tierwelt und der landschaftlichen Schönheiten
der Heimat sind durch die zuständigen Organe zu gewährleisten
und sind darüber hinaus auch Sache jedes Bürgers.
Enteignungen sind nur für gemeinnützige Zwecke auf
gesetzlicher Grundlage und gegen angemessene Entschädigung
zulässig. Sie dürfen nur erfolgen, wenn auf andere
Weise der angestrebte gemeinnützige Zweck nicht erreicht
werden kann.
(1) Wissenschaft und Forschung sowie die Anwendung ihrer Erkenntnisse
sind wesentliche Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft und
werden durch den Staat allseitig gefördert.
(2) Mit dem einheitlichen sozialistischen Bildungssystem
sichert die Deutsche Demokratische Republik allen Bürgern
eine den ständig steigenden gesellschaftlichen Erfordernissen
entsprechende hohe Bildung. Sie befähigt die Bürger, die
sozialistische Gesellschaft zu gestalten und an der Entwicklung
der sozialistischen Demokratie schöpferisch mitzuwirken.
(3) Die Deutsche Demokratische Republik fördert Wissenschaft und
Bildung mit dem Ziel, die Gesellschaft und das Leben der Bürger zu
schützen und zu bereichern, die wissenschaftlich-technische Revolution
zu meistern sowie den ständigen Fortschritt der sozialistischen Gesellschaft
zu gewährleisten.
(4) Jeder gegen den Frieden, die Völkerverständigung,
gegen das Leben und die Würde des Menschen gerichtete
Mißbrauch der Wissenschaft ist verboten.
(1) Die sozialistische Nationalkultur gehört zu den Grundlagen
der sozialistischen Gesellschaft. Die Deutsche Demokratische
Republik fördert und schützt die sozialistische
Kultur, die dem Frieden, dem Humanismus und der Entwicklung
der sozialistischen Menschengemeinschaft dient. Sie bekämpft
die imperialistische Unkultur, die der psychologischen
Kriegführung und der Herabwürdigung des Menschen
dient. Die sozialistische Gesellschaft fördert das kulturvolle
Leben der Werktätigen, pflegt alle humanistischen
Werte des nationalen Kulturerbes und der Weltkultur
und entwickelt die sozialistische Nationalkultur als Sache
des ganzen Volkes.
(2) Die Förderung der Künste, der künstlerischen Interessen
und Fähigkeiten aller Werktätigen und die Verbreitung
künstlerischer Werke und Leistungen sind Obliegenheiten
des Staates und aller gesellschaftlichen Kräfte.
Das künstlerische Schaffen beruht auf einer engen Verbindung
der Kulturschaffenden mit dem Leben des Volkes.
(3) Körperkultur, Sport und Touristik als Elemente der
sozialistischen Kultur dienen der allseitigen körperlichen und
geistigen Entwicklung der Bürger.
Abschnitt II
Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft
Kapitel 1
Grundrechte und Grundpflichten der Bürger
(1) Die Deutsche Demokratische Republik garantiert allen
Bürgern die Ausübung ihrer Rechte und ihre Mitwirkung an
der Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung. Sie gewährleistet
die sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit.
(2) Achtung und Schutz der Würde und Freiheit der Persönlichkeit
sind Gebot für alle staatlichen Organe, alle gesellschaftlichen
Kräfte und jeden einzelnen Bürger.
(3) Frei von Ausbeutung, Unterdrückung und wirtschaftlicher
Abhängigkeit hat jeder Bürger gleiche Rechte und
vielfältige Möglichkeiten, seine Fähigkeiten in vollem Umfange
zu entwickeln und seine Kräfte aus freiem Entschluß
zum Wohle der Gesellschaft und zu seinem eigenen Nutzen
in der sozialistischen Gemeinschaft ungehindert zu entfalten.
So verwirklicht er Freiheit und Würde seiner Persönlichkeit.
Die Beziehungen der Bürger werden durch gegenseitige
Achtung und Hilfe, durch die Grundsätze sozialistischer
Moral geprägt.
(4) Die Bedingungen für den Erwerb und den Verlust der
Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik
werden durch Gesetz bestimmt.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat unabhängig von seiner Nationalität, seiner Rasse, seinem
weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnis, seiner sozialen
Herkunft und Stellung die gleichen Rechte und Pflichten.
Gewissens- und Glaubensfreiheit sind gewährleistet.
Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Mann und Frau sind gleichberechtigt und haben die
gleiche Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen,
staatlichen und persönlichen Lebens. Die Förderung
der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung, ist
eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe.
(3) Die Jugend wird in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen
Entwicklung besonders gefördert. Sie hat alle Möglichkeiten,
an der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung
verantwortungsbewußt teilzunehmen.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht, das politische, wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Leben der sozialistischen Gemeinschaft und des
sozialistischen Staates umfassend mitzugestalten. Es gilt der
Grundsatz "Arbeite mit, plane mit, regiere mit!".
(2) Das Recht auf Mitbestimmung und Mitgestaltung ist
dadurch gewährleistet, daß die Bürger
alle Machtorgane demokratisch wählen, an ihrer Tätigkeit
und an der Planung, Leitung und Gestaltung des
gesellschaftlichen Lebens mitwirken;
Rechenschaft von den Volksvertretungen, ihren Abgeordneten,
den Leitern staatlicher und wirtschaftlicher Organe
über ihre Tätigkeit fordern können;
mit der Autorität ihrer gesellschaftlichen Organisationen
ihrem Wollen und ihren Forderungen Ausdruck geben;
sich mit ihren Anliegen und Vorschlägen an die gesellschaftlichen,
staatlichen und wirtschaftlichen Organe und
Einrichtungen wenden können;
in Volksabstimmungen ihren Willen bekunden.
(3) Die Verwirklichung dieses Rechts der Mitbestimmung
und Mitgestaltung ist zugleich eine hohe moralische Verpflichtung
für jeden Bürger.
Die Ausübung gesellschaftlicher oder staatlicher Funktionen
findet die Anerkennung und Unterstützung der Gesellschaft und des Staates.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik,
der am Wahltage das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist
wahlberechtigt.
(2) Jeder Bürger kann in die örtlichen Volksvertretungen gewählt
werden, wenn er am Wahltage das 18. Lebensjahr vollendet hat. Er
kann in die Volkskammer gewählt werden, wenn er am Wahltage das
21. Lebensjahr vollendet hat.
(3) Die Leitung der Wahlen durch demokratisch gebildete
Wahlkommissionen, die Volksaussprache über die Grundfragen
der Politik und die Aufstellung und Prüfung der
Kandidaten durch die Wähler sind unverzichtbare sozialistische
Wahlprinzipien.
(1) Der Schutz des Friedens und des sozialistischen Vaterlandes
und seiner Errungenschaften ist Recht und Ehrenpflicht
der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik.
Jeder Bürger ist zum Dienst und zu Leistungen für die Verteidigung
der Deutschen Demokratischen Republik entsprechend
den Gesetzen verpflichtet.
(2) Kein Bürger darf an kriegerischen Handlungen und
ihrer Vorbereitung teilnehmen, die der Unterdrückung eines
Volkes dienen.
(3) Die Deutsche Demokratische Republik kann Bürgern
anderer Staaten oder Staatenlosen Asyl gewähren, wenn
sie wegen politischer, wissenschaftlicher oder kultureller
Tätigkeit zur Verteidigung des Friedens, der Demokratie,
der Interessen des werktätigen Volkes oder wegen ihrer
Teilnahme am sozialen und nationalen Befreiungskampf
verfolgt werden.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Arbeit. Er hat das Recht auf einen Arbeitsplatz
und dessen freie Wahl entsprechend den gesellschaftlichen
Erfordernissen und der persönlichen Qualifikation.
Er hat das Recht auf Lohn nach Qualität und Quantität der
Arbeit. Mann und Frau, Erwachsene und Jugendliche haben
das Recht auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeitsleistung.
(2) Gesellschaftlich nützliche Tätigkeit ist eine ehrenvolle
Pflicht für jeden arbeitsfähigen Bürger. Das Recht auf Arbeit
und die Pflicht zur Arbeit bilden eine Einheit.
(3) Das Recht auf Arbeit wird gewährleistet
durch das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln;
durch die sozialistische Planung und Leitung des gesellschaftlichen
Reproduktionsprozesses;
durch das stetige und planmäßige Wachstum der sozialistischen
Produktivkräfte und der Arbeitsproduktivität;
durch die konsequente Durchführung der wissenschaftlich-
technischen Revolution;
durch ständige Bildung und Weiterbildung der Bürger und
durch das einheitliche sozialistische Arbeitsrecht.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das gleiche Recht auf Bildung. Die Bildungsstätten stehen
jedermann offen. Das einheitliche sozialistische Bildungssystem
gewährleistet jedem Bürger eine kontinuierliche
sozialistische Erziehung, Bildung und Weiterbildung.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik sichert das
Voranschreiten des Volkes zur sozialistischen Gemeinschaft
allseitig gebildeter und harmonisch entwickelter Menschen,
die vom Geist des sozialistischen Patriotismus und Internationalismus
durchdrungen sind und über eine hohe Allgemeinbildung
und Spezialbildung verfügen.
(3) Alle Bürger haben das Recht auf Teilnahme am kulturellen
Leben. Es erlangt unter den Bedingungen der
wissenschaftlich-technischen Revolution und der Erhöhung
der geistigen Anforderungen wachsende Bedeutung. Zur
vollständigen Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit
und zur wachsenden Befriedigung der kulturellen Interessen
und Bedürfnisse wird die Teilnahme der Bürger am kulturellen
Leben, an der Körperkultur und am Sport durch
den Staat und die Gesellschaft gefördert.
(4) In der Deutschen Demokratischen Republik besteht
allgemeine zehnjährige Oberschulpflicht, die durch den
Besuch der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen
Oberschule zu erfüllen ist. In bestimmten Fällen kann
die Oberschulbildung in den Einrichtungen der Berufsausbildung
oder der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen
beendet werden. Alle Jugendlichen haben das Recht und
die Pflicht, einen Beruf zu erlernen.
(5) Für Kinder und Erwachsene mit psychischen und physischen
Schädigungen bestehen Sonderschul- und -ausbildungseinrichtungen.
(6) Die Lösung dieser Aufgaben wird durch den Staat
und alle gesellschaftlichen Kräfte in gemeinsamer Bildungs-
und Erziehungsarbeit gesichert.
(1) Der Staat sichert die Möglichkeit des Übergangs zur
nächsthöheren Bildungsstufe bis zu den höchsten Bildungsstätten,
den Universitäten und Hochschulen, entsprechend
dem Leistungsprinzip, den gesellschaftlichen Erfordernissen
und unter Berücksichtigung der sozialen Struktur der Bevölkerung.
(2) Es besteht Schulgeldfreiheit. Ausbildungsbeihilfen und
Lemmittelfreiheit werden nach sozialen Gesichtspunkten
gewährt.
(3) Direktstudenten an den Universitäten, Hoch- und
Fachschulen sind von Studiengebühren befreit.
Stipendien und Studienbeihilfen werden nach sozialen
Gesichtspunkten und nach Leistung gewährt.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß
seine Meinung frei und öffentlich zu äußern. Dieses Recht
wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt.
Niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem
Recht Gebrauch macht.
(2) Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens
ist gewährleistet.
(1) Alle Bürger haben das Recht, sich im Rahmen der
Grundsätze und Ziele der Verfassung friedlich zu versammeln.
(2) Die Nutzung der materiellen Voraussetzungen zur
unbehinderten Ausübung dieses Rechts, der Versammlungsgebäude,
Straßen und Kundgebungsplätze, Druckereien
und Nachrichtenmittel wird gewährleistet.
Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik haben
das Recht auf Vereinigung, um durch gemeinsames
Handeln in politischen Parteien, gesellschaftlichen Organisationen,
Vereinigungen und Kollektiven ihre Interessen in
Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen der Verfassung
zu verwirklichen.
(1) Die Persönlichkeit und Freiheit jedes Bürgers der
Deutschen Demokratischen Republik sind unantastbar.
(2) Einschränkungen sind nur im Zusammenhang mit
strafbaren Handlungen oder einer Heilbehandlung zulässig
und müssen gesetzlich begründet sein. Dabei dürfen die
Rechte solcher Bürger nur insoweit eingeschränkt werden,
als dies gesetzlich zulässig und unumgänglich ist.
(3) Zum Schutze seiner Freiheit und der Unantastbarkeit
seiner Persönlichkeit hat jeder Bürger den Anspruch auf die
Hilfe der staatlichen und gesellschaftlichen Organe.
(1) Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzbar.
(2) Sie dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt
werden, wenn es die Sicherheit des sozialistischen
Staates oder eine strafrechtliche Verfolgung erfordern.
Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat
im Rahmen der Gesetze das Recht auf Freizügigkeit innerhalb
des Staatsgebietes der Deutschen Demokratischen Republik.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat bei Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischen
Republik Anspruch auf Rechtsschutz durch die Organe der
Deutschen Demokratischen Republik.
(2) Kein Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
darf einer auswärtigen Macht ausgeliefert werden.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Freizeit und Erholung.
(2) Das Recht auf Freizeit und Erholung wird gewährleistet
durch die gesetzliche Begrenzung der täglichen und
wöchentlichen Arbeitszeit,
durch einen vollbezahlten Jahresurlaub und
durch den planmäßigen Ausbau des Netzes volkseigener
und anderer gesellschaftlicher Erholungs- und Urlaubszentren.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Schutz seiner Gesundheit und seiner Arbeitskraft.
(2) Dieses Recht wird durch die planmäßige Verbesserung
der Arbeits- und Lebensbedingungen, die Pflege der Volksgesundheit,
eine umfassende Sozialpolitik, die Förderung
der Körperkultur, des Schul- und Volkssports und der
Touristik gewährleistet.
(3) Auf der Grundlage eines sozialen Versicherungssystems
werden bei Krankheit und Unfällen materielle
Sicherheit, unentgeltliche ärztliche Hilfe, Arzneimittel und
andere medizinische Sachleistungen gewährt.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Fürsorge der Gesellschaft im Alter und bei
Invalidität.
(2) Dieses Recht wird durch eine steigende materielle,
soziale und kulturelle Versorgung und Betreuung alter und
arbeitsunfähiger Bürger gewährleistet.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Wohnraum für sich und seine Familie entsprechend
den volkswirtschaftlichen Möglichkeiten und örtlichen
Bedingungen. Der Staat ist verpflichtet, dieses Recht
durch die Förderung des Wohnungsbaus, die Werterhaltung
vorhandenen Wohnraumes und die öffentliche Kontrolle über
die gerechte Verteilung des Wohnraumes zu verwirklichen.
(2) Es besteht Rechtsschutz bei Kündigungen.
(3) Jeder Bürger hat das Recht auf Unverletzbarkeit seiner
Wohnung.
(1) Ehe, Familie und Mutterschaft stehen unter dem besonderen
Schutz des Staates.
Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat
das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Ehe
und Familie.
(2) Dieses Recht wird durch die Gleichberechtigung von
Mann und Frau in Ehe und Familie, durch die gesellschaftliche
und staatliche Unterstützung der Bürger bei der
Festigung und Entwicklung ihrer Ehe und Familie gewährleistet.
Kinderreichen Familien, alleinstehenden Müttern und
Vätern gilt die Fürsorge und Unterstützung des sozialistischen
Staates durch besondere Maßnahmen.
(3) Mutter und Kind genießen den besonderen Schutz des
sozialistischen Staates. Schwangerschaftsurlaub, spezielle
medizinische Betreuung, materielle und finanzielle Unterstützung
bei Geburten und Kindergeld werden gewährt.
(4) Es ist das Recht und die vornehmste Pflicht der Eltern,
ihre Kinder zu gesunden und lebensfrohen, tüchtigen und
allseitig gebildeten Menschen, zu staatsbewußten Bürgern
zu erziehen. Die Eltern haben Anspruch auf ein enges und
vertrauensvolles Zusammenwirken mit den gesellschaftlichen
und staatlichen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen.
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht, sich zu einem religiösen Glauben zu bekennen
und religiöse Handlungen auszuüben.
(2) Die Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften
ordnen ihre Angelegenheiten und üben ihre Tätigkeit aus
in Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen
Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik.
Näheres kann durch Vereinbarungen geregelt werden.
Bürger der Deutschen Demokratischen Republik sorbischer
Nationalität haben das Recht zur Pflege ihrer Muttersprache
und Kultur. Die Ausübung dieses Rechts wird vom
Staat gefördert.
Kapitel 2
Betriebe,Städte und Gemeinden in der sozialistischen Gesellschaft
Die sozialistischen Betriebe, Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände
sind im Rahmen der zentralen staatlichen
Planung und Leitung eigenverantwortliche Gemeinschaften,
in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen
Verhältnisse gestalten. Sie sichern die Wahrnehmung der
Grundrechte der Bürger, die wirksame Verbindung der
persönlichen mit den gesellschaftlichen Interessen sowie ein
vielfältiges gesellschaftlich-politisches und kulturell-geistiges
Leben. Sie stehen unter dem Schutz der Verfassung. Eingriffe
in ihre Rechte können nur auf der Grundlage von Gesetzen
erfolgen.
(1) Im Betrieb, dessen Tätigkeit die Grundlage für die
Schaffung und Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums ist,
wirken die Werktätigen unmittelbar und mit Hilfe ihrer
gewählten Organe an der Leitung mit. Näheres regeln Gesetze oder Statuten.
(2) Zur Erhöhung der gesellschaftlichen Produktivität
können von den staatlichen Organen, den Betrieben und
Genossenschaften Vereinigungen und Gesellschaften gebildet
sowie andere Formen der kooperativen Zusammenarbeit
entwickelt werden.
(1) Die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände der
Deutschen Demokratischen Republik gestalten die notwendigen
Bedingungen für eine ständig bessere Befriedigung
der materiellen, sozialen, kulturellen und sonstigen
gemeinsamen Bedürfnisse der Bürger. Zur Lösung dieser
Aufgaben arbeiten sie mit den Betrieben und Genossenschaften
ihres Gebietes zusammen. Alle Bürger nehmen
daran durch die Ausübung ihrer politischen Rechte teil.
(2) Die Verantwortung für die Verwirklichung der gesellschaftlichen
Funktion der Städte und Gemeinden obliegt den
von den Bürgern gewählten Volksvertretungen. Sie entscheiden
eigenverantwortlich auf der Grundlage der Gesetze über ihre
Angelegenheiten. Sie tragen die Verantwortung für die rationelle
Nutzung aller Werte des Volksvermögens, über die sie verfügen.
Kapitel 3
Die Gewerkschaften und ihre Rechte
(1) Die freien Gewerkschaften, vereinigt im Freien Deutschen
Gewerkschaftsbund, sind die umfassende Klassenorganisation
der Arbeiterklasse. Sie nehmen die Interessen
der Arbeiter, Angestellten und Angehörigen der Intelligenz
durch umfassende Mitbestimmung in Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft wahr.
(2) Die Gewerkschaften sind unabhängig. Niemand darf
sie in ihrer Tätigkeit einschränken oder behindern.
(3) Die Gewerkschaften nehmen durch die Tätigkeit ihrer
Organisationen und Organe, durch ihre Vertreter in den
gewählten staatlichen Machtorganen und durch ihre Vorschläge
an die staatlichen und wirtschaftlichen Organe
maßgeblich teil
an der Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft,
an der Planung und Leitung der Volkswirtschaft,
an der Verwirklichung der wissenschaftlich-technischen
Revolution,
an der Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen,
des Gesundheits- und Arbeitsschutzes, der Arbeitskultur,
des kulturellen und sportlichen Lebens der Werktätigen.
Die Gewerkschaften arbeiten in den Betrieben und Institutionen an
der Ausarbeitung der Pläne mit und sind in den Gesellschaftlichen Räten
der Vereinigungen Volkseigener Betriebe und in den Produktionskomitees
der Betriebe und Kombinate vertreten. Sie organisieren die
Ständigen Produktionsberatungen.
(1) Die Gewerkschaften haben das Recht, über alle die
Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen betreffenden
Fragen mit staatlichen Organen, mit Betriebsleitungen
und anderen wirtschaftsleitenden Organen Vereinbarungen
abzuschließen.
(2) Die Gewerkschaften nehmen aktiven Anteil an der
Gestaltung der sozialistischen Rechtsordnung. Sie besitzen
das Recht der Gesetzesinitiative sowie der gesellschaftlichen
Kontrolle über die Wahrung der gesetzlich garantierten
Rechte der Werktätigen.
(3) Die Gewerkschaften leiten die Sozialversicherung der
Arbeiter und Angestellten auf der Grundlage der Selbstverwaltung
der Versicherten. Sie nehmen an der umfassenden
materiellen und finanziellen Versorgung und Betreuung
der Bürger bei Krankheit, Arbeitsunfall, Invalidität und im
Alter teil.
(4) Alle Staatsorgane und Wirtschaftsleiter sind verpflichtet,
für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit
den Gewerkschaften Sorge zu tragen.
Kapitel 4
Die sozialistischen Produktionsgenossenschaften und ihre Rechte
(1) Die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
sind die freiwilligen Vereinigungen der Bauern zur gemeinsamen
sozialistischen Produktion, zur ständig besseren Befriedigung
ihrer materiellen und kulturellen Bedürfnisse
und zur Versorgung des Volkes und der Volkswirtschaft.
Sie gestalten auf der Grundlage der Gesetze eigenverantwortlich
ihre Arbeits- und Lebensbedingungen.
(2) Durch ihre Organisationen und ihre Vertreter in den
Staatsorganen nehmen die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
an der staatlichen Planung und
Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung teil.
(3) Der Staat hilft den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften,
die sozialistische Großproduktion auf der
Grundlage fortgeschrittener Wissenschaft und Technik zu
entwickeln.
(4) Für die sozialistischen Produktionsgenossenschaften
der Fischer, der Gärtner und der Handwerker gelten die
gleichen Grundsätze.
Abschnitt III
Aufbau und System der staatlichen Leitung
(1) Der Aufbau und die Tätigkeit der staatlichen Organe
werden durch die in dieser Verfassung festgelegten Ziele
und Aufgaben der Staatsmacht bestimmt.
(2) Die Souveränität des werktätigen Volkes, verwirklicht
auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus, ist
das tragende Prinzip des Staatsaufbaus.
Kapitel 1
Die Volkskammer
(1) Die Volkskammer ist das oberste staatliche Machtorgan
der Deutschen Demokratischen Republik. Sie entscheidet in ihren
Plenarsitzungen über die Grundfragen der Staatspolitik.
(2) Die Volkskammer ist das einzige verfassungs- und
gesetzgebende Organ der Deutschen Demokratischen Republik.
Niemand kann ihre Rechte einschränken.
Die Volkskammer verwirklicht in ihrer Tätigkeit den
Grundsatz der Einheit von Beschlußfassung und Durchführung.
(1) Die Volkskammer bestimmt durch Gesetze und Beschlüsse
endgültig und für jedermann verbindlich die Ziele
der Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik.
(2) Die Volkskammer legt die Hauptregeln für das Zusammenwirken
der Bürger, Gemeinschaften und Staatsorgane
sowie deren Aufgaben bei der Durchführung der
staatlichen Pläne der gesellschaftlichen Entwicklung fest.
(3) Die Volkskammer gewährleistet die Verwirklichung
ihrer Gesetze und Beschlüsse. Sie bestimmt die Grundsätze
der Tätigkeit des Staatsrates, des Ministerrates, des Nationalen
Verteidigungsrates, des Obersten Gerichts und des
Generalstaatsanwalts.
Die Volkskammer wählt den Vorsitzenden und die Mitglieder
des Staatsrates, den Vorsitzenden und die Mitglieder
des Ministerrates, den Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates,
den Präsidenten und die Richter des Obersten
Gerichts und den Generalstaatsanwalt. Sie können
jederzeit von der Volkskammer abberufen werden.
Die Volkskammer bestätigt Staatsverträge der Deutschen
Demokratischen Republik und andere völkerrechtliche Verträge,
soweit durch sie Gesetze der Volkskammer geändert
werden. Sie entscheidet über die Kündigung dieser Verträge.
Die Volkskammer beschließt über den Verteidigungszustand
der Deutschen Demokratischen Republik. Im Dringlichkeitsfalle
ist der Staatsrat berechtigt, den Verteidigungszustand
zu beschließen. Der Vorsitzende des Staatsrates
verkündet den Verteidigungszustand.
Die Volkskammer kann die Durchführung von Volksabstimmungen beschließen.
Die Volkskammer besteht aus 500 Abgeordneten, die vom
Volke auf die Dauer von 4 Jahren in freier, allgemeiner,
gleicher und geheimer Wahl gewählt werden.
(1) Die Volkskammer wählt für die Dauer der Wahlperiode ein Präsidium.
Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten der Volkskammer,
einem Stellvertreter des Präsidenten und weiteren
Mitgliedern.
(2) Dem Präsidium obliegt die Tagesleitung der Plenarsitzungen.
Weitere Aufgaben regelt die Geschäftsordnung der Volkskammer.
(1) Die Abgeordneten der Volkskammer erfüllen ihre
verantwortungsvollen Aufgaben im Interesse und zum Wohle
des gesamten Volkes.
(2) Die Abgeordneten fördern die Mitwirkung der Bürger
an der Vorbereitung und Verwirklichung der Gesetze in
Zusammenarbeit mit den Ausschüssen der Nationalen
Front des demokratischen Deutschland, den gesellschaftlichen
Organisationen und den staatlichen Organen.
(3) Die Abgeordneten halten enge Verbindung zu ihren
Wählern. Sie sind verpflichtet, deren Vorschläge, Hinweise
und Kritiken zu beachten und für eine gewissenhafte Behandlung
Sorge zu tragen.
(4) Die Abgeordneten erläutern den Bürgern die Politik
des sozialistischen Staates.
(1) Die Abgeordneten der Volkskammer sind verpflichtet,
regelmäßig Sprechstunden und Aussprachen durchzuführen
sowie den Wählern über ihre Tätigkeit Rechenschaft zu legen.
(2) Ein Abgeordneter, der seine Pflichten gröblich verletzt,
kann von den Wählern gemäß dem gesetzlich festgelegten
Verfahren abberufen werden.
Die Abgeordneten der Volkskammer haben das Recht,
an den Tagungen der örtlichen Volksvertretungen mit beratender
Stimme teilzunehmen.
Jeder Abgeordnete der Volkskammer hat das Recht, Anfragen
an den Ministerrat und jedes seiner Mitglieder zu
richten.
(1) Alle staatlichen und wirtschaftlichen Organe sind
verpflichtet, die Abgeordneten bei der Wahrnehmung ihrer
Aufgaben zu unterstützen.
(2) Die Abgeordneten der Volkskammer besitzen die
Rechte der Immunität. Beschränkungen der persönlichen
Freiheit, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen oder Strafverfolgungen
sind gegen Abgeordnete der Volkskammer
nur mit Zustimmung der Volkskammer oder in der Zeit
zwischen ihren Tagungen mit Zustimmung des Staatsrates
zulässig. Die Entscheidung des Staatsrates bedarf der Bestätigung
durch die Volkskammer.
Die Abgeordneten der Volkskammer sind berechtigt, über
Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete
Tatsachen anvertrauen oder denen sie in Ausübung ihrer
Abgeordnetentätigkeit solche Tatsachen anvertraut haben,
söwie über diese Tatsachen selbst die Aussage zu verweigern.
(3) Den Abgeordneten dürfen aus ihrer Abgeordnetentätigkeit
keinerlei berufliche oder sonstige persönliche Nachteile
entstehen. Sie sind von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt,
soweit die Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Abgeordnete
es erfordert. Gehälter und Löhne sind weiterzuzahlen.
(1) Die Volkskammer bildet aus ihrer Mitte Ausschüsse.
Ihnen obliegt in enger Zusammenarbeit mit den Wählern
die Beratung von Gesetzentwürfen und die ständige Kontrolle
der Durchführung der Gesetze.
(2) Die Ausschüsse können die Anwesenheit der zuständigen
Minister und Leiter anderer staatlicher Organe in ihren
Beratungen zum Zwecke der Erteilung von Auskünften verlangen.
Alle Staatsorgane sind verpflichtet, den Ausschüssen
die erforderlichen Informationen zu erteilen.
(3) Die Ausschüsse haben das Recht, Fachleute zur ständigen
oder zeitweiligen Mitarbeit heranzuziehen.
(1) Die Volkskammer tritt spätestens am 30. Tage nach
ihrer Wahl zusammen. Ihre erste Tagung wird vom Staatsrat einberufen.
(2) Die Tagungen der Volkskammer sind öffentlich. Auf
Antrag von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten
kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
(1) Die Volkskammer ist beschlußfähig, wenn mehr als
die Hälfte der Abgeordneten anwesend ist.
(2) Die Volkskammer faßt Ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit.
Verfassungsändernde Gesetze sind beschlossen,
wenn mindestens zwei Drittel der gewählten Abgeordneten
zustimmen.
(1) Vor Ablauf der Wahlperiode findet eine Auflösung der
Volkskammer nur durch eigenen Beschluß statt.
(2) Ein solcher Beschluß bedarf der Zustimmung von mindestens
zwei Dritteln der gewählten Abgeordneten.
(3) Spätestens am 60. Tage nach Ablauf der Wahlperiode
oder am 45. Tage nach Auflösung der Volkskammer muß
deren Neuwahl stattfinden.
(1) Das Recht zur Einbringung von Gesetzesvorlagen haben
die Abgeordneten der in der Volkskammer vertretenen
Parteien und Massenorganisationen, die Ausschüsse der
Volkskammer, der Staatsrat, der Ministerrat und der Freie
Deutsche Gewerkschaftsbund.
(2) In Vorbereitung der Tagungen der Volkskammer behandelt der
Staatsrat Gesetzesvorlagen und prüft deren Verfassungsmäßigkeit.
(3) Die Ausschüsse der Volkskammer beraten die Gesetzesvorlagen
und legen ihre Auffassung dem Plenum der
Volkskammer vor.
(4) Entwürfe grundlegender Gesetze werden vor ihrer
Verabschiedung der Bevölkerung zur Erörterung unterbreitet.
Die Ergebnisse der Volksdiskussion sind bei der
endgültigen Fassung auszuwerten.
(5) Die von der Volkskammer verabschiedeten Gesetze
werden vom Vorsitzenden des Staatsrates innerhalb eines
Monats im Gesetzblatt verkündet.
(6) Gesetze treten am 14. Tage nach iherer Verkündung
in Kraft, soweit sie nichts anderes bestimmen.
Kapitel 2
Der Staatsrat
(1) Der Staatsrat erfüllt als Organ der Volkskammer zwischen den
Tagungen der Volkskammer alle grundsätzlichen Aufgaben, die sich
aus den Gesetzen und Beschlüssen der Volkskammer ergeben. Er ist
der Volkskammer für seine Beschlüsse verantwortlich.
(2) Der Vorsitzende des Staatsrates vertritt die Deutsche Demokratische
Republik völkerrechtlich. Der Staatsrat entscheidet über den Abschluß
der Staatsverträge der Deutschen Demokratischen Republik. Sie
werden vom Vorsitzenden des Staatsrates ratifiziert. Der Staatsrat
kündigt Staatsverträge.
(1) Der Staatsrat besteht aus dem Vorsitzenden, seinen
Stellvertretern, den Mitgliedern und dem Sekretär.
(2) Der Vorsitzende, die Stellvertreter des Vorsitzenden,
die Mitglieder und der Sekretär des Staatsrates werden von
der Volkskammer auf ihrer ersten Tagung nach der Neuwahl
auf die Dauer von 4 Jahren gewählt.
(3) Nach Ablauf der Wahlperiode der Volkskammer
setzt der Staatsrat seine Tätigkeit bis zur Wahl des neuen
Staatsrates durch die Volkskammer fort.
Der Vorsitzende, die Stellvertreter des Vorsitzenden, die
Mitglieder und der Sekretär des Staatsrates leisten bei ihrem
Amtsantritt der Volkskammer folgenden Eid:
"Ich schwöre, daß Ich meine Kraft dem Wohle des Volkes
der Deutschen Demokratischen Republik widmen, ihre Ver
fassung und die Gesetze wahren, meine Pflichten gewissenhaft
erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber jedermann üben
werde."
Der Vorsitzende leitet die Arbeit des Staatsrates.
(1) Der Staatsrat behandelt Vorlagen an die Volkskammer und veranlaßt
ihre Beratung in den Ausschüssen der Volkskammer.
(2) Auf Beschluß der Volkskammer oder aus eigener Initiative beruft
der Staatsrat die Tagungen der Volkskammer ein.
(3) Der Staatsrat ist verpflichtet, die Volkskammer jederzeit einzuberufen,
wenn mindestens ein Drittel der Abgeordneten es verlangt.
(1) Der Staatsrat regelt die grundsätzlichen Aufgaben, die sich aus
den Gesetzen und Beschlüssen der Volkskammer ergeben, durch Erlasse.
Sie werden der Volkskammer zur Bestätigung vorgelegt.
(2) Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates sind rechtsverbindlich.
(3) Der Staatsrat legt die Verfassung und die Gesetze verbindlich aus,
soweit dies nicht durch die Volkskammer selbst erfolgt.
Der Staatsrat schreibt die Wahlen zur Volkskammer und
zu den anderen Volksvertretungen aus.
(1) Der Staatsrat faßt grundsätzliche Beschlüsse zu Fragen
der Verteidigung und Sicherheit des Landes. Er organisiert
die Landesverteidigung mit Hilfe des Nationalen Verteidigungsrates.
(2) Der Staatsrat beruft die Mitglieder des Nationalen
Verteidigungsrates. Der Nationale Verteidigungsrat ist der
Volkskammer und dem Staatsrat für seine Tätigkeit verantwortlich.
Der Staatsrat nimmt im Auftrage der Volkskammer die
ständige Aufsicht über die Verfassungsmäßigkeit und Gesetzlichkeit
der Tätigkeit des Obersten Gerichts und des
Generalstaatsanwalts wahr.
(1) Der Vorsitzende des Staatsrates ernennt die bevollmächtigten
Vertreter der Deutschen Demokratischen Republik
in anderen Staaten und beruft sie ab. Er nimmt Beglaubigungs-
und Abberufungsschreiben der bei ihm
akkreditierten Vertreter anderer Staaten entgegen.
(2) Der Staatsrat legt die militärischen Dienstgrade, die
diplomatischen Ränge und andere spezielle Titel fest.
Der Staatsrat stiftet staatliche Orden, Auszeichnungen
und Ehrentitel, die von seinem Vorsitzenden verliehen
werden.
Der Staatsrat übt das Amnestie- und Begnadigungsrecht aus.
Kapitel 3
Der Ministerrat
(1) Der Ministerrat organisiert im Auftrage der Volkskammer die
Erfüllung der politischen, ökonomischen, kulturellen und sozialen sowie
die ihm übertragenen Verteidigungsaufgaben des sozialistischen Staates.
Er ist ein kollektiv arbeitendes Organ.
(2) Der Ministerrat arbeitet wissenschaftlich begründete Prognosen
aus, organisiert die Gestaltung des ökonomischen Systems des Sozialismus
und leitet die planmäßige Entwicklung der Volkswirtschaft.
(1) Der Ministerrat arbeitet auf der Grundlage der Gesetze und
Beschlüsse der Volkskammer sowie der Erlasse und Beschlüsse des
Staatsrates. Er erläßt im Rahmen der Gesetze und Erlasse Verordnungen
und faßt Beschlüsse.
(2) Der Ministerrat leitet, koordiniert und kontrolliert die Tätigkeit
der Ministerien, der anderen zentralen Staatsorgane und der Räte der
Bezirke entsprechend den Erkenntnissen der Organisationswissenschaft.
(3) Der Ministerrat entscheidet über den Abschluß und die Kündigung
völkerrechtlicher Verträge, die in seinem Namen abgeschlossen werden.
(1) Der Vorsitzende des Ministerrates wird vom Vorsitzenden des
Staatsrates der Volkskammer vorgeschlagen und von ihr mit der Bildung
des Ministerrates beauftragt.
(2) Der Vorsitzende und die Mitglieder des Ministerrates werden nach
der Neuwahl der Volkskammer von ihr aut die Dauer von 4 Jahren
gewählt.
(3) Der Vorsitzende und die Mitglieder des Ministerrates
werden vom Vorsitzenden des Staatsrates auf die Verfassung
vereidigt.
(4) Der Ministerrat besteht aus dem Vorsitzenden, den Stellvertretern
des Vorsitzenden und den Ministern. Er wird vom Vorsitzenden des
Ministerrates geleitet.
(5) Der Ministerrat bildet aus seiner Mitte das Präsidium des Ministerrates.
Es wird vom Vorsitzenden des Ministerrates geleitet.
(6) Jeder Minister leitet verantwortlich das ihm übertragene Aufgabengebiet.
Für die Tätigkeit des Ministerrates tragen alle seine Mitglieder die
Verantwortung.
(7) Der Ministerrat ist der Volkskammer verantwortlich und rechenschaftspflichtig.
(8) Nach Ablauf der Wahlperiode der Volkskammer
setzt der Ministerrat seine Tätigkeit bis zur Wahl des neuen
Ministerrates durch die Volkskammer fort.
Kapitel 4
Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe
(1) Die örtlichen Volksvertretungen sind die von den wahlberechtigten
Bürgern gewählten Organe der Staatsmacht
in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken, Gemeinden
und Gemeindeverbänden.
(2) Die örtlichen Volksvertretungen entscheiden auf der
Grundlage der Gesetze in eigener Verantwortung über alle
Angelegenheiten, die ihr Gebiet und seine Bürger betreffen.
Sie organisieren die Mitwirkung der Bürger an der Gestaltung
des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und
sozialen Lebens und arbeiten mit den gesellschaftlichen
Organisationen der Werktätigen zusammen.
(3) Die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen ist darauf
gerichtet,
das sozialistische Eigentum zu mehren und zu schützen,
die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bürger ständig
zu verbessern und das gesellschaftliche und kulturelle Leben
der Bürger und ihrer Gemeinschaften zu fördern,
das sozialistische Staats- und Rechtsbewußtsein der Bürger
zu heben und die öffentliche Ordnung zu sichern,
die sozialistische
Gesetzlichkeit zu festigen und die Rechte der Bürger zu wahren.
(1) Die örtlichen Volksvertretungen fassen Beschlüsse, die
für ihre Organe und Einrichtungen sowie für die Volksvertretungen,
Gemeinschaften und Bürger ihres Gebietes
verbindlich sind. Diese Beschlüsse sind zu veröffentlichen.
(2) Die örtlichen Volksvertretungen haben eigene Einnahmen
und verfügen über ihre Verwendung.
(1) Zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung wählt jede
örtliche Volksvertretung ihren Rat und Kommissionen. Die
Mitglieder des Rates sollen nach Möglichkeit Abgeordnete
sein. In die Kommissionen können auch Mitglieder berufen
werden, die nicht Abgeordnete sind.
(2) Der Rat sichert die Entfaltung der Tätigkeit der Volksvertretung
und organisiert die Leitung der gesellschaftlichen
Entwicklung in deren Verantwortungsbereich. Er ist der
Volksvertretung für seine gesamte Tätigkeit verantwortlich
und dem übergeordneten Rat rechenschaftspflichtig. Der
Rat ist ein kollektiv arbeitendes Organ.
(3) Die Kommissionen organisieren die sachkundige Mitwirkung
der Bürger bei der Vorbereitung und Durchführung
der Beschlüsse der Volksvertretung. Sie kontrollieren
die Durchführung der Gesetze, Erlasse, Verordnungen und der
Beschlüsse der Volksvertretung durch den Rat und dessen Fachorgane.
Die örtlichen Volksvertretungen können zur gemeinsamen
Wahrnehmung ihrer Aufgaben Verbände bilden.
Die Aufgaben und Befugnisse der örtlichen Volksvertretungen,
ihrer Abgeordneten, Kommissionen und ihrer
Räte in den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken, Gemeinden
und Gemeindeverbänden werden durch Gesetz
festgelegt.
Abschnitt IV
Sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtspflege
Die sozialistische Gesellschaft, die politische Macht des
werktätigen Volkes, ihre Staats- und Rechtsordnung sind
die grundlegende Garantie für die Einhaltung und die Verwirklichung
der Verfassung im Geiste der Gerechtigkeit,
Gleichheit, Brüderlichkeit und Menschlichkeit.
Gesellschaft und Staat gewährleisten die Gesetzlichkeit
durch die Einbeziehung der Bürger und ihrer Gemeinschaften
in die Rechtspflege und in die gesellschaftliche und staatliche
Kontrolle über die Einhaltung des sozialistischen Rechts.
Die Verantwortlichkeit aller leitenden Mitarbeiter in Staat
und Wirtschaft gegenüber den Bürgern ist durch ein System
der Rechenschaftspflicht gewährleistet.
(1) Gesetze und andere allgemeinverbindliche Rechtsvorschriften
der Deutschen Demokratischen Republik werden
im Gesetzblatt und anderweitig veröffentlicht.
(2) Rechtsvorschriften der örtlichen Volksvertretungen und
ihrer Organe werden in geeigneter Form veröffentlicht.
(3) Rechtsvorschriften dürfen der Verfassung nicht widersprechen.
Über Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Rechtsvorschriften
des Ministerrates und anderer staatlicher Organe entscheidet der
Staatsrat.
(1) Die Rechtspflege dient der Durchführung der sozialistischen
Gesetzlichkeit, dem Schutz und der Entwicklung
der Deutschen Demokratischen Republik und ihrer Staats-
und Gesellschaftsordnung. Sie schützt die Freiheit, das friedliche
Leben, die Rechte und die Würde der Menschen.
(2) Die Bekämpfung und Verhütung von Straftaten und
anderen Rechtsverletzungen sind gemeinsames Anliegen der
sozialistischen Gesellschaft, Ihres Staates und aller Bürger.
(3) Die Teilnahme der Bürger an der Rechtspflege ist gewährleistet.
Sie wird im einzelnen durch Gesetz bestimmt.
Die allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts
über die Bestrafung von Verbrechen gegen den Frieden,
gegen die Menschlichkeit und von Kriegsverbrechen sind
unmittelbar geltendes Recht. Verbrechen dieser Art unterliegen
nicht der Verjährung.
Die Rechtsprechung wird in der Deutschen Demokratischen
Republik durch das Oberste Gericht, die Bezirksgerichte,
die Kreisgerichte und die gesellschaftlichen Gerichte
im Rahmen der ihnen durch Gesetz übertragenen Aufgaben
ausgeübt. In Militärstrafsachen üben das Oberste
Gericht, die Militärobergerichte und die Militärgerichte die
Rechtsprechung aus.
(1) Das Oberste Gericht ist das höchste Organ der Rechtsprechung.
(2) Das Oberste Gericht leitet die Rechtsprechung der
Gerichte auf der Grundlage der Verfassung, der Gesetze
und anderen Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen
Republik. Es sichert die einheitliche Rechtsanwendung
durch alle Gerichte.
(3) Das Oberste Gericht ist der Volkskammer und zwischen
ihren Tagungen dem Staatsrat verantwortlich.
(1) Richter kann nur sein, wer dem Volk und seinem sozialistischen
Staat treu ergeben ist und über ein hohes Maß
an Wissen und Lebenserfahrung, an menschlicher Reife und
Charakterfestigkeit verfügt.
(2) Die demokratische Wahl aller Richter, Schöffen und
Mitglieder gesellschaftlicher Gerichte gewährleistet, daß die
Rechtsprechung von Frauen und Männern aller Klassen und
Schichten des Volkes ausgeübt wird.
Alle Richter, Schöffen und Mitglieder der gesellschaftlichen
Gerichte werden durch die Volksvertretungen oder unmittelbar
durch die Bürger gewählt. Sie erstatten ihren Wählern
Bericht über ihre Arbeit. Sie können von ihren Wählern abberufen
werden, wenn sie gegen die Verfassung oder die
Gesetze verstoßen oder sonst ihre Pflichten gröblich verletzen.
(1) Die Richter, Schöffen und Mitglieder der gesellschaftlichen
Gerichte sind in ihrer Rechtsprechung unabhängig.
Sie sind nur an die Verfassung, die Gesetze und anderen
Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik
gebunden.
(2) Die Schöffen üben die Funktion eines Richters in vollem
Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter
aus.
Zur Sicherung der sozialistischen Gesellschafts- und
Staatsordnung und der Rechte der Bürger wacht die Staatsanwaltschaft
auf der Grundlage der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften
der Deutschen Demokratischen Republik über
die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit. Sie
schützt die Bürger vor Gesetzesverletzungen. Die Staatsanwaltschaft
leitet den Kampf gegen Straftaten und sichert,
daß die Personen, die Verbrechen oder Vergehen begangen
haben, vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden.
(1) Die Staatsanwaltschaft wird vom Generalstaatsanwalt
geleitet.
(2) Dem Generalstaatsanwalt unterstehen die Staatsanwälte
der Bezirke und Kreise sowie die Militärstaatsanwälte.
(3) Die Staatsanwälte werden vom Generalstaatsanwalt
berufen und abberufen, sie sind ihm verantwortlich und an
seine Weisungen gebunden.
(4) Der Generalstaatsanwalt ist der Volkskammer und
zwischen ihren Tagungen dem Staatsrat verantwortlich.
(1) Die strafrechtliche Verantwortlichkeit wird durch die
Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik bestimmt.
(2) Eine Tat zieht strafrechtliche Verantwortlichkeit nur
nach sich, wenn diese zur Zeit der Begehung der Tat gesetzlich
festgelegt ist, wenn der Täter schuldhaft gehandelt
hat und die Schuld zweifelsfrei nachgewiesen ist. Strafgesetze
haben keine rückwirkende Kraft.
(3) Eine strafrechtliche Verfolgung ist nur in Übereinstimmung
mit den Strafgesetzen möglich.
(4) Die Rechte des Bürgers dürfen im Zusammenhang mit
einem Strafverfahren nur insoweit eingeschränkt werden,
wie dies gesetzlich zulässig und unumgänglich ist.
(1) Über die Zulässigkeit von Untersuchungshaft hat nur
der Richter zu entscheiden. Verhaftete sind spätestens am
Tage nach ihrer Verhaftung dem Richter vorzuführen.
(2) Der Richter oder der Staatsanwalt haben im Rahmen
ihrer Verantwortung jederzeit zu prüfen, ob die Voraussetzungen
der Untersuchungshaft noch vorliegen.
(3) Der Staatsanwalt hat nächste Angehörige des Verhafteten
innerhalb von 24 Stunden nach der ersten richterlichen
Vernehmung zu benachrichtigen.
Ausnahmen sind nur zulässig, wenn durch die Benachrichtigung
der Zweck der Untersuchung gefährdet wird.
In diesen Fällen erfolgt die Benachrichtigung nach Wegfall
der Gefährdungsgründe.
(1) Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen
werden.
(2) Ausnahmegerichte sind unstatthaft.
(1) Jeder Bürger hat das Recht, vor Gericht gehört zu werden.
(2) Das Recht auf Verteidigung wird während des gesamten
Strafverfahrens gewährleistet.
(1) Jeder Bürger kann sich mit Eingaben (Vorschlägen,
Hinweisen, Anliegen oder Beschwerden) an die Volksvertretungen,
ihre Abgeordneten oder die staatlichen und wirtschaftlichen
Organe wenden. Dieses Recht steht auch den
gesellschaftlichen Organisationen und den Gemeinschaften
der Bürger zu. Ihnen darf aus der Wahrnehmung dieses
Rechts kein Nachteil entstehen.
(2) Die für die Entscheidung verantwortlichen Organe
sind verpflichtet, die Eingaben der Bürger oder der Gemeinschaften
innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen
Frist zu bearbeiten und den Antragstellern das Ergebnis
mitzuteilen.
(1) Für Beschwerden gegen Entscheidungen zentraler Organe des Ministerrates
ist der Ministerrat zuständig.
(2) Für Beschwerden gegen Leitungsentscheidungen des Ministerrates, des
Obersten Gerichts oder des Generalstaatsanwalts ist der Staatsrat zuständig.
(1) Für Beschwerden gegen Entscheidungen örtlicher Staatsorgane ist der
Leiter des Organs zuständig, welches die angefochtene Entscheidung getroffen
hat. Ändert der Leiter die Entscheidung nicht, ist der Beschwerdeführer berechtigt,
sich an den Beschwerdeausschuß der zuständigen Volksvertretung
zu wenden.
(2) Die Aufgaben und Rechte der Beschwerdeausschüsse werden durch Erlaß
geregelt.
(1) Für Schäden, die einem Bürger oder seinem persönlichen
Eigentum durch ungesetzliche Maßnahmen von
Mitarbeitern der Staatsorgane zugefügt werden, haftet das
staatliche Organ, dessen Mitarbeiter den Schaden verursacht hat.
(2) Voraussetzungen und Verfahren der Staatshaftung
werden durch Gesetz geregelt.
Abschnitt V
Schlußbestimmungen
Die Verfassung ist unmittelbar geltendes Recht.
Die Verfassung kann nur von der Volkskammer der Deutschen
Demokratischen Republik durch Gesetz geändert
werden, das den Wortlaut der Verfassung ausdrücklich
ändert oder ergänzt.
Die durch Volksentscheid am sechsten April neunzehnhundertachtundsechzig
beschlossene Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik
wird hiermit verkündet.
Anhang